Im Pott sollte sich einen neues Festival breit machen, das Ruhrpott Metal Meeting. Bei der Planung wurde so einiges beachtet, dass man auch am Donnerstag eine Warm-up-Party veranstaltete, sowie auch eine Aftershowparty am Freitag, die nur nicht ganz so gut beworben wurde. Verlaufen konnte man sich dabei in mehreren Riesenhallen des Komplexes, der einst vom Maschinenbauunternehmen Gutehoffnungshütte betrieben wurde, denn im hinteren Bereich war die Händlermeile, das DJ-Pult sowie eine sehenswerte Ausstellung von Coverkünstler Axel Hermann (Morgoth, Iced Earth, Desaster).
Warm-up-Party, 03.12.2015: Svartsot, Metsatöll, Obscurity und Arkona
Recht spät entschlossen am Warm-up teilzunehmen, hatten die Dänen der Folkmetaller von Svartsot schon fertig und die Genrekollegen Metsatöll (Foto) aus Estland legten beim Betreten der Halle los. Das was von Traditionsmetallern gerne als 'Herr der Ringe Musik' tituliert wird, brachte das Quartett mit amtlichem Gitarrensound, eben auch Sackpfeifen und einer Auswahl von Blockflöten, die der Mann links des Sängers aus einem Beutel am Mikrofonständer hängend entnahm. Es war zwar nicht zu kalt in der großen Halle, aber es herrschte permanent extrem Zug, dass Jacke und Schal ratsam waren, wie es die Thekenbedienungen vormachten. Das Quartett mischte in der Hechtsuppe die Lyrics ihrer Heimatsprache mit Englisch, wie auch in den Ansagen, brachten die heute noch wenigen hundert Anwesenden gut in Bewegung und hatten am Merch immerhin fünf verschiedene Shirts im Angebot
Es ist lange her, dass Obscurity aus Velbert mal richtig Krach gemacht haben. Dass man aber nicht auf fette Gitarren und die coolen Growls von Mark aka Agalaz aus der Angriffshaltung verzichtete, wurde stante Pede nach einem theatralischen Intro und ordentlicher Begrüßung klargestellt. Die schlicht in schwarz Gekleideten besaßen zwar ein etwas kleineres Backdrop als die Vorgängerband, waren aber im Sound fülliger und passten mit ihrer stilistischen Kurskorrektur bestens ins heutige Billing. Der Fünfer erreichte die komplette Audienz für Mitklatschaktionen und verabschiedete sich mit dem Titeltrack ihrer jüngsten Platte "Vintar" nach einer anständigen Vorstellung als aus Metallersicht beste Band des Tages!
Bei Arkona packte man für die nächsten achtzig Minuten wieder die Flöte aus. In erster Linie waren es die Synthies aus dem Back, welche die Atmosphären erschufen. Mit tieferer, scharfer Stimme sang und growlte beachtlich ihre Sängerin Masha, die man in Sackleinen gekleidet zunächst gar nicht als dem weiblichen Geschlecht zugehörig erkannte. Alle Bands auf diesem Planeten, die sich Arkona nannten, kommen aus östlichen Staaten. Dieser heutige Headliner aus Moskau, der so einige zusätzliche Instrumente aus dem Back einspielte, wie auch eine Balalaika, hatte in seinem Sound noch manch anderes Arrangement, das ihre russische Herkunft nicht verleugnen konnte. Mit Sackpfeifen und viel Doublebass rockten sie sich mit einem agilen Acting durch ihr Set, das Freunde von klassischeren Metalklängen zumindest Anerkennung abrang und alle anderen begeisterte, was man ihnen beim Verlassen der Halle gegen Mitternacht in den Gesichtern ablesen konnte.
Tag 1, 04.12.2015: Final Depravity, Vektor, Deserted Fear, Asphyx, Alestorm, Sodom und At The Gates.
Die Jungs von Final Depravity aus dem benachbarten Gelsenkirchen spielten schon, als man über die Autobahnen des Ruhrpotts wesentlich zügiger in Richtung Oberhausen voran kam, als man es für einen Freitagnachmittag erwarten durfte. Dafür gabs aber Stau vom Feinsten nach der Abfahrt kurz vor der Turbinenhalle. Na klasse, da erklangen schon erste unverzerrte Töne von der zweiten Band Vektor (Foto) aus Pennsylvania, als der Verfasser dieser Zeilen die Halle enterte. Für 45 Minuten lieferten sie das amtliche Thrashbrett der alten Schule. Sie waren gerade auf Tour in Mitteleuropa und werden auch nächste Woche beim Eindhoven Metal Meeting auftreten. Gut so, denn sie kamen gut an, was man den Reaktionen im Publikum ablesen konnte, immer wenn Gitarrist und Shouter David "Come On, Doitsland" rief. Etwas brummig im Sound kamen uncleane, helle Shoutings und noch hellere Schreie bestens rüber, wie der mächtig wirbelnde Drummer, der sich mit einem spartanisch ausgestattetem Drumkit begnügte. Vektor werfen endlich im März 2016 ihr neues Album ab, von dem sie heute mit "Ultimate" und "Psychotropia" schon mal zwei Tracks brachten.
Eine weitere Band, die vom Publikum mit Spannung erwartet wurde, waren die bereits ziemlich etablierten Death Metaller aus Thüringen. An der Livefront konnten Deserted Fear bereits durchgehend überzeugen und hatten einiges an Praxis gesammelt. Da steckten sie die Staus im Anreiseverkehr locker weg, denn letztendlich waren sie hier pünktlich am Start. Mächtig tief im Sound konnten sie hier gut das Brett liefern, zumal es durch das Volumen der großen Halle noch etwas wuchtiger kam. Die Setlist mischte älteres Material wie "Bury Your Dead" vom ersten Album "My Empire" mit aktuelleren Songs vom "Kingdom Of Worms" Longplayer. Kurzweiliges Zeug, doch ihre Spielzeit hätte aber noch für ein Stück mehr gereicht, als sie sich für dieses Jahr von den Bühnen verabschiedeten.
Schön, mal wieder das holländische Death Urgestein von Asphyx sehen zu können, in dem seit einiger Zeit Desaster Drummer Stefan Hüskens trommelte. Diese Meinung vertraten nicht nur die Martin van Druunen Fans, der schon einige sympathische Ansagen im Soundcheck ans Volk richtete. Geboten wurde erwartungsgemäß eine amtliche Show mit einem Sound, der die Fans von unten bei den Eiern packte. "Oberhausen wie gehts? Es spielen noch Sodom und At The Gates, ihr werdet nachher kaputt sein, das verspreche ich Euch!" tönte Martin mit Stauder-Pulle in der Linken in ihrem letzten Gig des Jahres, wie bei so vielen Bands heute der 2015er Finalgig anstand. Weiter kündigte er für 2016 ein neues Album mit dem Befehl die Arme zu zeigen an. Oberhausen gehorchte. "Last One On Earth" sollte das letzte Stück sein. Leider war Martins Stimme nicht ganz so fett wie sonst. Bose Zungen behaupteten, weil er viel zu nüchtern gewesen sein soll…
Als pinkes Einhorn erschienene Besucher und andere Verkleidete, die man in diesem Aufzug eher dem Wacken Publikum zurechnete und denen man attestierte, nicht in erster Linie wegen der Musik hier zu sein, dürften die Gäste gewesen sein, die mit der nächsten Band sehr glücklich geworden sind. Denn ganz offensichtlich waren Alestorm heute für den Fun-Faktor zuständig, zumal sie sich ähnlich lustig kleideten und dazu noch ein pinkfarbenes Backdrop aufhingen. Als wäre das noch nicht genug, zogen sie süße Melodien aus gleich zwei Keyboards. Allerdings konnten sie auch noch eine Menge mehr, denn immerhin war noch eine Gitarre dabei, einen Teil der Anwesenden zum Zappeln zu bringen. Welcher Teil das war kann man leicht erahnen, denn ein Großteil der Kuttenträger traf der Verfasser dieser Zeilen zu dieser Zeit zwischen Händler- und Fressmeile.
Es war kurz nach zehn und Schalke führte 2:0 im Freitagsspiel. Beste Voraussetzungen für eine Sodom Show! Die erwischte einen großartigen Start mit "Witching Metal" und "Outbreak Of Evil". Sie wollten nur Songs bis 1990 spielen. Dazu habe man im Keller ein passend altes Backdrop gefunden, das zwar wie Scheiße stinken würde, aber geil aussieht, sagte Tom der Turbinenhalle. Nach "Sodomy And Lust" folgte nicht ganz ohne Stolz seine Ansage, dass Sodom 2016 auf dem Rock Hard Festival spielen werden. Da verkam die Bemerkung von Schalkes 3:1 Sieg zur Randnotiz. "Christ Passion" zog Sodom-Rufe nach sich, und zu "Nuclear Winter" und "Bombenhagel" musste die Security einige Crowdsurfer abfischen. "Agent Orange" sollte für den Rest des Abends in deutlicher Erinnerung bleiben, denn an den Bühnenrändern qualmten rote Rauchbomben mit markanterem Schwefelgeruch, als es der jüngere Ruhrpottler heute noch aus seiner Region kennt. Es bildete sich ein Moshpit, der zu "Ausgebombt" noch größer wurde. Dann folgte noch "The Saw Is The Law" und Schluss.
At The Gates war der Headliner des heutigen Tages und es gab reichlich Geschiebe im Fotograben. Besonders durch grobmotorische Fotografen mit Rucksack und Umhängetaschen, die man hier den ganzen Tag noch nicht sah. Es war anzuzweifeln, ob diese überhaupt wussten, wen sie da grad fotografierten. Nachdem die Death Metaller aus Göteborg im Jahre 2007 wieder zusammenfanden, haben sie ihren Status erkämpfen müssen und waren längst nicht auf allen Festivals der Top-Act. Mit bewegungsreichem Acting kamen die Schweden sehr gut rüber. Auf dem Festival trugen viele Shirts von Edge Of Sanity, so auch der kappetragende Shouter Tomas Lindberg, der viel mit Gestikulationen arbeitete. Man haute ein dickes Brett bei üppigen Soundverhältnissen runter und überzeugte als Finalband komplett. Nur die Gitarren hätten noch etwas lauter sein können. Leider nahm man in der Turbinenhalle restliche Getränkebons nicht wieder zurück, das gefiel den Metallern weniger. Vielleicht trug der Schwefelgeruch, der nach der Rauchbombe von "Agent Orange" noch immer in der Halle stand, zu dieser gastunfreundlichen Schnapsidee der verantwortlichen Gemüter bei. (Joxe Schaefer).
Tag 2: Gloryful, Air Raid, Beyond The Black, Dr. Livingdead!, Armored Saint, Primordial, Hammerfall, Accept.
Get ready for some decent Swedish Steel! Nach technischen Startschwierigkeiten bretterten Air Raid mit einigen Minuten Verzögerung los. Während das Publikum entweder noch zu verkatert oder noch nicht betrunken genug war, um sich wirklich mitreißen zu lassen, zockten sich die Schweden im gestreckten Galopp durchs Set. Mit Songs wie „Wildfire“, „Madness“ und „Midnight Burner“ breitete sich ein Klangteppich von fröhlich vor sich hin schrubbenden Gitarren aus, in den sich Sänger Arthur W. Andersson harmonisch einfügte. Zweistimmige Gitarrenläufe à la Judas Priest und Co. sorgten für einen traditionellen Sound, der Fans von Enforcer oder Skull Fist durchaus zusagen dürfte. Einziger Wermutstropfen: Mitten im letzten Song wurde nach nur 20 Minuten Spielzeit der Strom abgedreht - schade auch für Gitarrist Magnus Mild, der als Nachfolger des Gründungsmitglieds Johan Karlsson heute sein Debüt gab.
Es folgte eine Band, die polarisierte: Mit Beyond The Black aus Mannheim, die Anfang des Jahres ihr Debüt „Songs Of Love And Death“ veröffentlicht haben, folgten denkwürdige 45 Minuten. Von meiner Eingangshypothese, dass eine Band, die sich scheinbar nach einem Metal Church Song benannt hat, gar nicht schlecht sein kann, musste ich mich nach den ersten paar Takten verabschieden: Zugegeben, Sängerin Jenni Haben sieht nicht nur ziemlich gut aus, sondern lieferte auch eine solide Performance als Frontfrau ab - was auch erklärte, dass die Turbinenhalle zu diesem Zeitpunkt schon deutlich gefüllter und das Publikum wesentlich kommunikativer war. Ob die Welt allerdings eine weitere „Seid ihr gut drauf“-Band braucht, sei mal dahingestellt. Beim Rückzug tat sich vor mir - Klischee olé - ein Battalion Wacken-T-Shirts auf, während sich hinter mir mit Songs wie „Drowning In Darkness“ und „In The Shadows“ eine episch-symphonische Soundwand aufbaute. Originell war das allerdings kein Stück: Was nicht von Within Temptation gemopst war, steuerten Nightwish und Sabaton bei, was wiederum dazu führte, dass sich die Melodien direkt im Gehör festklebten - ob ich wollte oder nicht. Unwillkürlich fing mein Fuß an mitzuwippen, und während ich mich noch fragte, ob es meinem Ruf schadet, wenn das jemand sieht, summte ich auch schon den Refrain von „Running To The Edge“ mit. Ups.
Für die moralische Wiederinstandsetzung sorgten Dr. Livingdead!, die sich wirbelwindartig durchs Set wemsten. Ihr Hardcore/Punk/Crossover-Sound war zwar weniger massentauglich als der der Vorgänger, sodass sich die Halle zusehends leerte; das verbliebene Publikum hatte jedoch seinen Spaß. Zugegeben, auch die Stockholmer glänzten nicht gerade durch Originalität - aber mit Anleihen bei Excel oder Suicidal Tendencies gewannen sie deutlich mehr meine Gunst.
Während ich mich noch fragte, was gerade passiert war, eröffneten auch schon Armored Saint mit „Win Hands Down“, dem Titeltrack ihres im Mai erschienenen Albums, ihr Set, und legten mit „March Of The Saint“ direkt den nächsten Kracher nach. Ein sichtlich gut gelaunter John Bush, der nach eigener Aussage stimmlich in der Bestform seines Lebens sei, wurde dafür mit der bisher besten Publikumsmitarbeit des Abends belohnt. Mit bemerkenswerter Lässigkeit, die sich angenehm von der durchgestylten Optik der anderen Bands des Festivals abhob, zockelten die Kalifornier durch ihre viel zu kurzen 45 Minuten. Profis unter sich halt. Sauber!
Gänsehaut war angesagt beim düsteren, atmosphärischen Sound der Iren Primordial, die es fertig brachten, zugleich hochemotional, tiefmelancholisch und trotzdem völlig klischeefrei zu klingen. Im Mittelpunkt stand wie immer Frontmann Alan Averill, der mit seiner charismatischen, intensiven Präsenz den Zuschauer völlig aus dem Hier und Jetzt entriss. Schon beim Opener „Where Greater Men Have Fallen“ wurde deutlich: Der meinte jede Silbe genauso, wie er sie sang. Nach „No Grave Deep Enough“, „The Coffin Ships“ und „Empire Falls“ war der Zauber mit viel Drama und wenig Stereotyp auch schon wieder vorbei - authentischer gings nicht!
Klischee as Klischee can gab es mit Hammerfall, die mit einem überdimensionierten, dreiseitigen Backdrop und durchgestyltem Bühnenaufbau aufwarteten. Mit viel Pathos ritten die Schweden durch Klassiker wie „Let The Hammer Fall“ (mit obligatorischem Gitarrenwechsel von Oscar Dronjak), das episch stampfende „Last Man Standing“, „Any Means Necessary“ und „Hammerfall“. Die jetzt bis in den letzten Winkel gefüllte Turbinenhalle zeigte sich gut bei Stimme, und ein Meer mitklatschender Hände legte die Vermutung nahe, dass es sich bei Hammerfall um den eigentlichen Headliner handelte. Durch die gut gelaunte und energiegeladene Performance der Skandinavier sprang der Funke schnell über, und spätestens beim kultigen „Hearts On Fire“ bekam auch ich nicht mehr das Grinsen aus dem Gesicht. Chapeau, meine Herren!
Als letzte Band rockten Accept die Bühne. Souverän und heavy rifften sich die Solinger durch aktuelle Songs ihres neuesten Langspielers "Blind Rage", während der eine Teil des Publikums schon schlief und der andere Teil zur letzten Bahn aufbrach. Als ich mich selbst dabei ertappte, zum wiederholten Male auf die Uhr zu schauen, rüttelte mich ein tight gezocktes „Princess Of The Dawn“ wach, was vom Publikum mit entsprechender Reaktion belohnt wurde. Auf der Zielgeraden ging dann doch noch so einiges: Mit „Fast As A Shark“, „Metal Heart“, „Teutonic Terror“, „Son Of A Bitch“ und „Balls To The Wall“ schmetterten Accept einen Klassiker nach dem anderen in die Runde und holten noch raus, was um diese Uhrzeit eben noch rauszuholen war. Ein guter Abschluss für ein großartiges Festival! (Juli Dienemann).