SUNSHINE AND LOLLIPOPS - THE 8 CIRCUITS OF UNCONSCIOUSNESS

Label: | BLEEDING HEART NIHILIST |
Jahr: | 2022 |
Running Time: | 47:38 |
Kategorie: |
Neuerscheinung |
Es gibt Acts mit merkwürdigen Bandnamen, die wirklich herausragende Musik machen, wie zum Beispiel Rancid Rimjob Rampage. Es gibt Formationen, die ein merkwürdiges Äußeres zur Schau tragen, aber großartige Musik machen, wie zum Beispiel alte Immortal. Und es gibt Sunshine And Lollipops. Der Bandname und das Foto im Inneren des Jewel-Cases lassen Schlimmes befürchten, verstärkt durch die Tatsache, dass es sich hierbei laut Eigenwerbung um „Deutschlands letzte Blackmetalband“ handeln soll. Sie stammt aus Berlin und ist bereits seit längerer Zeit aktiv. Das vorliegende Werk ist ihr zweites Voll-Album. Die Lyrics, großteilig auf englisch, haben einen philosophischen Background, das Booklet führt alle Texte auf, wie auch eine Liste der Menschen, die den Release, beziehungsweise die einzelnen Songs inspiriert haben. Warum das Werk die auf dem Cover die Acht durch ein Lambda ersetzt hat, erschließt sich mir nicht, ebenso ungeklärt bleibt, warum die Hyäne im Bild von den Kindern umzingelt wird und ob dies ein Fall für den Tierschutz werden muss. Recht furios mit einem Hauch 90er Dimmu Borgir Atmosphäre startet das Album, vielleicht wird ja doch alles gut.
Erste Zweifel schleichen sich beim Initialschrei ein, der klingt, als habe sich Varg Vikernes seinen linken Hoden in der Nachttischschublade eingeklemmt. Spätestens beim ersten Breakdown des Openers sind jegliche Anleihen an Black Metal (um den es sich laut Packungsbeilage handeln soll) vergessen. Ein wenig punkig, ein wenig stumpf verpufft die anfängliche Energie so spontan, wie sie gekommen war. Tatsächlich kann man dem ersten Song ohne schlechtes Gewissen das „Seal Of Disapproval" (so der Songtitel) zuerkennen. Es wirkt immer wieder so, als würden Sunshine and Lollipops versuchen, Whiskey Ritual zu imitieren, mit eher überschaubarem Erfolg. „(We Are The) G.O.A.T.“ ist hier das auffälligste Beispiel. „Colubrum In Sinu Fovebas“ startet ruhig und steigert sich zu einem durlastigen Riff, welches Nargaroths „Frühling“ so richtig strahlen lässt. Dieser Beitrag bringt dann jedoch überraschend die ersten wirklich gut komponierten Black Metal Passagen zu Tage, die zum Mitgehen und Kopfnicken einladen.
Alles in allem soll dies aber leider der beste Tune der Scheibe bleiben. „Firdaus O.“ klingt wie Johnny Cash auf einem schlechtem Acidtrip, die Synthesizerorgie in „While My Guitar Violently Pukes“ könnte als Hommage an Jean-Michel Jarres „Oxygene“ gewertet werden, wirkt aber selbst auf diesem bunt zusammengewürfelten Veröffentlichung wie ein Fremdkörper. Die Produktion ist sauber, alle Instrumente sind klar und auf den Punkt eingespielt. Das Tempo ist durchgängig eher langsam bis midtempo. Die Vocals sind speziell, mit gewissen Anleihen an oben genannte Whiskey Ritual oder aber an Bethlehem, wecken allerdings streckenweise eher Assoziationen zu einem betrunkenen Philosophen, den man des Nachts unter einer Brücke vor seinem Wohnkarton antrifft und der einem versucht, den kategorischen Imperativ mit Nachdruck verständlich zu machen.
Besonders stark ist dies ausgeprägt in „Of Vanishing And Vanity“. Es blitzen immer mal Momente auf, die tatsächlich Potential haben, starke Black Metal Stücke zu werden, aber alles in allem hinterlässt mich die vergangene dreiviertel Stunde vollkommen ratlos. Sorry. Ich habe keine Ahnung, in welcher Stimmung ich sein müsste, um dieses Werk gezielt noch einmal hören zu wollen. Es gibt keinen erkennbaren roten Faden auf der Scheibe. Die Tracks sind stilistisch, spielerisch und kompositorisch vollkommen unterschiedlich. Ein wenig erinnert der vorliegende Rundling in Auszügen an alte Tiamat-Songs zu „Astra Sleep“ Zeiten, gespielt von einer Punk-Combo, die auch Black Metal ganz geil findet. Merkwürdig unrunde Songaufbauten mit recht simplen Riffs und einem echt fordernden Gesang laden mich nicht ein, hier wiederholt hineinzuhören.
Die im Beiblatt beworbenen Highlights (unter anderem „Darkthronenesker 80er Metal“ ) entpuppen sich leider als Etikettenschwindel. Der Pressetext fordert dazu auf, von Sunshine And Lollipops mal schön alle acht neuronalen Schaltkreise bis zum Kollaps durchfeuern“ zu lassen. Kann man machen. Man kann sich aber auch einer proktologischen Untersuchung mit einem Kaktus unterziehen lassen. Wer auf experimentellen Kram steht, kann hier gerne mal reinhören, allerdings erscheinen Fleurety im direkten Vergleich schon beinahe wie Easy Listening.
Note: 4 von 10 Punkten
Autor: Andreas Sprack