TANKARD - FOR A THOUSAND BEERS


Label:BMG RIGHTS MANAGEMENTS
Jahr:2022/1986/1987/1988/1989/1990/1991/1992/1994/1995
Running Time:681:20
Kategorie: Re-Release
 

Wenn man mit besonderen Box-Sets (in diesem Fall sieben CD´s und eine DVD) bemustert wird, ist die Freude groß (es sei denn es handelt sich um Justin Bieber) aber die Arbeit der Rezension ist gewaltig. Vierzig Jahre Tankard wird gefeiert. Das ist für eine deutsche Band im Thrash-Metal schon eine stramme Leistung. Von den fünf Hessen die im Jahr 1982 ausgezogen sind um die Welt zu erobern, sind nur noch Fronter Gerre und sein Basser Frank Thorwarth übrig geblieben. Gitarrist Andreas Gutjahr und Drummer Olaf Zissel kamen in den 90er-Jahren dazu. Begonnen hatte man unter dem Banner Vortex, wechselte zu Avenger und landete bei Tankard (Bierkrug). Im Jahr 1986 gab es das Debütwerk („Zombie Attack“), Cover-Artist Sebastian Eder (Scorpions, BAP) kam mit dem nächsten Release „Chemical Invasion“ ins Spiel und das Maskottchen Alien landete 1989 auf der „Alien“ - EP. Da war man bereits ein Jahr auf der Erfolgsschiene.

Die Box kann man wahlweise im CD-Outfit erwerben oder mit Splatter-Vinyl, das bereits im Jahr 2018 das erste Mal das Licht der Welt erblickte. Es ist halt eine Frage des Preises. Na ja, und des Geschmacks. Wer Vinyl bevorzugt muss natürlich auf die CD-Bonus-Tracks verzichten. Dafür fehlt bei der Silberling-Variante das vierzig-seitige Booklet. Hier nun mal die einzelnen Releases unters Auge genommen.

Zombie Attack: Welcher Thrash-Fan kennt es nicht? Das Debütwerk der Bierseeligen Hessen-Truppe Tankard. Genau, die mit dem unverwüstlichen Fronter Gerre, der sich immer so schön sympathisch, live mit dem Mikrofon auf die Pocke kloppt. Das darf auch nicht jeder. Obschon im Veröffentlichungsjahr 1986, hatte er noch keinen Schmerbauch oder? Nun denn, im Rahmen der Re-Releases alter Szenegrößen, ist aktuell nun die Sechser-Folge von Tankard am Start. Die zehn ultrabekannten Songs sind natürlich alle remastered. „Alcoholic Metal“ hieß das Demo, das bereits etliche Songs enthielt, die später auf Vinyl gelandet sind. Damals noch locker flockig ohne große Ziele eingespielt, sprüht die Musik noch voller Authentizität und rauer Kernenergie. Auch über die Lyrics die natürlich einige betäubende Getränke in den Vordergrund stellen sind hier keine Mangelware. Nomen est Omen! Die Frankfurter Speed Attacke hat zwar nie den Stellenwert von anderen deutschen Größen wie Destruction, Sodom oder Kreator erreicht, sollte aber, zumindest zu damaligen Zeiten nicht unbedingt hinten an stehen. „Zombie Attack“…das war schon was!

Chemical Invasion: Und schon befinden wir uns in der zweiten Re-Release Runde mit den hessischen Boys von Tankard. „Chemical Invasion“ ist das erste Opus, mit dem ich von den Thrashern in Berührung kam. Bei einem solchen Artwork ist die Größe einer Schallplatte natürlich immer willkommen. Insgesamt zehn Kracher finden den Weg in die Herzen der Fans, obschon der Outtake „Alcohol“ aus der Feder der Band Gang Green stammt. Der wurde aber für die Sparte von Tankard angepasst. Das Intro mit der geöffneten Pulle und dem abschließenden Rülpser, gibt einen guten Hinweis auf den roten Faden der Texte in Sachen Besäufnis. Schließlich finden wir bereits erste Hinweise auf dem Cover, mit dem Spacebrew. Es gibt sogar ein Instrumental mit „For A Thousand Beers“. Allerdings werfen „Traitor“ und „Don´t Panic“, Fragen zu den Mißständen der Welt auf. Zum Release des Nachfolgewerks flogen die positiven Kritiken tief. Kein Wunder, ist „Chemical Invasion“ supertight und ein ernst zunehmendes Opus in diesem Genre, trotz aller Texte. Leider müssen CD-Käufer ebenso auf Bonusmaterial verzichten. Das wäre auf dem Silberling sicherlich eine gute Note gewesen.

The Morning After: Der nächste Re-Release aus dem Hause Tankard, hat es in sich. Abgesehen von der 1988er Veröffentlichung „The Morning After“ servieren die Hessen mit dem Label BMG / Noise, noch die EP „Alien“ (1989), mit dem supergeilen Coverartwork. Nach drei Jahren wollten Gerre und seine Jungs etwas frischen Wind in ihre Thrash-Mucke bringen. Klar, das „make it or break it“-Album stand mit „The Morning After“ an. Will meinen, nicht das man lyrische poetische Wege gegangen ist oder die Mucke vom Thrash gedreht hat. Nein! Alles wie immer. Nur der alberne Beitrag „Mon Cheri“, könnte fehlen. Dafür brechen ansonsten die Nacken aller Fans beim Bangen. Das ist wirklich brachial und feuerfest was man hier, noch härter als sonst, geboten bekommt. Allerdings hat man das letzte Album nicht übertroffen. Und vielleicht gefallen mir die Songs nicht ganz so gut wie auf dem Vorgänger-Opus „Chemical Invasion“. Eigentlich war auch „Zombie Attacki“ besser. Was will man machen? Mit dem Covertrack „Try Again“, von Spermbirds, wagt man sogar einen punkigen Side-Step, den ich echt klasse finde. Gerre klingt richtig cool. Davon hätte ich gerne etwas mehr gehabt aber dann wäre es ja nicht mehr Tankard. Auch die EP, als kleiner Hunger zwischendurch, zum nächsten Werk „The Meaning Of Life“, schlägt eigentlich in die gleiche Kerbe. Die fünfteilige EP hat zur damaligen Zeit drei neue Songs parat, eine etwas schneller gezockte Neueinspielung von „(Empty) Tankard“, sowie die Rose Tattoo Coverware „Remedy“ (von ihrem selbstbetiteltem 1978er-Debütwerk „Rose Tattoo“).

The Meaning Of Life: Album Nummer Vier gehört für mich persönlich zu dem Besten was die Hessen bislang abgeliefert haben. Da befinden sich ein paar echt melodische Kracher und Hits zwischen den Rillen. So zum Beispiel „We Are Us“ und „Always Them“…obschon die punkigen Wurzeln zu keiner Zeit außer Acht gelassen werden. Hier thrasht das volle Brett, wenn auch nicht immer so abwechslungsreich, wie „Space Beer“ beweist. Das aktuelle Teil besticht immer noch durch das damals zeitgenössische, kritische Cover. Das der Sound remastered wurde, versteht sich von alleine. Dies ist nun der erste Longplayer mit Drummer Arnulf Thunn, der 1994 allerdings wieder die Segel strich. Die Lyrics bleiben nach wie vor kernig und im Prinzip kann niemand der Band mit diesem erfolgreichen Werk den Rücken kehren. Mit „The Meaning Of Life“ konnte, konnte man nur gewinnen und den Weg zum internationalen Act ausbauen. Fünf Live-Nummern fungieren hier als Bonus-Tracks und lasten die Spielzeit komplett aus.

Stone Cold Sober: Aus dem Jahr 1992 stammt dieser Re-Release, der bereits wiederveröffentlicht wurde. Dazu natürlich Bonus-Tracks, die auch heuer ein weiteres Mal auf dem Programm stehen. 2005 kam das über Nuclear Blast auf den Markt. Das fünfte Album der Jungs aus Hessen bietet eine ziemlich coole Coverversion von „Centerfold“, aus der Feder der J. Geils Band. Ansonsten setzt man zu elf Eigenkompositionen an. Das überlange Instrumental-Stück, „Of Strange Talking People Under Arabian Skies”, ist ziemlich gut gelungen. Da muss der Vinyl-Käufer bereits verzichten. Na ja, obwohl man am Rande der neuen Grunge-Bewegung war und auch die heimischen Metal-Bands andere Wege einschlugen, blieben Tankard ihren Spuren und Fans treu. Deshalb hat man mitnichten ein schlechtes oder stagnierendes Album eingespielt. Ganz im Gegenteil, finde ich die Double-Bass Attacken auf „Stone Cold Sober“ richtig gut gelungen. Das gibt die geballte Power der Band wieder, ohne sich im Kreis zu drehen. Es ist bestimmt eins der besten Produkte ihrer Bandgeschichte. Am geilsten ist selbstredend auch ihr Coverartwort, mit dem sich das Künstler-Team Sebastian Krüger / Becker-Derouet, sich selbst übertroffen hat. Und das ein Hit wie „Freibier“ auf jedem Festival zur Hymne wird, muss ich nicht extra betonen! Auch dieses Teil absolviert man mit drei Live-Bonus-Nummern.

Two-Faced: Dass die hessischen Thrash-Recken mitunter die besten Cover des deutschen Metals haben, kann mit dem Artwork von „Two-Faced“, nicht mehr bestritten werden. Hier nun der sechste Rundschlag des Flagschiffs und der letzte mit Gitarrist und Gründungsmitglied Axel Katzmann. Und natürlich wurde wieder eine Cover-Version aus dem Punk eingepflegt: „Ich Brauch´ Meinen Suff“, von den Strassenjungs. Das bleibt in musikalischer Hinsicht aber der spektakulärste Aspekt der Wiederveröffentlichung, aus dem Jahr 1994, denn mit Bonusstücken, kann man heuer nicht protzen. Im Groben kann man sagen, dass die Hessen sich in Sachen Thrash und Sauflieder selber ausgebremst haben, ohne eine neue Formel und Ersatz-Kracher für die Fans zu schaffen. Diese Form von harter Mucke, verscheuchte Fans, besorgte keine neuen und konnte kaum noch ein Wässerchen trüben. Das spiegelte sich auch live wieder. Lyrisch hat man die politische Welt etwas genauer und kritisch konstruktiver besungen aber das macht bei dem Filler-Programm kaum einen Unterschied. Zuerst wollen die Leute unterhalten werden. Tankard...zwei Schritte zurück. Fünf Live-Bonus-Beiträge machen den Kohl etwas fetter.

The Tankard: Ich dachte noch, nach dem enttäuschender Vorgänger „Two-Faced“, könnte es für die Thrash-Hessen, nur noch nach oben gehen. Aber denkste! Man versucht sich mit aller Macht neu zu entdecken und hinterlässt dabei zumindest zwei (die ersten beiden) Tracks des Albums, die einen äußerst fragwürdig stimmen. Der Opener „Grave New World“, hat damals, beim ersten Durchlauf, sicherlich manchen Fan verstört. Und hat sich da bei dem Beitrag „The Story Of Mr. Cruel“, etwas Running Wild und deren Hit „Raw Ride“ eingeschlichen? Heh? Ist das ein Banjo, was da in „Mess In The West“ ertönt? Mutig natürlich trotzdem weiterhin die thrashige Substanz beizubehalten. Thrash ging, Mitte der 90er-Jahre, zwischen Grunge und Crossver, genauso über die Wupper, wie der posige Melodic-Rock der 80er-Jahre. Genutzt hat des den Metallern wenig, denn die Fans fanden immer weniger Interesse an der Formation. Wenn man hier überhaupt Vorteile zu den alten Werken in Betracht ziehen möchte, dann höchstens der Aspekt, dass Fontbauch Gerre lieber etwas melodischer im Gesang vorgeht. Derweil hat man seine Garagen-Sound Punk-Tage, nicht ganz ad acta gelegt. Es scheint aber auch, dass man dem neuen Augenmerk auf die Musik, kein Cover wollte, das davon ablenkt. Das Artwork von „The Tankard“, ist simpel ausgedrückt, einfach kacke. Wer Deluxe-Käufer der Vinyl-Ausgabe ist, muss allerdings heuer nicht auf die auf die Bouns-Stücke verzichten...Doppel-Vinyl halt. Das sind ihrer gar nicht wenig. Acht deutsche Cover-Versionen und mit „Billiger Slogan“, eine Eigenkomposition“! Veröffentlicht unter dem Titel „Aufgetankt“, zum ersten Mal im Jahr 1994, unter dem Banner Tankwart. Erwachsener geht es in den Texten zu, die sich mit allen möglichen Weltproblemen beschäftigen, wenn man mal den Kracher „Fuck Christmas“ außer Betracht läßt. Na ja, zumindest mit einem Stück konnte ich richtig was anfangen: „Hope?“, das eher rockig anmutet. Nach diesem Album Konnte/musste man Noise Records verlassen.

Fat, Ugly And Live: Hier nun die vierteilige DVD. Serviert wird „Open All Night – Live in East Berlin“ (04.03.1990), „Live At Dynamo, Eindhoven (12.04.1987), und die beiden Audio-Spuren: „Live At Volksbildungheim“ (ist auf dem Back-Cover irgendwie anders geschrieben), Frankfurt (01.12.1988) und „Fat Ugly And Live“. Die Sound und Bild-Qualität ist entsprechend aber sicherlich ein muss für jeden Fan, sowie das Box-Set allgemein. Viel Spaß!

Note: 9.5 von 10 Punkten
Autor: Steve Burdelak


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