AT THE GATES, TRIPTYKON, MORBUS CHRON

Essen, Turock, 10.12.2014

Na, das ist doch mal eine interessante Tour! Drei Bands, die zwar völlig unterschiedlich klingen, aber alle auf ihre Weise extrem sind, gehen gemeinsam auf Europareise. Es waren nicht wenige Leute überrascht, dass die schwedischen Vorzeige Death Metaller At The Gates nach geschlagenen 19 Jahren mal wieder ein Album veröffentlichten, dass noch dazu nahtlos an ihre alten Klassiker aus den Neunzigern anknüpfen kann. Die Schweizer Triptykon haben in der Vergangenheit auch schon bewiesen, dass doomige, monotone Mucke nicht immer langweilig sein muss und auch live sehr wohl gut funktioniert. Und mit Morbus Chron ist eine junge Schweden Death Metal-Band mit dabei, die sich nicht nur um das stumpfe Kopieren der alten Klassiker aus ihrem Heimatland versteift hat. Im Turock zu Essen startete das erste Deutschland-Konzert der Tour, nachdem man vorher Großbritannien unsicher gemacht hatte.

morbus chronDen Anfang machten die Schweden Morbus Chron. Vom Alter her kann man sie in dieselbe Kategorie stecken wie ihre Landsleute von Portrait, Enforcer und In Solitude. Dass sie Death Metal spielen, wusste ich. Als die Jungs die Bühne betraten, dachte ich jedoch eher an Nifelheim, da sie alle die Augen düster geschminkt hatten und entweder mit schwarzen Lederjacken oder hautengen T-Shirts aus den Achtzigern aufliefen. Typisch für junge schwedische Bands ist die In-Sich-Gekehrtheit, denn man kommunizierte überhaupt nicht mit dem Publikum. Ich war doch sehr überrascht, wie facettenreich Morbus Chron sind! Kaum ein geprügelter Takt wurde mal durchgespielt. Kaum hatte man den Rhythmus erstmal raus, wurde er auch schon wieder gewechselt. Die Jungs verstehen ihr Handwerk. Durch einige cleane Passagen kam zudem eine schaurige Atmosphäre auf, die durch die Musik vermittelt wurde. So unvorhersehbar wie ihre Musik war ihr Abgang, denn bei dem letzten cleanen Teil verschwand ein Musiker nach dem anderen noch während des gespielten Songs von der Bühne, bis nur noch ein Gitarrist die Melodie spielte. Für einen Opener bekamen Morbus Chron aber auch sehr viel wohlverdienten Applaus.

 

triptykonBesonders gespannt war ich auf Triptykon, die ich bislang nur auf Festivals und noch nie in einem Club gesehen hatte. Passend zur ohnehin schon düsteren Musik war die Lichtshow sehr spartanisch, was dazu führte, dass die meisten Fotos im wahrsten Sinne des Wortes unterbelichtet wurden. Aber diese Düsternis passte perfekt zu der dargebotenen Musik. Nach dem etwas langen Intro „Krucifixus“, bei dem alle Musiker völlig regungslos auf der Bühne standen, legte das schweizerisch-deutsche Quartett mit „Goetia“, dem Opener ihres 2010 erschienenen Debüts „Eparistera Daimones“, los. Danach folgte direkt „Altar Of Deceit“ vom neuen Album „Melana Chasmata“, das mich immer noch sehr an Cathedral´s Pentagram-Cover „All Your Sins“ erinnert. Tom Gabriel Warrior war heute gut gelaunt. Er war froh, „endlich aus dem siffigen England zurück im schönen Deutschland zu sein“, und es folgte der Celtic Frost Klassiker „Circle Of The Tyrants“. Als 'weitere Erinnerung an seine Jugend' legten Triptykon gleich „The Usurper“ hinterher. Zum Schluss folgte, wie immer, das fast 20-minütige Epos „The Prolonging“, das mit seiner finsteren Atmosphäre den Zuhörer geradezu erdrückte. Warum man ausgerechnet dieses Stück am Ende spielt, statt noch drei oder vier weitere Songs zu bringen, wird mir ewig ein Rätsel bleiben. Fakt ist aber, dass auch dieser Song live gut funktioniert. Während die Band meist statisch auf der Bühne stand und die Musik wirken ließ, war Bassistin Vanja Šlaj gleich in zweierlei Hinsicht ein wahrer Blickfang: Zum einen sieht das zierliche Fräulein nicht nur toll aus, sondern überrascht auch mit dem brutalsten Headbanging, das ich je erlebt habe. Diese Powerfrau gibt wirklich immer alles! Triptykon waren sehr laut und haben bleibenden Eindruck hinterlassen. So viel steht fest.

Setlist Triptykon:
Intro (Crucifixus)
Goetia
Altar Of Deceit
Circle Of The Tyrants (Celtic Frost Cover)
The Usurper (Celtic Frost Cover)
The Prolonging
Outro (Winter)

 

Ich muss zugeben, dass At The Gates immer irgendwie ein wenig an mir vorbei gerauscht sind. Ich weiß zwar, dass sie toll sind und zu den Mitbegründern des legendären Gothenburg Death Metals gehören, aber so richtig warm wurde ich mit ihnen nie. Dem entsprechend bin ich ohne große Erwartungen an die Sache heran gegangen. Und was soll ich sagen? Ich bin mehr als nur positiv überrascht; und zwar in jederlei Hinsicht! Zum einen hätte ich nie gedacht, wie sehr und wie konsequent sie auf der Bühne Vollgas geben! Zum anderen hätte ich nicht gedacht, dass das Publikum sie so sehr abfeiern würde! Der Moshpit war nicht nur in den ersten fünf bis zehn Reihen, sondern in der gesamten, prall gefüllten Halle verteilt! So etwas habe ich noch nie erlebt! Das gesamte Turock war eine einzige, wild tobende Meute! Gleich beim ersten Ton stand man nicht mehr dort, wo man sich eigentlich hingestellt hatte, weil so viel Bewegung im Publikum war. Und was die Band für einen Sport hinlegte, war auch nicht von dieser Welt! Vier der fünf Originalmitglieder sind heute noch dabei; das neueste Mitglied, Gitarrist Martin Larsson, auch schon seit 1993 zu Zeiten des zweiten Langeisens „With Fear I Kiss The Burning Darkness“. Nach dem Intro stieg man zunächst mit dem Opener des neuen Albums „At War With Reality“, “Death And The Labyrinth“, ein. Aber auch von allen anderen Alben gab es einiges zu hören. At The Gates waren permanent schnell und gaben immer Vollgas! Ich hätte gedacht, dass nach spätestens einer Stunde Ruhe im Karton sein würde, aber Pustekuchen! Neunzehn Songs gab es auf die Ohren; sechzehn regulär und drei Zugaben, und das in ohrenbetäubender Lautstärke! Und genau wie zuvor bei Morbus Chron, verließen auch At The Gates die Bühne am Ende des letzten Songs einer nach dem anderen, so dass nur noch die beiden Zwillinge, Gitarrist Anders und Bassist Jonas Björkler, auf der Bühne standen. At The Gates haben sich und ihren Fans wirklich alles abverlangt. Es war beängstigend, wie präzise die Schweden ihr technisches und schnelles Set herunter hobelten, und auch der richtig fiese, kraftvolle Kreischgesang von Frontmann Tomas Lindberg trat richtig Arsch! Von Ermüdungserscheinungen keine Spur! Wenn sie in dieser Form weitermachen, hoffe ich doch sehr, dass sie nicht erst wieder in 19 Jahren mit dem nächsten Album daherkommen. At The Gates sind auch heute noch eine Macht, sowohl auf CD, als auch auf der Bühne und unterstrichen ihre Vorzeigerolle in der Szene an diesem Abend eindrucksvoll.

Setlist At The Gates:
Intro (El Altar Del Dios Desconocido)
Death And The Labyrinth
Slaughter Of The Soul
Cold
At War With Reality
Terminal Spirit Disease
Raped By The Light Of Christ
The Circular Ruins
Under A Serpent Sun
Windows
City Of Mirrors
Suicide Nation
Heroes And Tombs
Nausea
World Of Lies
The Burning Darkness
The Book Of Sand
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Blinded By Fear
Kingdom Gone
The Night Eternal



Autor: Daniel Müller - Pics: Daniel Müller