ABBEY ROAD NW8 - von David Hepworth

Label: | HANNIBAL |
Jahr: | 2024 |
Running Time: | 440 Seiten |
Kategorie: |
Neuerscheinung |
Was haben die Spice Girls, David Bowie und Pink Floyd gemeinsam? Außer vielleicht Skandalen, exzessivem Drogenkonsum und Chartplatzierungen? Sie alle nahmen mindestens einmal in den berühmten Abbey Road Studios in London Musik auf. Es ist kein Zufall, dass es ein gleichnamiges The Beatles Album gibt, dieses entstand nämlich ebenfalls dort und der weltberühmte Zebrastreifen auf dessen Cover liegt quasi direkt vor der Tür. Der britische Musikjournalist David Hepworth öffnet in seinem Buch „Abbey Road NW8“ die Pforten zu den geheimnisvollen Räumen in einem viktorianischen Häuschen in London, das nur sehr wenige bislang von innen gesehen haben. Auf 440 Seiten erfährt der Leser nicht nur die Geschichte der Entstehung dieser Studios und kleinere Anekdoten über dort stattgefunden Aufnahmesessions. Das Buch bietet weit mehr.
Quasi "en passant" wird eine kleine Geschichte der Popmusik erzählt mit längst nicht mehr so populären Namen, die aber zu ihrer Zeit wahre Popstars waren. Man erfährt, welche Rolle Musik im Zweiten Weltkrieg spielte, welche bahnbrechende Erfindung der Deutschen nach dem Krieg die Musik revolutionierte und vieles über die Entstehung verschiedener Aufnahmetechniken und deren Bedeutung, die diese für die Musik hatte. Das Buch ist eine wahre Schatzkiste, für jeden, der auch nur etwas Interesse an der Technik hinter dem Tonträger, den er gerade hört, hat. Menschen, die der Ansicht sind, dass Fruity Loops und ein Mikrofon vollkommen ausreichend sind, um eine Musikkarriere zu starten, ist das Buch ebenfalls zu empfehlen. Viele der Anwendungen, die wie selbstverständlich in jedem Aufnahmeprogramm für den heimischen PC zu finden sind, werden hier erklärt und man erfährt, wie sie erfunden wurden und welche Veränderungen in der Geschichte der Musik, wie wir sie heute kennen, sie ausgelöst haben.
Heutige Musiker können sich vermutlich gar nicht mehr vorstellen, was es bedeuten würde, komplette Tracks in einem Take ohne Mischpult einspielen zu müssen (von mir favorisierten Black Metal Bands der Neunziger Jahre vielleicht mal ausgenommen), offensichtlich ging dies aber. Von den Anfängen der Grammophonaufnahmen bis hin zu aktuellen Veröffentlichungen begegnet uns in diesem Buch beinahe jede Haltestelle der Geschichte der Musikproduktion. Verständlich geschrieben, so dass es ohne Vorkenntnisse lesbar ist und wundervoll in zweiundzwanzig aufeinander aufbauenden Kapiteln gegliedert, ist dieser Schmöker ein sehr angenehm und lehrreicher Zeitvertreib. An manchen Stellen ist die deutsche Übersetzung zwar etwas holprig, insbesondere bei Zitaten, jedoch schmälert das die Lesefreude kaum. Allerlei Abbildungen unterstreichen das Geschriebene und sorgen für Abwechslung.
Erschienen ist es im Hannibal Verlag, wer immer schon mal wissen wollte, warum eine CD als Album betitelt wird, warum Sänger in den Anfängen der Popmusik eher Nebenfiguren waren oder welche Sorgen frühere Musiker davor hatten, ihre Musik aufnehmen und verkaufen zu lassen (schließlich weiß man nicht, wie die Menschen, die das dann zu Hause hören, gerade gekleidet sind), sollte sich dieses Buch zu Gemüte führen. Mir hat es sehr gut gefallen, wenngleich ich selber mit den Musikern, die darin vorkommen, größtenteils so gut wie gar nichts anfangen kann. Klare Lesempfehlung!
ISBN: 978-3-85445-770-1
Note: Keine Wertung
Autor: Andreas Sprack