ROTTING CHRIST, KADAVRIK, WAR-SAW

Oberhausen, Helvete, 19.12.2014

Im Vorfeld waren Tour-Flyer zu sehen, wo etwas stand von „1989-2014 – 25 Years Of Rotting Christ“. Man ist also von einer Best Of-Setlist ausgegangen. Ich war von Anfang an skeptisch, weil sie immer, wenn ich sie gesehen habe, ihr Hauptaugenmerk auf das aktuelle Material gelegt haben. Und tatsächlich gab es dieses Mal wenig Überraschungen, denn die Setlist war fast identisch mit der aus dem Vorjahr. Ich persönlich mag die neuen Alben auch sehr und hatte damit kein Problem. Im Vorprogramm spielten die mir beide völlig unbekannten Polen War-Saw und die Ruhrpottler Kadavrik.

war-sawAls erste Band des Abends spielten War-Saw, die schon ein Jahr zuvor im Vorprogramm von Destruction im Helvete eröffneten. Und das Wortspiel mit der Kriegssäge ist durchaus beabsichtigt, denn die Thrasher kommen tatsächlich aus Warschau, haben also die englische Bezeichnung ihrer Heimat im Bandnamen. Um Retro-Thrash handelte es sich aber hierbei nicht, sondern es gab beinharten Death-Thrash im Stil von Dew-Scented und späteren Sacrifice („Apocalypse Inside“-Ära). Eine halbe Stunde lang gab es einige Songs ihres bisher einzigen Albums „Nuclear Nightmare“ aus dem Vorjahr, aber auch ein paar neue Kracher. Das Material, besonders die Leadgitarren, wurden richtig gut gespielt und War-Saw machten richtig Laune und hinterließen für einen unbekannten Opener einen positiven Eindruck.

 

kadavrikZu meiner großen Überraschung kannte ich die nächste Band Kadavrik gar nicht, obwohl sie hier aus der Gegend sind, nämlich aus Wesel, und schon zwei Demos und vier Studioalben unters Volk gemischt haben. Sie spielten Melodic Death Metal im Göteborg-Stil, soll heißen, ihre Musik war an Bands wie At The Gates, alte Dark Tranquillity oder auch Nightrage angelehnt. Schnell, melodisch, technisch und manchmal auch mit leichten Black Metal-Ansätzen, zimmerten sie punktgenau ihre Setlist runter und schafften es, sowohl mit technischer Versiertheit, als auch mit einer Brachialität aufzuwarten, die den Gig richtig mitreißend machte. Etwas überrascht war ich, dass Kadavrik neben den üblichen englischen Texten auch einige deutsche Passagen mit dabei hatten, was sie zu einer Band mit eigener Note und Wiedererkennungswert machte. Die Mischung kam im Publikum gut an, und das mit Sicherheit nicht nur, weil sie aus der Nachbarschaft kamen und viele Leute mitgebracht hatten.

 

rotting christDann, nur knapp ein Jahr nach ihrem letzten Besuch im Helvete, betrat das griechische Black Metal-Urgestein Rotting Christ erneut die Bühne. Im Moment touren sie sich wirklich den Arsch ab. Das ganze Jahr über las man bei Facebook, dass sie viel unterwegs waren; kürzlich sogar noch in Mexiko vor knapp 700 Leuten. So viele waren es heute nicht. Im Helvete waren vielleicht 200 Zuschauer anwesend. Der schmale Raum war jedoch gut gefüllt. Der Gig vom Oktober 2013 war mir noch gut im Gedächtnis. Wie bereits erwähnt, wurde auf den Tour-Flyern darauf hingewiesen, dass die erste offizielle Veröffentlichung der Band, das Demotape „Satanas Te Deum“, genau 25 Jahre auf dem Buckel hat und eine Art Best Of-Setlist angekündigt war. Allerdings war das Set fast identisch mit dem vom Vorjahr. Lediglich „In Domine Sathana“ wurde durch den Thou Art Lord-Song „Societas Satanas“ ersetzt. Thou Art Lord ist ein Nebenprojekt von Gitarrist und Sänger Sakis Tolis. Der Song stammt von ihrem zweiten Album „Apollyon“, das 1996 erschien. Insgesamt gibt es fünf Album von dieser Band, das letzte, „The Regal Pulse Of Lucifer“, erschien 2013. Was mich ein bisschen störte war, dass Rotting Christ mitterweile viel mit Samples arbeiten. Früher hatte man für Intros und die atmosphärische Hintergrundmusik immer einen Keyboarder dabei. Aber dadurch klingen sie auch viel räudiger als auf CD und kommen viel metallischer rüber. Während die neueren Alben eher pompös klangen, fällt vor allem live auf, dass sich der Sound im Vergleich zu den alten Glanztaten ihrer langen Vergangenheit gar nicht so sehr verändert hat, wenn es um Songstrukturen, die Gitarrenriffs von Sakis Tolis und das Schlagzeuggeballer von seinem Bruder Themis geht, der ebenfalls noch von Anfang an mit dabei ist. Tight und mit viel Spielfreude zimmerten Rotting Christ die zumeist vom letzten Album „Kata Ton Demona Eautou“ stammenden Songs runter. Von früher gab es nur „King Of A Stellar War“ und die einzige Zugabe „Archon“ vom 1996er Album „Triarchy Of The Lost Lovers“, „Non Serviam“ vom gleichnamigen Album aus dem Jahr 1994 und den Doppelschlag „The Sign Of Evil Existence“ und „Transform All Sufferotting christring Into Plagues“ vom 1993er Debüt „Thy Mighty Contract“. Dazu gesellten sich das ultraschwere und stampfende „Athanati Este“ von „Sanctus Diavolos“ (2004), „Enuma Elish“ von „Theogonia“ (2007) und „Noctis Era“ von „Aealo“ (2010). Und Sakis konnte das Publikum sogar das ein oder andere Mal zum Mitgrölen animieren, was ungewohnt Heavy Metal-mäßig, aber cool rüber kam. Rotting Christ merkte man zu jeder Sekunde an, dass sie voll Bock hatten, auf der Bühne zu stehen und die Sau raus zu lassen. Trotzdem wären ein Keyboard für die Intros und ein paar mehr alte Kracher durchaus angebracht gewesen. Unterm Strich überwog jedoch das Positive!

Setlist Rotting Christ:
666
P´unchaw Kachun – Tuta Kachun
Athanati Este
Kata Ton Demona Eautou
King Of A Stellar War
The Sign Of Evil Existence
Transform All Suffering Into Plagues
Societas Satanas (Thou Art Lord Cover)
In Yumen-Xibalba
Grandis Spiritus Diavolos
Non Serviam
Enuma Elish
Noctis Era
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Archon

 



Autor: Daniel Müller - Pics: Daniel Müller