ATTIC - THE INVOCATION


Label:VAN
Jahr:2012
Running Time:47:43
Kategorie: Neuerscheinung
 

Die Newcomer von Attic müssen dem Underground nicht mehr vorgestellt werden. Nach Veröffentlichung ihres Demos spielten sie auf den einschlägigen Festivals und haben nicht nur dort mehr als bloss bleibende Eindrücke hinterlassen. “Funeral In The Woods” zeigt gleich die fettere Produktion als auf dem eh schon geilen Demo, auf dem der Song bereits die Aufmerksamkeit der Szenegurus erregte. Die Stimme von Meister Cagliostro beweist wieder sehr eindrucksvoll, was 1982 in Kopenhagen losgetreten wurde. Sie thront über dem Oldschoolsound, wie es King Diamond nie besser gemacht hat. „Join The Coven“ ist der erste neue Song, und der haut in die selbe Kerbe. Das doomig beginnende „Edlyn“ hat diese Melodien zum Wegschweben, allein die Leads lassen Tote erwachen. Unangreifbar auch die sechs Minuten von „Ghost Of Orphanage“, denn wo jeder Ton perfekt sitzt, ist das als klassischer Heavy Metal in Vollendung zu Werten. Soli einer Kirchenorgel in Form von „In The Chapel“ verkörpern wie das Intro „The Hidden Grave“ ein Schwungholen für das Folgende. Das Titelstück “The Invocation” bricht doppelläufig los, auch ein beachtenswertes Trademark der Ruhrpottler, das stellvertretend für die Gitarren des ganzen Albums steht, denn im Gegensatz zu Mercyful Fate erzeugen sie mehr lodernde Flammen als rote Glut. Das findet ebenso im obergenialen „The Headless Horseman“ seine Fortsetzung. Schierer Wahnsinn dieser Refrain. Genial bei den Liveshows, auf dem Demo schmerzlich vermisst und danach als Split mit ‚Walpurgis Night’ bereits veröffentlicht, kommt das gefährliche „Satan’s Bride“, mit dem mächtigen Vermögen, den Teufel persönlich nach Belieben zu treiben. „Evil Inheritance“ hat dann diesen Slowpart in der Mitte, auf den man gewartet hat. Die Leads und die Stimme spielen den Hörer schwindelig. Eben diese Vocals bilden zusammen mit den lodernden Flammen der Gitarren das Fegefeuer, um dann im Oberspeed eines der genialsten Debütwerke ausklingen zu lassen. Zielstrebiger können Erwartungen nicht erfüllt werden. Alle zehn Songs laufen, abzüglich der kurzen wie prägnanten Orgelmessen, zwischen fünf und sieben Minuten und sind Volltreffer, die zum Ende hin noch mächtiger zu werden scheinen. Eine Lehrstunde für den orientierungslosen Nachwuchs, der sich Metal schimpft. Doch wo ist der Kritikpunkt? Man könnte die Band wegen mangelnder Eigenständigkeit anklagen, in Anbetracht der Tatsache, allein schon wegen der Vocals zu nah an Mercyful Fate zu sein. Doch sind Attic wirklich so verschachtelt wie die Dänen? Sie bringen eher Melodiebögen nach eigener Machart. Es wirft heute auch niemand mehr einer Stoner- oder Doomband vor, nach Black Sabbath zu klingen. Man könnte die Band vielleicht noch anpinkeln, die Riffgitarren zu weit im Hintergrund zu haben. Wenn man tatsächlich die rote Gitarrenglut von Mercyful Fate erwartet, dann müsste man Attic wirklich mangelnde Eigenständigkeit vorwerfen. Doch wie viele Argumente hat man noch, wenn Attic lieber auf das Fegefeuer der Doppelläufe setzen, und genau so klingen wollen? Man könnte der Band noch vorwerfen, sich selbst zu sehr zu limitieren. Sicher wird es unmöglich sein, ein Album wie „The Invocation“ zu wiederholen, war ja bei den Schweden von Portrait und In Solitude jüngst auch so. Allein schon von daher werden Attic irgendwann mal etwas anders klingen. Nun leben wir aber im Hier und Jetzt, und von daher sollten wir besser dieses Album Song für Song geniessen, ohne uns um ungelegte Eier zu kümmern, ob das Fegefeuer irgendwann einmal verpufft. Unterm Strich bleibt nur noch festzustellen, dass es keinen echten Kritikpunkt gibt. Es ist einfach ein brillantes  Album, das ich nun schon zigfach inhaliert habe, und es noch hundert mal hören könnte, ohne Abnutzungserscheinungen zu erkennen. „The Invocation“ ist das genialste Stück Musik, das Van Records jemals veröffentlicht haben, das Album, das mich dieses Jahr am tiefsten berührt hat, und der lebende Beweis dafür, dass eine kleine Undergroundband in der Lage sein kann, ein monumentales Denkmal zwischen die Szenegrössen zu setzen…es ist quasi die Essenz aller Superlative des Oldschools. Und das für ein Debütalbum. Unfassbar. Man wird sich zu jeder Zeit in der Zukunft gerne dieses Werk erinnern. Das bedeutet, es hat schon jetzt uneingeschränkten Klassikerstatus. Das bedeutet für „The Invocation“: 9,5 Punkte und das Album des Jahres. Der Himmel steht Attic offen, oder sind es die Höllentore?

Note: 9.5 von 10 Punkten
Autor: Joxe Schaefer


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