Kleine spleenige Indoor-Festivals a la Hell Over Hammaburg oder das Hammer Of Doom bekommen langsam Hochkonjunktur, nur hat das Ruhrgebiet anscheinend noch nicht viel davon mitbekommen. Mit dem Leafmeal-Festival soll nun Abhilfe geschaffen werden. Mit dem altehrwürdigen FZW wurde auch schon gleich eine ansprechende Location in Bahnhofsnähe gefunden. Allerdings sind zwölf Bands an einem Freitag mit einem Preis von ca. 45 Euro schon ein Happen, den sicherlich nicht jeder zu stemmen bereit ist. Auffällig auch der enge Zeitplan und die zeitlichen Überschneidungen bei allen Bands, so dass man ja schon fast gezwungen war, einiges zu verpassen. Warum man für ein Erst-Testlauf nicht ein etwas abgespecktes Programm aufgestellt hat, blieb allerdings unbeantwortet. Dafür war das Billing wunderbar bunt gemischt mit einem Spagat von Death Metal über Retrorock bis hin zu progressiven und postrockigen Gefilden.
In der kleinen Halle spielten Chapel Of Disease zum Tanztee auf, der Laden war ordentlich gefüllt, die Jungs aus Köln zockten ihren mit Classic-Rock und Psychedelic-Anleihen angereicherten Death Metal routiniert, aber mit reichlich Spielfreude aufgebockt runter und konnten das bunte Publikum begeistern. Der Sound war zwar noch nicht optimal, da der Bass ziemlich stark am bröseln war, aber Bühnenshow, Ausstrahlung und Licht machten das kleine Manko wieder wett.
Bombus verspäten sich, also mussten `77 die große Halle des FZW eröffnen, und die war fast erwartungsgemäß total leer und bot eher ein trauriges , trostloses Bild. Die Spanier ließen sich dadurch allerdings nicht beeindrucken, sondern rockten ihren AC/DC-Sound mit ihrer üblichen Spielfreude herunter und gaben Gas, was das Zeug hielt. Die beiden neuen an der Rhythmus-Fraktion waren inzwischen völlig integriert und gaben `77 ein mächtiges Fundament, auf dem die Valeta-Brüder ihr akrobatisches Bühnenprogramm abzogen.
Huch, irgendwie hatte ich das Schweden Trio Kamchatka eher in der gemächlichen Bluesrock Ecke abgestellt, aber die Jungs rockten was das Zeuch hielt und vermieden dabei, in die üblichen Stonerrock Fallen zu tappen. Das Trio gab Gas, rockte wie Sau und kam mit seinem Power-Sound eher für Freunde von Clutch und Konsorten in Frage. Das hin-und-her Gelaufe und kaum eine Band mal in Ruhe angucken war nicht gerade ideal, dazu sorgten Umbau-Pausen und Verspätungen für Verschiebungen im kompletten Zeitplan.
Von Bombus bekam ich leider nur drei Songs mit. Der Göteborg-Vierer hinterließ aber mit seinem metallischen Power-Hardrock richtig Eindruck. Richtig viel Bühnenaction war am Start, die Jungs sangen teilweise zu dritt und auch ansonsten war einiges los auf der Bühne. Wow, Musik zum Gaspedal durchtreten. Richtig geil.
Mein heimlicher Headliner, Hexvessel aus Finnland, die mit ihrem kauzigen Doom-Folk eher den Spinnern unter denen im Publikum gefiel, zog mich danach total in den Bann. Austrahlung, enstpannte, leicht bekiffte Atmosphäre und tolle Songs brachten einfach alles mit, um mal kurz runter zu kommen. Irgendwie interessant, dass die Jungs, die mit ihrem Sound eher bei Woven Hand oder Arebouretum verortet waren, auch wiederholt bei metallischem Publikum punkten konnte. Sehr schön!
Schnell zum T-Shirt-Stand, Merch einsacken und feststellen, das ich Zodiac verpasste – naja, da die letzten Konzerte der Jungs eher mäßig und ziemlich lahm waren, machte mich das jetzt nicht ganz so traurig. Dann mal schnell auf zur Abrissparty bei den Yog-Sothoth Cvlthisten von Sulphur Aeon, die ich nun endlich mal mit einem anständigen Sound zu Gesicht bekomme. Die wüst-düsteren Gitarren-Orkane fegten durch die kleine Halle und ließen bei den Jüngern keine Wünsche offen. Inzwischen war der NRW-Vierer absolut top eingespielt und gehörte ganz sicher zu den europäischen Death Metal Top-Adressen. Wer das aktuelle Album "Gateway To The Antisphere" immer noch nicht sein eigen nennt, der sollte das schleunigst nachholen, bevor Cthulhu ihn holen kommt. Ia Fhtagn!
Und weiter im Marathon. Wer jetzt dachte, dass nach Sulphur Aeon ein wenig die Luft raus war, der hatte seine Rechnung ohne die schwedischen Live-Kanoniere Dead Lord gemacht. Mit unbändiger Spielfreude, guter Laune und einer amtlichen Salve an Hits fegte der Stockholm-Vierer durch die inzwischen ordentlich gefüllte, große Halle. Wer bei dem Sound der Jungs nicht automatisch eine höhere Schlagzahl an Bier verinnerlichte und kein selig-debiles Grinsen im Gesicht hatte, konnte schlicht und einfach kein Herz und keine Eier am Start haben. Gut, inzwischen sollte auch der letzte mitbekommen haben, dass "Hammer To The Heart" ein veritabler Hit war. Period!
Irgendwie gingen Disillusion unten in der kleinen Halle danach völlig an mir vorbei. Der der Sound war mäßig, die Atmosphäre kam nicht rüber, was ich so auch von vielen anderen bestätigt bekam, die mit dem Sound der Band aus Leipzig etwas vertrauter waren als ich. Nach der Dead Lord Party kam der Sound natürlich auch etwas sehr verkopft rüber. Trotzdem sollte ich wohl mal in die Scheiben der Jungs reinhören, ganz uninteressant klang das ja dann auch trotzdem nicht.
Dass Crippled Black Phoenix eine beeindruckende Live-Band waren, hatte die britische Mannschaft um Justin Greaves oft genug bewiesen und die große Halle war inzwischen ordentlich gefüllt, um mit den psychedelisch angehauchten Endzeitballaden betört zu werden. Balladen allerdings, die sicherlich nicht nur einmal ein Pink Floyd Bad mit punkiger Seife genommen hatten. Die Band besaß Ausstrahlung, Hits und auch reichlich Spaß auf der Bühne, leider machte der Sound nicht immer so mit, manch eine Feinheit ging dann leider im Matsch ein wenig unter. Mit Burnt Reynolds wurde wie üblich der Gig beendet, auch wenn der Singalong-Part am Ende sehr, sehr kurz ausfiel.
Die Stockholmer Sorcerer haben schon auf dem Hammer Of Doom bewiesen, dass sie eine großartige Liveband mit knackigen Doom-Epen waren, die zwar nicht sonderlich originell waren, aber den Candlemass-Spirit der alten Tage perfekt transportierten. Auch das FZW wurde ordentlich abgedoomt, wobei wieder einmal deutlich wurde, dass "In The Shadow Of The Inverted Cross" ein bockstarkes Album geworden war. Nicht wenige Fans waren schwer begeistert und berichteten in Superlativen.
Ganz ehrlich, ich fand eigentlich immer, dass Long Distance Calling eine ganz furchtbar langweilige und fürchterbar vorhersehbare Liveband waren. Hier auf dem Leafmeal belehrten sie mich aber buddhaseidank eines Besseren. Die Soundtrack-artigen Songs, eine geile Lichtshow und der gute Sound gaben dem Leafmeal-Festival einen würdigen Abschluss, Langeweile kam nicht auf, auch waren keine Längen in den Songs zu verorten, obwohl die Münsteraner ohne Sänger Martin Fischer antraten und deshalb Songs nur aus dem instrumentalen Fundus der Band bestanden. Die Band hatte Bock und schaffte es, dass Ihre Spielfreude auch auf Publikum überschwappte. Chapeau! Fazit: Ein tolles Festival mit einem Genrekonventionen sprengenden Line-up. Dass der enge Zeitplan nicht eingehalten werden konnte, war irgendwie klar. Dass man dadurch einige Bands teilweise oder komplett verpassen MUSSTE, war natürlich schade. Ein etwas entzerrteres Billing, vielleicht weniger Bands und dadurch ein Eintrittspreis bei 30 Euro hätte den Laden vermutlich voller gemacht. Aber genug der Meckerei, hoffentlich machen die Mädels und Jungs der Orga-Truppe weiter und präsentieren uns bald einen neuen Stilblüten-Mix. Ich würde wieder hingehen!