WHITECHAPEL - MARK OF THE BLADE

Label: | METAL BLADE |
Jahr: | 2016 |
Running Time: | 40:05 |
Kategorie: |
Neuerscheinung |
Ein progressives Intro leitet den von Cleangitarren und Klargesang dominierten Song „Bring Me Home“ ein. Ein Stück, das trotz eines rockigen Solos und ein paar brutalen Shouts zwischendurch eher ruhig wirkt. Moment, geht es hier wirklich um das neue Album des amerikanischen Abrisskommandos Whitechapel? Tatsächlich haben die Deathcore-Ikonen inzwischen auch melodischere und ruhigere Klänge für sich entdeckt und auch erkannt, dass Frontmann Phil Bozeman tatsächlich auch singen kann, und das nicht mal schlecht. Wie kommt es aber, dass eine Band, die mit extremstem, hasserfülltem Metal sogar die Top Ten der US Charts erreicht hat, nun auch weichere Töne anschlägt? Gitarrist Alex Wade erklärt im Interview mit dem renommierten Musikmagazin Metal Hammer, dass er davon ausgeht, dass der Deathcore in der heutigen Form irgendwann verschwinden wird, daher war es an der Zeit, das musikalische Repertoire zu erweitern, um nicht zusammen mit dieser Sparte von der Bildfläche zu verschwinden.
Wer die bisherigen Whitechapel Werke geliebt hat, muss sich allerdings dennoch keine Sorgen machen. Die Trümmertruppe aus Tennessee spielt auch auf „Mark Of The Blade“ noch extremen Metal, wie sie gleich mit dem ersten Song „The Void“ beweist. Der Song bietet brutalste Breakdown Action, gepaart mit den gewohnt tiefen Schreien von Bozeman und aggressiven Gitarren. Dabei zeichnet sich allerdings auch eine Entwicklung ab, die bereits nach dem 2008 erschienen Album „This Is Exile“ begonnen hat, nämlich weniger Highspeed, dafür mehr Groove. Dadurch treten die Hooks mehr in den Vordergrund und die Musik erhält einen hohen Wiedererkennungswert, so weit alles richtig gemacht. Auch der Track „Elitist Ones“ groovt gut los. Hier richtet sich die musikalische Zerstörungsorgie gegen die Leute, die denken, ihre Meinung wäre die einzig richtige. Damit passt der Song perfekt zum Ziel der Musiker, das enge Korsett des Genres zu sprengen. Einer der brutalsten Songs des Albums ist „Dwell In The Shadows“. Ein echter Nackenbrecher, der mit Vollgas losbrettert, mit einem geschickt gesetzten Breakdowns Phil Raum gibt in härtester Weise Gift und Galle zu spucken, bevor die Gitarren wieder anfangen, alles um sich herum niederzureißen. Beim Durchhören wird schnell klar, der extreme Metal, den die Fans lieben, wurde zwar facettenreicher, aber ohne sich dabei selbst zu vergessen. Nach wie vor dominiert die Härte die Musik von Whitechapel, dennoch ist „Bring Me Home“ nicht der einzig ruhigere Track des Langplayers. Auch „Brotherhood“ und „Decennium“ weisen bisher ungewohnte Einflüsse auf. Vor allem Letzterer sei noch hervorgehoben. Nach einem spannungserzeugenden Intro gibt Phil zunächst einmal alles. So weit ein Song, wie man ihn hätte erwarten können. Nach etwa einer Minute schlagen die Shouts allerdings immer wieder in Klargesangspassagen um, bei denen die Gitarren allerdings unbeeindruckt weiter stampfen und somit einen gelungenen Kontrast schaffen.
Mit diesem Album stellen Whitechapel gleich zwei wichtige Fakten klar. Zum einen gehören sie zu recht zu den unangefochtenen Größen im extremen Metal, zum anderen sind sie allerdings auch wandlungsfähig und überzeugen nicht nur mit stumpfstem Deathcore. Somit lassen sie sich nur mehr einfach nur in eine Sparte pressen. Sind die Reaktionen in der US-amerikanischen Heimat des Sextett etwas verhalten, kommt dieser neue Weg in Deutschland sehr gut an, wie eine Chartplatzierung auf Platz sechzehn beweist. Diese ist nicht nur die höchste Platzierung, die Whitechapel in Deutschland jeh erreichte, sondern auch eine für eDeathcore Band außerordentlich hohe Platzierung allgemein.
Note: 8 von 10 Punkten
Autor: Chris Föhrenbach