Kein großer Andrang auf dem riesigen Parkplatz vor dem Venue und am Eingang nur eine Handvoll Menschen. Was ist denn hier los? Letztendlich gab es vielleicht dreihundert Zuschauer. Nun ja, der Ticketpreis schien laut Ansage der Anwesenden nicht gerade moderat und der Top-Star und ehemaliger ex-Rainbow Sänger Joe Lynn Turner hatte seinen Einsatz abgesagt. In der Halle kursierten bereits fleißig Gerüchte über die Gründe. So war Joe gerade mal für einen Auftritt dabei. Schade auch die Erkrankung von Phil Mogg (Sänger bei UFO). Das hieß natürlich summa summarum wenig Absatz an der Abendkasse. Ob man mit Scanner dann wirklich einen adäquaten Opener eingesetzt hat, vermag ich zu bezweifeln.
Der Opener Scanner lag mit seinem Speed Metal vielleicht nicht so ganz auf der Wellenlänge der üblichen Bonfire-Fans. Zum Glück ist man hier im Ruhrgebiet, und so mancher hat von der Band gehört, kennt das eine oder andere Lied oder ist sogar Anhänger und auch für sie lauthals vor der Bühne. Ganz am Anfang hat bei denen mal mein alter Drummer Wölfi gezockt, aber das ist Jahre her, haha. Überhaupt ist von der Urbesetzung lediglich Gitarrist Axel Julius übrig geblieben. Man spielte die obligatorische halbe Stunde Pflichtkür und mehr kam, obschon der alten und coolen Tracks wie „Warp 7“ und „Terrion“, nicht wirklich rüber. Ziemlich spiel- und gesangssicher, bleibt die Action und das Entertainment auf der Strecke. Mit einer derart langweiligen Performance kann man als Special Guest keine neuen Anhänger finden. Leider gab es mit dem verspäteten Einsatz bereits Vollzug in der Zeit. Aufgrund irgendwelcher Schwierigkeiten verstrich fast eine halbe Stunde.
Nun war es an der Zeit, das Motto des Abends: „A Night With Rock Legends“ einzuläuten. Bonfire entern die Bühne und servieren mit dem stimmgewaltigen Fronter Alexx Stahl, der nun seit zwei Jahren dabei ist, „Ready 4 Reaction“ und legen gleich mit „Never Mind“ (beide vom 1987er Klassiker „Fireworks“), um nahtlos an das Rainbow-Cover „Black Masquerade“ anzuknüpfen.
Hierauf ist man in das UFO-Stück „Doctor Doctor“, mit Gast-Keyboarder und frisch an den Augen operierten Paul Morris, übergegangen. Netzhautablösung war das Problem, aber nun anscheinend durch Euphorie und Spielfreude, kaum ein Thema. Zudem blieb er bei den meisten Songs auf der Bühne.
Mit dem House Of Lords-Sänger James Christian geht der nächste bekannte Shouter auf die Bretter und intoniert „I Wanna Be Loved“ und „Love Don´t Lie“ von seiner eigenen Band, wobei letzterer Beitrag aus der Feder von Stan Bush stammt.
Dieter „Quaster“ Hertrampf, seines Zeichens Gitarrist und Sänger bei der ehemaligen DDR-Legende Puhdys, erscheint als nächstes und darf gleich drei Nummern: „Frei Wie Die Geier“, „Erinnerung“ und „Alt Wie Ein Baum“ zum Besten geben. Und jetzt kam zum ersten Mal richtig Stimmung in die dünn besäte Bude. Singalongs und jede Menge Fun. Wer hätte das gedacht?
Die Lady des Abends… Robin Beck…Frau von James Christian und bei vielen Menschen, die ihre Karriere nicht verfolgt haben, immer noch das Coca Cola-Girl vom Reklame-Song aus dem Jahr 1988. Wir wissen es besser und freuten uns den Allerwertesten für Songs wie „Save Up All Your Tears“ (im Original von Bonnie Tyler), „Tears In The Rain“ und selbstredend „First Time“ ab. Heuer ist sie sogar wesentlich besser drauf, als noch vor Wochen in der Christus-Kirche zu Bochum. Die Russ Ballard-Nummer „I Surrender“, die Rainbow artgerecht in Szene gesetzt haben, wird wieder von Alexx performt. Wie geil!
Hardline vielleicht nicht, aber ihr Weltklasse-Sänger Johnny Gioeli dürfte allen wenigstens von Axel Rudi Pell bekannt sein. Von Hardline liefert er „Doctor Love“ und den in unseren Poserkreisen allseits beliebten Hit „Hot Cherie“ (aus der Feder von Danny Spanos), um im Anschluss zusammen mit Alexx den Song des kanadischen Sängers Leonard Cohen, „Hallelujah“ (an dem ich mich mehr als satt gehört habe), in balladesker Form zu singen.
Nun wird es deftiger, und Grave Diggers Chef Chris Boltendahl schmettert zwei Lieder aus seiner Karriere: „Rebellion (The Clans Are Marching)“ und „Heavy Metal Breakdown“. Nach meinem persönlichen Tief von „Hallelujah“ Balsam für die Seele, haha.
Bislang waren alle Gäste (von der Stammband mal ganz zu schweigen) absolut top und unschlagbar in ihrer Leistung, aber was nun kam, schlug dem berühmten Fass den Boden aus. Toto-Gründungsmitglied und deren Sänger Bobby Kimball (mit Unterbrechung) bis 2008 leierte die nächsten drei Songs das Grauen herunter. Die Welthits „Hold The Line“, „Rosanna“ und „Africa“ wären ohne der Beihilfe von Alexx ins Bodenlose gewandert. Keine Ahnung, warum man diesen Mann auf die Bühne gebeten hat. Stimmlich ein einziges Fiasko (über die Schnurrbart-Version oder den handgeschriebenen Songtextvorlagen als geistige Unterstützung will ich erst gar keine Worte verlieren, haha) und im Wesentlichen darauf bestrebt, eine Ego-bezogene Lachnummer abzuziehen, die am Ende des Abends im Grand Finale noch peinlicher wurde, ist es allein Herrn Stahl zu verdanken, das diese Lieder noch etwas an Würde bekamen. Manchmal sollte man wissen, wann der Zenit überschritten ist. Schade für alle Beteiligten und Anwesenden!
Gott hat einen Namen. Zumindest unter den Shoutern. Obschon diese Bezeichnung (Shouter, nicht Gott, haha) für Geoff Tate (ex-Queensryche) fast schon eine Beleidigung ist, haha. Mit „Jet City Woman“ und „Silent Lucidity“ konnten alle eben noch schockierten Zuschauer wieder aufatmen. Eine sehr emotionale Leistung, Herr Tate; wie immer!
Mein persönlicher Traum wurde heuer war, einmal Dave Bickler, ehemaliger Sänger der US-Amerikaner Survivor, der 1984 durch den großartigen und leider viel zu früh gestorbenen Jimi Jamison ersetzt wurde, einmal live singen zu hören. „Caught In The Game“, „Burning Heart“ und „Eye Of The Tiger“… Was will man mehr? Zum Abschluss, dem eben erwähnten Grand Finale, mit dem Beitrag „American Nights” versammelten sich noch mal alle Teilnehmer auf der Bühne. Fazit: Auch wenn man die fehlenden Gäste überbrücken konnte, war es natürlich schade, sie zu missen. Über die Show von Herrn Kimball streiche ich mal den Schwamm der Vergessenheit. Dennoch ein unterhaltsamer Abend, auf den viel im späteren Verlauf der nächsten Wochen verzichten mussten, denn nach drei weiteren Shows wurden die restlichen elf Gigs abgesagt. Statements darüber findet ihr im Internet.