Nachdem die Tour mit Iron Walrus im Vorprogramm 2023 abgesagt worden war, ist es heute für mich das erste Mal, dass ich Coven live erleben darf. Für nur zwei Konzerte kommen sie nach Deutschland. Heute spielen sie in Bochum, morgen in Herford. Die Trompete ist eine gemütliche dunkle Bar mit sehr spärlicher Beleuchtung. Die Bar geht ums Eck. Hinten steht ein kleines Podest, das als Bühne fungiert. Die Atmosphäre ist gemütlich, und der Sound ist auch bei beiden Bands gut. Der Eintrittspreis von 25 € ist fair, die Merchandise-Preise des Headliners dagegen weniger. Während Aeon Temple 18 € für ein Shirt nehmen, muss man bei Coven deutlich mehr hinblättern. Die kultige Debüt-LP „Witchcraft Destroys Minds & Reaps Souls“ sowie ein handsigniertes Tourposter kosten jeweils 50 €, Shirts 30 und eine Box mit fünf CDs hundert Euro...
Gegen 20:15 Uhr betreten Aeon Temple aus Essen die Bühne. Sie sind ein Trio, das eine Mischung aus Stoner Rock, Psychedelic Rock, Blues und ein paar progressiven Elementen spielt. Eine Mini-CD gab es wohl 2016. Sie spielen knapp eine halbe Stunde. Vom Outfit her könnten die drei Charaktere kaum unterschiedlicher sein. Sängerin und Gitarristin Claudia spielt in einem roten Hemd mit weiten Armeln und einer kurzen Hose. Der Bassist sieht aus wie mein alter Physiklehrer. Der Schlagzeuger ist ein sportlicher Typ, der als Einziger eine Sonnenbrille trägt. Aber spielerisch sind sie eine Einheit. Die meisten Songs beginnen ruhig und psychedelisch, steigern sich dann mit pumpenden und stampfenden Riffs. Dabei treffen sich die beiden vorderen Musiker oft in der Bühnenmitte und bangen fleißig geimeinsam. Der Gesang reicht von gefühlvoll bis aggressiv. Die Mischung ist ganz cool! Aber vor allem funktioniert es live für einen unbekannten Opener sehr gut. Der Gitarrenwechsel mit anschließendem Stimmen wird durch zwei kurze, improvisierte Bass-Soli überbrückt. Einmal fällt kurz die neue Gitarre aus. Ansonsten ist hier alles im grünen Bereich. Vor allem punkten Aeon Temple mit guter Laune und viel Spielfreude. Das macht schon einiges wett. Ein angenehmer Anheizer!
Um 21:15 Uhr ist der Laden plötzlich propevoll, und Coven legen los. Bereits vorher wird ein Sarg aufrecht aufgestellt und mit einem schwarzen Tuch bedeckt. Als das Intro „Satanic Mass“ ertönt, betreten fünf Mann in schwarzen Umhängen mit tiefen Kapuzen, die sich apäter als die komplette Band entpuppen, die Bühne, reißen das Tuch weg und öffnen den Sarg. Sängerin Jinx Dawson kommt heraus, noch mit einer silbernen Maske bedeckt. Diese legt sie aber nach dem ersten Song ab. Sie sieht ein bisschen aus wie eine Magierin aus einem Fantasy-/Horrorfilm. Die 75 Jahre sieht man ihr nicht an. Aber man merkt von Anfang an, dass hier viel auf Theatralik gesetzt wird. Überall auf der Bühne sind Kronleuchter mit Kerzen aufgestellt. Im Hintergrund werden uralte Horrorfilm-Sequenzen und satanische Symbole projiziert, was mich an die Bühnenshow von Death SS erinnert. Bei den Kapuzen haben sich Ghost offensichtlich einiges abgeschaut. Jinx hantiert viel mit Requisiten, wie einer leuchtenden Glaskugel oder einem Totenschädel. So selbstbewusst, wie sie beim Singen wirkt, so schüchtern ist sie bei ihren Ansagen, wo sie immer wieder ein verlegenes Lächeln zeigt und beim Reden immer leiser wird. Die Musik ist ziemlich kauzig. Es gibt fünf Songs vom kultigen Debüt, die sehr in Richtung Psychedelic Rock gehen, aber auch einige neue Stücke, die weitaus Doom Metal-lastiger daherkommen. Zwischendurch gibt es ein paar progressive Spielereien, die für Aha-Effekte sorgen. Das gespentische Keyboard ist ziemlich dominant. Was mich überrascht, sind die vielen hymnischen „Hohoho“-Background-Gesänge, die ich so bei Coven gar nicht in Erinnerung hatte. Diese übertönen die Musik auch manchmal. Aber das unterstützt auch nur den Kauzfaktor. Bei der Bandvorstellung gibt es zu jedem einzelnen Bandmitglied, die sie als „demons“ beziehungsweise „daemons“ bezeichnet, eine kleine humorvolle Anekdote. Sängerin Jinx Dawson wird vom Bassisten als „the evil women herself“ vorgestellt. Die Bandmitglieder sehen alle aus wie Musiker aus den Siebzigern in jungen Jahren und sind vermutlich alle erst höchstens Mitte dreißig. Der Bassist sieht tatsächlich ein bisschen aus wie der Originale Bassist Oz Osbourne. Laut Wikipedia ist er es auch noch, doch das wage ich zu bezweifeln. Spielerisch und von der Atmosphäre her ist alles top. Auch Gebete und Formeln werden mehrstimmig von allen Musikern synchron gesprochen. Das ist schon richtig gut gemacht! Nach nur einer Stunde ist die Show leider schon vorbei. Eine Zugabe gibt es nicht. Und während die charismatische Sängerin bereits in die Katakomben des Backstage-Bereiches verschwindet, baut die restliche Band noch das komplette Equipment ab.
Setlist: Prelude / Satanic Mass (Intro), Out Of Luck, Black Sabbath, Coven In Charing Cross, Wicked Woman, The Crematory, Choke Thirst Die, Black Swan, For Unlawful Carnal Knowledge, Epitaph, Blood On The Snow
Vom Club, der direkt am Bermudadreieck, dem Kneipenviertel von Bochum, liegt, geht es dann direkt in das benachbarte Parkhaus und recht früh zurück nach Hause. Danke an Joe Schmidt von Shogun Konzerte für die Akkreditierung und Tom Pieper für die Fotos. Es war ein kurzer, aber toller Abend!