Nach der erfolgreichen Premiere in 2013 und Wahl zum "Best Indoor Festival" beim "European Festival Award", einem klasse Line-Up in 2014 mit z. B. Powerwolf, Within Temptation, Sartyricon, Gamma Ray und Solstafir, geht das Metal Hammer Paradise am 13. und 14. November 2015 in die dritte Runde. Frei nach dem Motto "Maximum Metal - Maximum Komfort" organisieren die Zeitschrift "Metal Hammer" und die FKP Scorpio Konzertproduktionen GmbH ein Event der Extraklasse und nutzen dafür die weitläufigen Anlagen des Ferien- und Freizeitparkes Weissenhäuser Strand an der Ostsee in der Howachter Bucht zwischen Kiel und Lübeck. Dort, wo zur besten Jahreszeit Familien einkehren und in einem Hotel, mehreren Appartementhäusern und Bungalowanlagen, nur einen Katzensprung vom Badeparadies Ostsee entfernt, ihren Urlaub genießen, sind für Mitte November 2015 die Betten und Clubanlagen mit Saunen, Badeparadiesen sowie einer Wasserski und Wakeboardanlage für die Metalheads reserviert. Für die Verpflegung sorgen zahlreichen Restaurants, Cafes, Bistros, Bars und ein Supermarkt. Und wie in jedem Jahr kosten die Tickets für das komplette Wochenende bei Unterbringung in voll ausgestatteten Wohnungen / Appartements ab 129 Euro aufwärts. Und was gibt es für 2015 Neues zu berichten? Hmm, auf der Haben-Seite können die Macher zum ersten Mal "sold out" vermelden. Daneben kann das Line Up mit Megaacts wie Helloween, Black Label Society oder auch den illustren Moonspell mit einem breit gefächerten Angebot aufwarten. Auch Merchbereiche und die allgemeine Orientierung auf dem Gelände zeigt sich zu den Vorjahren deutlich verbessert. Für das zwar milde, aber durchweg regnerische Wetter kann der Veranstalter nix, wohl muss man ihm aber massive Überschneidungen der Bandspielzeiten und insbesondere die Verfrachtung großer und dazu extrem spielfreudiger Acts wie z. B. die neu formierten The German Panzer und insbesondere die Auftritte der Rocker Kissin' Dynamite, Bullet oder auch Civil War in die mickrige Riff Alm zu Last legen.
Tag 1, Freitag, 13.11.2015: Battle Beast, Truckfighters, The Vision Bleak, J.B.O, Moonspell, At The Gates, Opeth
Während Thorsten Zahn, Chefredakteur und Herausgeber des Metal Hammer, die Maximum Metal Stage für seine obligatorische Eingangsrede in Beschlag nimmt, legen die finnischen Battle Beast um Rockröhre Noora Louhimo den legendären Baltic Ballroom in Schutt und Asche. Na ja, der Ausdruck ist vielleicht etwas übertrieben. Das bleibt wohl erst später den schwedischen Melodic Death Metallern von At The Gates vorbehalten, aber der Fünfer um das blonde Powerweib stellen schon mal einen klasse Opener dar. Der Laden ist nun proppevoll. Schließlich hat man ja nun auch lange genug auf den Beginn des Festivals gewartet. Mit ihrem neuen Album "Unholy Savior" haben die Finnen einen melodischen Hochkaräter am Start, von dem es auch fünf Songs, nämlich "Far Far Away", "I Want The World...And Everything In It", "Sea Of Dreams", das hoch melodiöse und gleichsam kitschige "Touch In The Night" und natürlich der Titeltrack in die heutige Setlist geschafft haben. Mein Highlight ist jedoch ganz klar das riffige, voll groovende und fette "Out Of Control".
Nach der Rede des Herrn Zahn eröffnen die schwedischen Truckfighters die Maximum Metal Stage, die so sehr der Bullhead-City auf dem W:O:A gleicht und ein Fassungsvermögen von rund 3000 Zuschauern hat. Zugegebenermaßen sind mir die Drei bislang wenig geläufig. Komisch eigentlich, so trifft dieser Mix aus Stoner Rock, Hard Rock mit einem kräftigen Touch Psychedelic doch genau meinen Nerv und auch den vieler anderer, so die Stage schon gut gefüllt ist. Insbesondere der barbrüstige Gitarrist namens Niklas Källgren springt wie ein Derwisch hin her und liefert so wahrlich eine tolle Stageperformance ab. Aber auch die Vocals von Basser Oskar Cedermalm sind allererste Sahne. Die Lichteffekte sind, typisch für das Genre, eher verhalten und begrenzen sich auf rote, gelbe oder auch mal blaue Funzeln. Seit ihrer Gründung in 2001 haben die Jungs vier Longplayer auf den Markt geschmissen. Das letzte datiert von 2014 und nennt sich "Universe".
Kurz vor Showende tigere ich dann zur Riff Alm rüber, einem saunaartigen Holzrondell mit einem Fassungsvermögen von vielleicht 250 - 300 Zuschauern. Wenn hier die Post abgeht und das wird sie, spätestens morgen, dann fließt hier der Schweiß literweise von der Decke. Aber auch jetzt ist schon verflucht eng. Zu eng, um vernünftige Shots zu machen, von ausreichend Licht auf der klitzekleinen Bühne von vielleicht 10 qm ganz zu schweigen, oder ist das schon zu viel? Aber egal, ich habe die Gothic Metaller The Vision Bleak noch nie zuvor gesehen und will mal einen längeren Blick riskieren. Zuerst denke ich bei den weiß getünchten Gesichtern des Vierers mit den beiden Hauptprotagonisten Markus Stock und Tobias Schönemann an etwas ähnliches wie Lords Of The Lost und liege da sicher nicht ganz falsch, wenn auch die "Düsteren Aussichten" mit ihrem atmosphärischen Metal und nachweislichen Einflüssen aus Gothic, Doom und Symphonic sehr viel dunkler rüberkommen und sich selber als Horror Metal einstufen. Hinter Markus Stock verbirgt sich übrigens Ulf Theodor Schwadorf, seines Zeichens ehemaliger Kopf der Metal-Folk-Band Empyrium, die sich 2002 auflöste.
Ich kann mit den Spaßrockern J.B.O. nicht wirklich viel anfangen und das wird sich auch nach dem heutigen Tage nicht ändern. Das selbige allerdings auf der Maximum Metal Stage auftreten, macht bei dem gewaltigen Andrang wirklich Sinn. Man soll es kaum glauben, aber die seit 1989 die Metalbühnen dieser Rebublik unsicher machenden Erlanger mit der Lieblingsfarbe Rosa haben bereits zehn Studioalben auf dem Markt, von dem ich, trotz verrückter Vinylsammelleidenschaft, nicht ein einziges besitze. Und die "Verteidiger des wahren Blödsinn" haben sich für den heutigen Tag etwas ganz Besonderes ausgedacht, in dem sie ihr allererstes Album "Explizite Lyrik", natürlich mit nur Coverversionen, heute komplett unter das willige Volk schmeißen. Los geht es mit dem Berliner Volkslied "Bolle", gefolgt von "Vier Finger Für Ein Halleluja", "Kuschelmetal", dem Mix aus Rod Stewart, The Beatles oder auch Kansas, gefolgt vom Klassiker "Schlaf Kindlein, Schlaf", sprich "Enter Sandman" von Metallica. "Walk With An Erection" ist die J.B.O.-Form des Bangles-Song "Walk Like An Egyptian". Und so zieht sich der Spaß, Klamauk, Saufgrund oder was auch immer bis zum 22. Song namens "J.B.O." fort, in dem "Carry On" von Manowar aufs grauenhafteste verunstaltet wird. Viel Spaß oder was auch immer.
Zurück im Baltic Ball Room bekommen wir von Moonspell das genaue Gegenteil serviert. Keine Ahnung, wie im sonnigen Portugal solch dunkle Gestalten überhaupt existieren können. Aber der dunkle Metal um den riesengroß daher kommenden Fronter Fernando Ribeiro mit wahrlich dunklem Organ bewegt und fasziniert zugleich. Die Jungs sind soeben auf Promotour zu ihrem neuen Album "Extinct" und nennen diese "Road To Extinction Tour 2015". Nachdem sie Schweden, Dänemark und Finnland bereist haben, sie waren gestern noch in Kopenhagen, gibt es nun ein paar äußerst seltene Stippvisiten in Deutschland. Vom aktuellen Player "Extinct" stammen der Opener "Breathe", das in Mark und Bein gehende "The Last Of Us", das schwere "Medusalem", "Malignia" und natürlich der fette Titeltrack. Der Übersong "Alma Mata" findet als drittletzter Platz in der heutigen Setlist. Die dunkle Grundstimmung wird auch durch die instrumentalen Aufbauten, wie das übergewichtige Drumkit mit alptraumhaften Features und das wie eine Orgel aus der Hölle stammende Keyboard unterstützt.
Nach Moonspell wird der Ballroom durch die schwedischen Melodic Death Metaller At The Gates endgültig in seine Einzelteile zerlegt. Wie eine Walze überrollen die unglaublich brutalen aber gleichsam mit schnellen, melodischen Elementen gespickten Stücke einfach alles. Und die ersten Reihen gehen bei Songs wie "Death And The Labyrinth", "Slaughter Of Soul" und "Cold" ab wie Schmitz Katze, während sich Shouter Tomas Lindberg die Seele aus dem Leibe brüllt. Aber auch die Gitarrenfraktion um Alf Svensson und Anders Björler leistet hier wirklich Schwerstarbeit. Vom starken 95er Output "Slaughter Of The Soul" werden in der weiteren Setlist dann noch "Under A Serpent Sun", "Suicide Nation", "Nausea", World Of Lies" und, na klar, "Blinded By Fear" nachgelegt. Exakt sieben Stücke gibt es auch vom letztjährigen Werk "At War With Reality".
Wir bleiben in Schweden, wechseln aber rüber zur Main Stage und damit von der Gewaltsamkeit der Mannen von At The Gates zu der Langsamkeit von Opeth, der Band um Mastermind und Sänger Mikael Akerfeldt. Aber halt, auch diese begannen ihre Karriere als melodische Death Metal Band, integrierten aber mit der Zeit stetig mehr Progelemente in ihre Songs ein, so dass sie sich etwa ab "Ghost Reveries" aus 2005 zusehends zu einer Progband mit nur noch Einflüssen aus dem Death Metal wandelten. Leider schrumpft nun die Zahl der Hörer zusehends, was sicher der fortschreitenden Stunde, wahrscheinlich aber auch dem parallelen Auftritt von The German Panzer in der Riff Alm oder dem allmählichen Durchsickern des feigen Terroraktes in Paris geschuldet ist. Opeth zelebrieren im abgetönten Licht ein Fest der Sinne und einen Schmaus für die Ohren jeglicher Anhänger des Siebziger-Prog Rock, Stoner und Doom, sprich des fetten Grooves. Dabei sind "Ghost Of Perdition", "Beneath The Mire", "Reverie / Harlequin Forest" , "I Feel The Dark", um nur einige des Best-Of-Sets zu nennen und den Rausschmeißer gibt "The Lotus Eater".
Tag 2, Samstag, 14.11.2015: Bliksem, Imperial State Electric, Gus G., Graveyard, Tankard, Civil War, Rage, Helloween, Black Label Society
Nachdem sich die gestrigen Schreckensmeldungen zum Anschlag in Paris und im Besonderen auf das Heavy Metal Konzert verdichteten, geht das Festival mit einem besonderen Wir-Gefühl und einer Jetzt erst Recht - Stimmung in die zweite Runde. Der Baltic Ballroom mit den belgischen Trashern Bliksem um die blau gestylte Frontfrau Peggy Meussen ist heute die erste Station. Mit "Gruesome Masterpiece" erschien soeben das zweite Album der Antwerpener mit mächtigen Einflüssen aus dem traditionellen Heavy Metal und Hard Rock. Female fronted old school Metal und Thrash ist nun angesagt und lassen in den ersten Reihen die Haare fliegen, die Genicke brechen und dicke Treter auf den Boden stampfen. Kann man "Room Without A View" bereits als Hit bezeichnen? Egal, irgendwie scheint den Track jeder zu kennen. "Face The Evil" ist der Titeltrack von 2013 und "The Life On Wich I Feed" ist von der EP aus 2010.
Und wieder beglücken uns Schweden auf der Maximum Metal Stage. Wo kommen die nur alle her? Und welche Schande, dass ich Imperial State Electric nicht kenne. Ich liebe diesen authentischen Posermetal mit zig Verrenkungen, wilden Gitarrensoli, rotzigen Vocals und dieser Mixtur aus Rock 'n' Roll, Boogie Woogie und kraftvollen Poprock-Elementen. Mastermind ist Nicke Andersson, seines Zeichens Schlagzeuger und Gründungsmitglied von Entombed und seit 2010 Leadsänger und Leadgitarrist der Rocker. Markenzeichen eine Polizistenmütze und ein irrwitziger, zu immer währenden Späßen aufgelegter Rocker, der in jede Glam und Sleaze Kapelle der 1980iger passt und nicht umsonst der absolute Kissfan ist. Das Publikum ist hin und weg, rockt und bangt sich den Alkohol vom Vortage aus dem Schädel und schlürft sich tanzend und hopsend gleichzeitig genauso viel wieder rein.
Ende September dieses Jahres sah ich Flitzfinger Gus G., vornehmlich bekannt durch seine Tätigkeit bei Ozzy Osbourne, als Saitenvirtuose bei Firewind, aber auch durch seine Engagements bei u. a. Arch Enemy, Mystic Prophecy oder auch Dream Evil, noch in der Zeche im Bochum im Vorprogramm von Kamelot mit Hennig Basse als Sänger. Und heute, wieder ein neuer Shouter und sorry Mr. G., das ist keine gute Wahl. Stimmlich mag der Junge ja nach hinhauen, aber ihm fehlt ganz klar die Kontaktfreudigkeit und die Fähigkeit, das Publikum mitzunehmen. Kurz, er ist zwar da, aber nach dem Gig auch gleich wieder aus dem Kopf. Egal, so bleibt mehr Zeit, sich dem virtuosen Gitarrenspiel des Meisters zu widmen, der aufgrund seiner langen schwarzen Haare, seinen tollen Bodies und seiner feinen Gesichtszüge und seines sympathischen Auftretens so einige Damen in feuchtfröhliche Träume und Gitarrenfreaks in ein sprachlosen Staunen entlässt. Die Songauswahl stammt von seinen beiden Soloalben "I Am The Fire" aus 2014, "Brand New Revolution" aus Mitte 2015 und Tracks seines Firewind-Engagements. Dabei das metallische "Come Hell Or High Water", das schnelle "The Quest" oder auch das melodische "We Are One" und klar, "I Am The Fire" und insbesondere "World On Fire" seiner griechischen Combo.
Etwas ruhiger und besinnlicher geht es dann mit dem bluesgetränkten Rock / Hard Rock von Graveyard weiter. Wo die herkommen? Dreimal dürft ihr raten. Natürlich aus Schweden und diesmal direkt aus der Hauptstadt. Seit 2006 gibt es den Vierer, der bereits vier Outputs sein Eigen nennt und bereits mit dem zweiten bei Nuclear Blast unter Vertrag genommen wurde. Höchste Zeit mal das gesamte Vinyl meiner Sammlung zuzuführen, so überzeugen mich die Rocker mit ihrem stetigen Groove, der einfach zum Kopfkreisen einlädt und sich tief in den Gehörgängen festsetzt. "Magnetic Shunk", "Hisingen Blues", "Slow Motion Countdown", "Ain't Fit To Live Here" und "The Siren" nennen sich die Burner, dargeboten von zwei Gitarristen, einer im karierten Hemd, einem Basser und Schlagzeuger, die allesamt den 70igern entsprungen sind.
Und wieder Tankard. Auf Clubtour in Rheine mit Zerscheppern von zig Gläsern und literweise ausgegossenem Bier, danach auf der Full Metal Cruise mit Gerre im Pool und trauter Zweisamkeit in der Casino Bar und nun, again, im Baltic Ballroom. Wie sagt ein große Metalzeitschrift und gleichsam Veranstalter des Festivals? "Stumpf ist Trumpf". Aber so einfach ist das nicht. Klar, man kann über den Biergeschwängerten und stolz zur Show getragenen Bauch von Andreas Geremia denken was man will. Die Halsfront mit dem rumhüpfenden Frank am Bass und insbesondere Andi an der Gitarre hat es wirklich drauf. Denkt man sich mal das ganze Drumherum weg, wird an den Instrumenten traditioneller Thrash Metal der Spitzenklasse geboten und auch Gerre verausgabt sich dabei wie ein Hund. Die Fans würdigen das mit Moshpit- und Bangattacken zu "Zombie Attack", "Fooled By Your Guts", "Rest In Beer" und dem gar nicht mehr ganz so neuen "A Girl Called Cerveza". Auch die Lady auf der Bühne ist schon Usus. Ist sie willig, so gibt es einen Walzer mit bierbäuchigem Pflichtabstand. In Rheine war eine solche damals unwillig. Gerre zog die Fliehende an den Füßen zurück auf die Bühne.
Nun endlich mal Pause. Kein Destruction im Baltic Ballroom und auch viel zu spät beim Knaller Danko Jones, maybe next time. Nun kommen zum Abschluss des Tages meine drei Faves und los geht es mit Civil War auf der Riff Alm. Sagte ich schon, dass das Ding viel zu klein ist und Civil War und auch die nachfolgenden Burner Kissin' Dynamite und Bullet hier völlig fehl am Platze sind? Rappelvoll ist die Sauna. Nur äußerst mühsam kämpfe ich mich zu meinen Helden nach vorne. Pünktlich um 18:45 Uhr eröffnen die Jungs mit "USS Monitor" vom aktuellen Album "Gods And Generals" ihre heutige Stagetime. Und sofort gibt es kein Halten mehr. Ganz offensichtlich hat sich die Qualität der beiden Alben rumgesprochen, von denen da noch "The Killer Angels" zu nennen ist. Jeder Song, ob es das fette, sehr melodiöse "Saint Patrick`s Day", das hymnische "Bay Of Pigs" oder das gewaltige "Gettysburg" ist. Jede Strophe wird begeistert mitgesungen. Und die Mannen um den ehemaligen Astral Doors Shouter Nils Patrik Johansson, der heute nur in der bürgerkriegsgleichen Admiralsweste und ohne nervige Sonnenbrille gekleidet ist, im Klartext, an sich alles Ex-Mitglieder von Sabaton plus der total bekloppte Keyboarder Daniel Myhr, haben sichtlich Spaß.
Völlig verschwitzt begebe mich wieder in den Ballroom zurück, um Basser und Fronter Peavey Wagner und seine Mannen um die neuen Rage zu sehen. Der Split von Gitarrist Victor Smolski und Schlagzeuger Andre Hilgers datiert vom Februar diesen Jahres. Ende Juni wird dann die Neubesetzung mit Marcos Rodriguez an der Gitarre und Vassilios "Lucky" Maniatopoulos am Schlagzeug bekannt. Und heute ist tatsächlich der allererste Gig des neu formierten Trios. Und ganz ehrlich, Rage war und ist Peavey Wagner. Da beißt keine Maus den Faden ab. Ergo kommen die Tracks genauso gut wie eh und je rüber, die Drei präsentieren sich super aufeinander eingestellt und legen dabei eine Menge Spaß an den Tag. Und natürlich ist auch der neue Flitzefinger am Sechssaiter ein Bühnentier, eine Frontsau oder was auch immer und wenn die Show mit "Higher Than The Sky", womit auch sonst, endet, sind eigentlich alle wieder zufrieden. Welcome back Peavey und Konsorten.
Nun mit Stagetime von 21:15 bis 22:45 Uhr auf der Maximum Metal Stage der erste, wirkliche, vielleicht der Headliner dieses Festivals?. Mann, was habe ich auf Helloween gefreut und die Jungs um Sänger Andi Derris, die absolute Rampensau Markus Großkopf am Bass, der eher in sich gekehrte Weiki, der frische, nur links agierende Sascha Gerstner und Dani hinter seiner riesigen Drumkiste haben richtig Spaß in den Backen. Nach dem Intro aus "Walls Of Jericho" geht es gleich richtig los mit "Eagle Fly Free" und dem Übersong der Kiske Jahre schlechthin, "Dr. Stein". "My God - Given Right" ist der Titeltrack vom 15. Album, veröffentlicht ziemlich genau 30 Jahre nach "Walls Of Jericho". Der im Schnee versunkene Kopf der Freiheitsstatue prägt sowohl aktuelles Cover und gibt auch plastisch ein tolles Bild auf der Bühne ab. Für Andy Anlass genug mit deutlichen Worten auf das Attentat hinzuweisen und sich gleichsam den Mut und alle Lebensfreude zu bewahren. "Lost In America" kommt ebenfalls vom neuen Werk während "If I Could Fly" den Ruf nach den alten Klassikern wahrt, die da en masse in einem Medley aus "Halloween", "Sole Survivor", "Are You Metal?", "A Tale That Was't Right", und "Keeper Of The Seven Keys" hinterhergeworfen werden. Dem kurzen Solo des Drummers im Mittelteil der Setlist schließt sich nun ein ebensolches von Sascha an. "Future World" und I Want Out" beenden unter viel Jubel einen denkwürdigen, weil so fetzigen und ebenso frischen Livegig. Da freut man sich auf die kommende Tour.
Irgendwann muss Ozzy mal persönlich an die Ostseeküste reisen. Schließlich gastieren heute zwei seiner Topgitarristen hier. Nach Gus G. am Nachmittag gibt sich nun Zakk Wylde mit seinen Black Label Society die Ehre. Allerdings muss der geneigte Fan glatt zehn Minuten auf den bärtigen Saitengott warten, ehe die ersten Soli schon beim Opener "The Beginning...At Last" einsetzen. Viel gebracht hat die Verspätung allerdings nicht. Der Sound ist anfangs grottenschlecht, sprich auch "Funeral Bell" und "Bleed For Me" sterben im Soundmatsch. Schon mal versucht, das Gesicht von Zakk haarfrei und ich meine jetzt nicht den Bart, zu fotografieren? Es geht nicht. Keine Ahnung wie der Typ überhaupt die Saiten auf seinem Riffbrett wiederfindet und ich habe nicht den Hauch eines Schimmers, wie der Mann ein brillantes Solo daher zaubert und gleichsam die Faust gen Himmel streckt. Faszinierend. Und heute auch ein Mikro ohne Skull, aber dafür im hinteren Drittel der Show ein Keyboard mit Zakk. Hmm, habe ich so auch nicht gesehen. Etwa Mitte des Sets, zwischen "My Dying Time", "Damn The Flood" und "Godspeed Hell Bound" sowie "Angel Of Mercy" dann das obligatorische, ellenlange, aber wie immer absolut megageile Solo. Brauchen wir das? Fragt man die Anwesenden, es ist übrigens rappelvoll, wird ein einstimmiges Ja die Antwort sein. Ob man nun dazu klatscht, die Fäuste reckt, im Groove seine Nackenmuskulatur erwärmt oder sich einfach mit geschlossenen Augen den Riffmonstern ergibt, soll jeder selbst für sich entscheiden. Zakk rules und hat das ganze Metal Hammer Paradise in seiner göttlichen Gitarrenhand.
Fazit: Wieder mal hat mir das Festival, die kritischen Anmerkungen zu den Bandüberschneidungen und der Wahl der Locations seien erlaubt, richtig gut gefallen, wobei man diesmal wirklich sagen muss, dass die beiden Headliner zum Schluss zwei übergeile Gigs abgezogen haben und alleine die beiden schon das Geld wert waren. Ich freue mich auf Mitte November 2016, wenn es heißt MHP, die Vierte.