Almanac, die konstruierte Combo um Victor Smolski, dem ehemaligen Saitenhexer von Rage, sind auf Promotour für ihr erstes Album "Tsar" und haben als Support einmal einen Mix aus Gothic Rock und Neue Deutsche Härte in Form der aus Oelde stammenden Lichtgestalt und mit Gloryful einmal puren Heavy Metal dabei. Gut hundertfünfzig Seelen füllen heute das Turock und leider ist der obere Balkonbereich, von dem sich immer gute Fotos machen lassen, heute gesperrt.
Um 19:30 Uhr entfesseln Lichtgestalt mit mächtig Nebelschwaden und deutlichen Elektroanteilen den Sturm und gehen nach dem Opener mit einfachen Texten in deutscher Sprache in das rockig-groovige "Der kalte Mann" rein, ehe dann der Titeltrack ihres zweiten Albums "Motorenherz" mit wieder elektronischem Start weiter die Ohren der Anwesenden mit einem Mix aus einfachem Metal, Neue Deutsche Härte und ein paar Elektronikanteilen zuballert. Kommt eigentlich ganz gut, der Stoff und bei "Spieler" mit melodischer Gitarre zeigen sich alle Qualitäten von Gitarrist und Songwriter mit Namen "Der Heizzer". Sänger und Texter Thomas C. Hertz hat zwar kein übergeiles Organ, aber das, was er macht, hat schon Hand und Fuß. Bei "Böse Fee" mit derben Riffs wird dann auch ordentlich abgeklatscht und hier da erinnert die Stimme ein bisschen an Marius Müller-Westernhagen. Bissig mit guten Gitarren dann auch der Rausschmeißer "Messer, Gabel, Schere" und um 20:00 Uhr fällt dann auch der Hammer.
Eine knappe viertel Stunde später heizen dann die aus Gelsenkirchen stammenden Gloryful ziemlich kompromisslos ein und das Turock geht nun richtig mit und vor allen Dingen auch nach vorne an den Bühnenrand. Ein bisschen Schiss hatten die Jungs um Shouter Johnny la Bomba schon, denn schließlich ist es ihre erste Europatour. Nach dem Opener "Ocean Blade" gibt es Geburtstagsmeriten für den fünfzig Lenze gewordenen Jürgen K. und weiter geht es mit "Hail To The King". Johnny faselt dann irgendwas von Klamotten und erwähnt in diesem Zusammenhang auch Gelüste zum Stagediven bei Basser Daniel Perl. Derweil grinst sich Hartmut Stoof einen und bearbeitet weiter munter seine Felle. Fett groovend dann auch "For Victory" und immer wieder ein Johnny, der sich vor lauter Freunde bei den abgehenden Essenern bedankt. "The Warriors Code" und zum Finale des knapp dreiviertelstündigen Gigs dann "The Glorriors" und alle triefen vor Schweiß und grinsen im Kreis. Gloryful machen einfach Spaß und treten mit ihrem ziemlich straighten Metal voll ins Mett.
Almanac machen um 21:15 Uhr weiter, aber leider nicht da, wo Gloryful aufgehört haben. Backdrop, davor das ziemlich dicke Drumkit von Michael Kolar und links und rechts die Fahnen im Nebelwinde und dazu noch sechs Mannen, äh sorry fünf Herren und eine Dame und proppevoll ist die kleine Bühne im Turock. Mit dem Titeltrack des neuen Albums geht es hinein und hintereinander sind dann alle drei Shouter an der Reihe, während Victor auf der linken Seite seinen Sechssaiter zockt und Armin Alic, den man vielleicht noch von Lion Twin kennt, für die tiefen Saitentöne sorgt. Auch beim nachfolgenden "Self-Blinded Eyes" geben sich Andy B. Franck (Brainstorm), ein etwas dagegen verblassender David Readman (Pink Cream 69, ex-Voodoo Circle) und die mir bislang unbekannte Jeannette Marchewka (ex-Lingua Mortis Orchester) das Mikro in die Hand. Den nächsten Song kündigt dann Mr. Brainstorm schwäbelnd an und nach dem hymnischen Start bleibt diesmal Mr. Readman außen vor. Auch bei den weiteren Nummern geht das Wechselspielchen weiter, während Herr Smolski den symphonischen Rock- und Metalnummern seinen fetzigen Stempel aufdrückt. Unbestritten werden hier saustarke und sicher hoch komplexe Songs abgeliefert. Für den Hörer ist es allerdings ob der puren Musikmasse und den ständig wechselnden Vocals recht schwierig zu folgen, ja teils scheint es sehr anstrengend und manchmal gewinnt man den Eindruck, als würden die Sänger quasi wie galoppierende Gäule zurückgehalten, um sich ja nicht in den Vordergrund zu drängen. Andy, dem geborenen Fronter, der bei Brainstorm faktisch die ganze Show an sich reißen kann, fällt das schon sichtlich schwer. Dennoch alle geben sichtlich ihr Bestes und Andy und Victor befeuern nacheinander die Fans und wenn die sehr sympathisch rüber kommende Jeannette von ihrem Trip mit siebzehn Jungs erzählt, kommt der eine oder andere schon ins Schmunzeln. Auf den Teilen III, V und VII der "Suite Lingua Mortis", die der Master als eine seiner schwierigsten Kompositionen bezeichnet, bei der zweihundert Musiker beteiligt waren, erkennt man die ganze
Klasse des ehemaligen Rage-Gitarristen. Ein paar weitere Cover von Rage und auch neues Material, dazu die Ankündigung, dass man baldigst die zweite Scheibe aufnehmen wird, und so langsam nähert man sich dem Ende dieses Abends. Zum vermeintlichen Finale versammelt Victor nochmal sämtliche Protaganisten auf der Bühne und in munterer Jamsession wird nach "One More"-Rufen seitens des Publikums dann "Straight To Hell" von Rage gezockt, welches vielen Leuten noch vom Soundtrack des Films "Der Schuh des Manitou" bekannt ist. Als jeder denkt, nun ist die Sache gelaufen, gab es am Schluss mit "Empty Hollow" noch einen weiteren Rage-Track. Um 23:00 Uhr ist dann auch wirklich Schluss.