Beim Stöbern im Internet bin ich auf diese Band gestoßen und zufällig steht heute ein Auftritt im Kölner MTC an. Da ich das Gesehene ganz interessant fand, führt der Weg also in die Innenstadt. Etwas problematisch ist der Umstand, dass zeitgleich ein Fußballspiel im Stadion stattfindet, daher herrscht ein totales Verkehrschaos in und um Köln. Aber ich treffe rechtzeitig an der Venue ein, wo es ebenfalls Verzögerungen beim Einlaß gibt, da es wieder ein paar Meet And Greet Käufer gibt, die dann für einen stolzen Aufpreis früher reindürfen, während der Rest draußen warten muß. Mich wundert immer, dass solche Tickets bei Kapellen angeboten werden, die gerade mal in unseren Landen bekannt werden wollen. Nun augenscheinlich hat die Truppe heute jedoch eine Menge Fans, da schon eine mittelgroße Schlange darauf wartet, dass sich die Tore öffnen. Vor der Bühne angekommen, scheint es so, als ob es heute nur den Headliner gibt und keinen Support, was ich sehr begrüße. Die Händchen richten noch die Bühne an und der Saal füllt sich zügig, nicht ausverkauft, aber knapp davor.
Es sind zwanzig nach Acht, als dann endlich Kelsy Karter & The Heroines aus dem Backstage auf die Bühne stiefeln. An der hochfrequenten Lautstärke des Jubels erkennt man sofort, dass ein Großteil des Publikums weiblicher Natur ist. Kelsy Karter ist eine neuseeländische Singer-Songwriterin und natürlich die Frontfrau ihrer Band. Sie ist vor allem für ihren viralen Werbegag bekannt, bei dem sie sich angeblich ein Bild von Harry Styles ins Gesicht tätowieren ließ, um für ihre Single „Harry“ aus dem Jahr 2019 zu werben. Aber alles nur fake! Ihre britischen Mitmusiker sind Schlagzeuger Sebastian Boyse, Gitarrist Matt Peach und Bassist Tommy Gent, die alle aus dem Ort Derby in Großbritannien stammen. Die Vier legen auch direkt los mit ihrer kraftvollen Mischung aus Glam Rock und achtziger Jahre Punk, dazwischen immer wieder auch poppige Töne, die aber keinesfalls die rübergebrachte Energie schmälern. Zwischendurch schnallt sich Kelsy immer mal wieder die Gitarre um oder spielt Keyboard. Dabei ist das Energiebündel kaum größer als Kylie Minogue, dafür aber etwas draller. Mit ihrem bitchy Bühnenoutfit ist sie sowieso der Hingucker auf der bescheiden ausgeleuchteten Bühne. Dazu nimmt sie gefühlt bei jedem dritten Song ein Bad in der Menge. Definitiv hat sie auch viel zu erzählen und nimmt dabei kein Blatt vor den Mund, in ihren Texten geht es unter anderem um Selbstbestimmung und der Umgang mit Online-Hass. Aber auch um verlorene Liebe und Beziehungen in ihrem Leben, genauso wie sie deutlich macht, das sie einen Scheiß darauf gibt, was andere über sie sagen. Die Zuschauer sind auf jeden Fall absolut begeistert und sehr textsicher, jeder aber auch wirklich jeder Song wird mit frenetischer Lautstärke abgefeiert und mitgesungen. Das Mädel hat eben Showmässig viel zu bieten, ob sie nun auf den Knien ihre Gitarre bearbeitet oder nur so über die Bühne fegt, es ist immer etwas los.
Recht provokativ steckt sich Kelsy dann mittendrin eine Zigarette an und nimmt genüßlich ein paar Züge. Von ihren Jungs sticht natürlich Gitarrist Matt durch sein exzellentes Spiel raus, aber auch Bassist Tommy glänzt immer wieder durch knochentrockene Sprüche zwischendurch. Man merkt der Kapelle an, wieviel Spaß sie bei dem Auftritt haben, auch wenn der Sound weitaus besser sein könnte. Vor allem das Gesangsmikrofon scheint öfters Störungen zu haben, oder wurde schlichtweg nicht laut genug hochgezogen. Beim ersten Zugaben-Song schien es komplett ausgefallen zu sein. Ich habe nach der Show noch mit Matt gesprochen, der mir sagte, auch auf der Bühne war der Sound eher suboptimal. Hier sieht man dann aber direkt, das die Musiker genug Professionalität haben und ihren Gig trotzdem druckvoll durchziehen. Denn das tun sie ohne Frage und arbeiten sich durch eine stattliche Setlist, die unter anderem eine abgefahren rockige Version des Aerosmith Klassikers „Cryin´“ beinhaltet. Und mit "Devil On My Shoulders" gibt es dann auch noch einen Track von Billy Talent. Mein Eindruck, das The Heroines live viel besser klingen, bestätigt sich, als ich später das gekaufte Vinyl zu Hause höre. Die Platte kann das Live-Level bei weitem nicht halten. Aber dafür besucht man ja Live-Shows, die Atmosphäre ist einfach durch nichts zu ersetzen und immer einmalig, da keine Show wie die Andere ist. Und heute ist wirklich Vollbedienung angesagt, auch wenn Sound und Licht besser sein könnten.
Setlist: Are You Entertained, I Get Off, Goodness Gracious, Daughter Of The Night, God Knows I’ve Tried, Laser to The Heart, Hotel flamingo, Malevolent Love Machine, Runaway, Love Goes On, Cryin’, Wild/Superdream, Harry, Catch Me If You Can, Painkiller, Cover You, Lightning In A Bottle, Devil On My Shoulder, Liquor Store On Mars