SELBST - RELATOS DE ANGUSTIA


Label:DEBEMUR MORTI
Jahr:2020
Running Time:41:35
Kategorie: Neuerscheinung
 

Der Herbst ist gekommen, draußen ist es trüb und regnerisch. Perfektes Wetter, um vorliegende Scheibe der Formation „Selbst“ aus Chile, in den Player zu schieben. „Relatos De Angustia“ ist das zweite Album der Südamerikaner und überrascht mit einer Güte, die man dem recht unscheinbaren Silberling auf den ersten Blick gar nicht zugetraut hätte. Es erwartet den Hörer kein klassischer Suicidal Black Metal, wie der Bandname vielleicht hätte vermuten lassen können, sondern schwerer, melodischer und melancholischer Schwarzmetall, der sehr in Richtung von aktuellen Veröffentlichungen anderer zeitgenössischer Bands, wie Mgla, Blaze Of Perdition oder Cult Of Fire geht, aber dabei sehr eigenständig bleibt: Hymnenhafte Melodien, untermalt von gewichtigen, beinahe doomig anmutenden Rhythmusgitarren laden ein, den Tropfen an der Fensterscheibe zuzusehen und sich mit existentiellen Fragen zu beschäftigen. Kompositorisch wie spielerisch wird hier sehr hohes Niveau präsentiert, Sound-mäßig gibt es nichts zu mäkeln und es handelt sich endlich mal wieder um ein Black Metal Opus mit einem geschickt in den Vordergrund gespielten Bass. Mein einziger Kritikpunkt ist, dass die einzelnen Tracks recht kurz erscheinen (sind sie aber eigentlich mit durchschnittlich sechs Minuten nicht), was allerdings eher ein Hinweis auf die Kurzweiligkeit des Werkes ist.

Das Songwriting ist herausragend, es gelingt den Chilenen eine perfekte Balance aus niederdrückender Schwere und Momenten des sich Aufbäumens zu einem dichten Netz wohliger Schwärze zu verweben. Dabei nutzen sie Stilmittel, die man so häufig nicht zu hören bekommt, die das ganze Werk jedoch nicht experimentell erscheinen, sondern zu einem eigenständigen und hochqualitativen Release werden lassen. Mir selber sagte die Truppe nichts, wenngleich sie bereits seit 2011 aktiv ist, wem es genauso geht, der sollte auf jeden Fall mal ein Ohr riskieren, wenn er etwas mit oben genannten Acts anfangen will oder einfach einen wirklich guten Soundtrack für die dunkle Jahreszeit sucht. Selbst ist hier ein großer Wurf gelungen. Mich hat die Scheibe sofort gefangengenommen und schwer wieder losgelassen, „Relatos De Angustia“ hat sich aus dem nichts in die Liste meiner Top Alben 2020 katapultiert.

Note: 9 von 10 Punkten
Autor: Andreas Sprack


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