Den Auftakt zum achten Masters Of Cassel im bereits gut gefüllten und mit warmen Luftmassen angeheizten K-19 machen Vile aus Hannoversch Münden. In schlichtem Schwarz gekleidet, kümmert sich der Fünfer um Death Metal. Der kurzhaarige Spitzbart am Mikro fällt nicht nur durch seine Größe auf, sondern auch mit krasser Helene Fischer Ansage, oder "der nächste Song is gar nicht mal so schlecht" und growlt mit seiner tiefen Stimme: "Torment"! Ihr mächtiger Sound mit Synchrongebange überträgt sich auf das bereits zum Abmoshen bereite Publikum, das sich keinesfalls über zu wenig Bass im Sound beschweren kann. Mit "March To Death" kündigen sie den letzten Song mit den Worten an, dass danach nichts mehr kommen könne. Kommt aber, und zwar erstmal kräftiger Applaus für ihre Vorstellung.
Gemessen am kleinen Backdrop sind die Thüringer Warlust eine kleine Undergroundband, aber vom Sound her blackthrashen sie wie die Großen. Da tut der voluminöse Sound hier im K-19 den Rest dazu. Hinter dem Basser und den beiden Flying-Vs mit Facepaintings sitzt ein äußerst entspannter Dummer mit einem roten Shirt am Kit, der mit stoischer Ruhe auch die schnellsten Rasereien absolut tight spielt. Shouter und Gitarrist Witchfukker wechselt von einer weißen auf eine schwarze Flying-V, während Drumwirbel und Rückkopplungen überbrücken, wie sie das auch in den Übergängen zwischen den Songs tun. Wer glaubt, "Black Magic" von Slayer sei bloß ein Livecover, der täuscht sich, denn es steht auch auf ihrem Demo "Unholy Attack". Krasse Sache, wäre aber nicht notwendig gewesen, denn der Vierer hat erstklassiges Material aus eigener Feder, das einfach überzeugt. Nicht die einzige Rechtfertigung für eine frühe Spielzeit von über fünfzig Minuten. Absolut sehenswerter Auftritt ohne Durchhänger.
Von allen Bands auf diesem Planeten, die den beliebten Namen Code Red tragen, sind dies hier die Freiburger, die sich vor gut 25 Jahren in Kassel gründeten. Gespielt wird professionell ein Pfund von Groove auf der Basis von Thrash Metal. Aber ein ordentliches Pfund! Durch "From Below", "Don't Bring Me Down und "Combat" ist ein Opening Triple geschnürt, das mit gebellten Vocals, Kopfsocke und Samhain Shirt (Glenn Danzig) eine andere Färbung zeigt. Ein gewisser Corefaktor kommt rüber, der verschiedene Reaktionen beim Publikum hervorruft. Eine modische Kurzhaarfrisur im Strickpulli und Hosenbund nahe den Kniekehlen pogt krass vor der Bühne um sein Leben. Für alle anderen gibt es zumindest durch den aggressiven Arschtritt der Baden-Württemberger etwas zum anerkennenden Kopfnicken. Mit "Love/Hate" und "Troops" dreschen zwei neue Songs auf die Lauscher, die nicht wirklich dazu beitragen, dass es vor der Stage voller wird, worum Shouter Frank Ungewickel mehrmals bittet. Dafür kennt man aber die älteren Songs, bei denen während ihrer 45 Minuten die Arme hoch gehen.
Für den Schreiber dieses Textes sind Reaper der Hauptanreisegrund, denn zu stark ist das Material von ihrem aktuellen Album "The Atheist Monument", das auch sofort mit "1943" und "Of Sheep And Shepherds" berücksichtigt wird. Reaper sind die erste Reinmetallband heute, und die erste aus Kassel. Darauf ein krasses Nörten-Hardenberger! Das Intro wird noch selbst gespielt, ohne Einspieler, darauf gleich mal ein Prost! Gitarrist Benny wirft nach zwei Songs schon sein Shirt weg, dann gehts gegen Religionen weiter mit "The Iron Cross". Das gemeinschaftliche Headbanging in den ersten Reihen zog auch Frauen in Kutten an; es wurde jetzt voller vor der Bühne. Die Double Flying-V Attack bringt nach "Realms Of Chaos" mit dem ganz alten "Lucifer's Rising" noch einen Song zusätzlich, der die Dreiviertelstunde voll machte. Hammergig!
Unter viel Nebel fängt die zweite Band aus Kassel an, Mortal Terror. Darauf noch ein Nörten-Hardenberger! Die Thrasher sind auch die geschmacksicherste Band hier, was die Wahl ihrer T-Shirts von Ranger, Night Demon und Nuclear Assault betrifft. Der Fünfer sorgt nicht nur mit "Speed Demon" für ordentlich Mische vor der Bühne, wo die Haare fliegen. Nach Ansage vom Gitarristen mit dem freundlichen Ranger-Shirt sei der nächste Track "Created Destruction" der Titeltrack des neuen Albums und mit "Mortal Terror" war das Geholze nach fast einer Stunde beendet, was ausgelaugte Fans hinterlassen konnte. Ein sehr großes Festival in Norddeutschland scheint nicht weit zu sein, denn ein krass Auffälliger gesellt sich dennoch dazu, sein Ganzkörperhasenkostüm hüpfend vollzuschwitzen.
Metal aus Koblenz steht als nächstes auf der Agenda. Der Co-Headliner Steelpreacher kann sich darauf berufen, von der ersten Note an seine Banger in den vorderen Reihen zu haben. Sofort legen auch die Stagediver und Crowdsurfer los. Den Ansagen gemäß haben sie nicht nur krasse Saufthematiken drauf, sondern das nächste Stück "Bitchcraft" handelt, so wörtlich, von Möpsen. Dann wird das Partyfässchen in die Audienz gereicht und geleert, um den Saufaufforderungen Nachdruck zu verleihen, denn auch durch den Getränkeverkauf werden die Bands finanziert. Wer beim Abmoshen in dieser schweißtreibenden Angelegenheit dafür noch Zeit hat, haha...
Death Metal aus Hanau soll den Headliner stellen. Mit Merchpreisen von 15 Euro das Shirt klingen Discreation um Rock Hard Schreiber und Gitarrist Sebastian Schilling wie auf dem Boden geblieben. Nach einer Ansage vom Veranstalter und einem pompösen Intro liefert der Fünfer für über eine Stunde das Todesbrett. Geile Leads fliegen darüber hinweg, deren Melodien mit etwas Technik immer wieder den Spannungsbogen aufrecht halten. Propellergebange und Pits sind die logische Folge, in denen Songs wie "The Silence Of The Gods", "To Cosmic Shores", und "Breeding Terror" abgefeiert werden. Krass zu "Savage Soul", wo es an selbiger Stelle des Moshpits auch gleichzeitig Crowdsurfer gibt. "Decapitation Marathon" und "Megacorpse" sind die Zugaben, beide vom heute absolut im Mittelpunkt stehendem aktuellen Album "Procreation Of The Wretched", nachdem Shouter Kai die komplette Meute zum gemeinsamen Biertrinken aufruft. Ein fanfreundliches Festival mit sehr starken Bands, da kommt man gerne wieder. Bis zum nächsten Mal, wenn es wieder heißt: Masters Of … C(r)assel!