INTER ARMA - PARADISE GALLOWS

Label: | RELAPSE |
Jahr: | 2016 |
Running Time: | 70:27 |
Kategorie: |
Neuerscheinung |
Klingt das Intro noch nach Atlantean Kodex auf Siebziger, wird man schnell von einer Urgewalt eingeholt und übermannt. Es nehmen rumpelige Drums, hallige Tiefgrowls und warmbrummige Saiten den Raum für große Ausdrücke. Der Fünfer aus Virginia baut seinen Black und Death Metal auf epischen, psychedelischen und doomigen Fundamenten, legt sich nicht fest und wirkt dennoch in sich geschlossen. Für diese Art Undergroundmetal ist man eher geneigt, das Kreuz bei der alten Schule zu machen, was es zu ganz großen Teilen auch ist. Eine hellere Gitarre wiederholt mechanisch ein paar simple Anschläge, die aus dem angenehmen Urwuchs emporsteigt und etwas Post Metal beschreibt. Das wars dann auch schon. Für das Instrumental "Potomac" kehren die zuckersüßen Leads aus dem Intro noch einmal zurück und machen den Hof für ein Piano, dessen schnulzige Klänge man so nicht erwarten durfte. "Primordial Wound" drifted ab in geistesabwesenden Hospitalismus und dreht sich immer weiter in diesen hinein, bis erhaben breite Riffwände für Erlösung sorgen. Auf längere Strecken wird die Ursuppe auch ohne Einnahme von Substanzen atmosphärisch, aber ein sich monströs aufbauendes Soundmonster wie "The Paradise Gallows" funktioniert auch von ganz alleine, hätte auch ohne süße Leads, die oben beschriebenen, zum vollen Erfolg geführt. Dass die Richmonder mit neun Tracks schon über siebzig Minuten Spielzeit gelangen, ist bloß noch Nebensache. Oft sind ja Alben mit Überlänge schon nach wenigen Minuten langweilig, doch hier bei Inter Arma stimmt alles und es ist so facettenreich, dass eine Akustikgitarre im unbedeutend weniger ergreifenden "Where The Sun Meets The Sky" gar nicht mehr überrascht, sondern die Vielseitigkeit angenehm unterstreicht. Ihr drittes Album ist schon ein monumentales Gesamtkunstwerk, das jedoch nicht automatisch für Eingängigkeit garantiert, wenn man sich damit länger beschäftigt, sondern schon den Draht und das offene Ohr erfordert. Dann ist das der Stoff, aus dem die Träume sind. Das Ding rutscht doch glatt noch in meine Jahres Top-Ten. Ganz großes Tennis!
Note: 9 von 10 Punkten
Autor: Joxe Schaefer