Am 10. Oktober 2015 ging das Fantreffen „Ashcon" der britischen Progressive Rocker Wishbone Ash in die nächste Runde. Diesmal machte es Station in Chesterfield. Für mich war es ein ganz besonderes Erlebnis, da ich als Roadie für eine der auftretenden Bands dabei sein durfte. Das Line-up bestand hauptsächlich aus Cover Acts der Headliner Wishbone Ash, sowie deren Auftritt als Höhepunkt am Samstagabend.
Wishclone Ish: Eine britisch-niederländische Coverband, welche in dieser Konstellation das erste Mal zusammen auftraten und vorher noch nie zusammen gespielt hatten. Unter diesem Aspekt lieferten sie einen sehr akzeptablen Auftritt ab, auch wenn die Stimme des Hauptsängers doch manchmal ein wenig schwächelte. Große Pluspunkte sammelte die Gruppe für mich persönlich durch die Aufnahme meines Lieblingssongs „Handy“ vom Debütalbum „Wishbone Ash“ aus dem Jahre 1970. Ein insgesamt doch sehr netter Auftritt.
AshBone: Meiner Meinung nach sind die fünf Kieler die beste bisher gesehene Coverband, was vielleicht daran liegen mag, dass ich diese wie schon erwähnt als Roadie begleitete. Kurz vor Spielbeginn drückte ein Konflikt mit dem Veranstalter die Spielfreude doch ganz erheblich, da man uns versuchte zu erklären, dass „AshBone“ als Vorband samt mir, als Roadie, allen ernstes für den Headliner am Abend extra Tickets kaufen sollten. Uns allen klappte die Kinnlade herunter und mit einem Mal war die Vorfreude doch irgendwie völlig verflogen: Die in Deutschland bei kleinen Livebands so verhasste „Pay To Play“ Masche, mit der sich Veranstalter immer noch dreist um Gagen drücken, sollte uns nun auch bis hierher verfolgt haben? Nachdem sich der Schlagzeuger den Manager beiseite genommen und ihm erklärt hatte, dass wir allein durch Anreise und Aufenthalt schon genug Kosten hätten, gab dieser nach und war bereit, uns Tickets zu stellen. Dies besänftigte uns dann ein wenig und so starteten AshBone wie geplant ihren Gig am frühen Nachmittag. Mit dem ersten Song „Living Proof“ hatten sie das englische Publikum für sich erobert und ernteten Song für Song immer mehr Applaus. Den Höhepunkt bildete am Ende der von Wishbone Ash so selten live gespielte Song „Phoenix“, bei welchem die Zuhörer nicht mehr zu halten waren. Unzählige Lobeshymnen und Nachfragen, ob man denn nächstes Jahr wieder dabei wäre, bestätigten meinen Eindruck.
Ben Granfelt: Der ehemalige Wishbone Ash Gitarrist war auf Wunsch von Bandleader und letztem Gründungsmitlgied Andy Powell nach Chesterfield gekommen und lieferte ein Akustikset der Extraklasse ab. Hier zeigte sich deutlich, was mehrere Jahrzehnte professioneller Musik bewirken. Gekonnt und souverän schaffte er es, vom ersten Song an, die Fans zu begeistern und eine irre Atmosphäre zu erzeugen. Seine Ehefrau, die er für einige Songs auf die Bühne holte, trug ihr übriges zum Gelingen des Gigs bei. Erwähnt werden musste natürlich auch der Song „Faith, Hope & Love“, dem bekanntesten Wishbone Ash Song aus der Feder Granfelts, welcher aufgrund seiner Anwesenheit von allen Bands gespielt wurde und somit zum Titel des Wochenendes wurde.
Laurence Jones & Band: Jeder, der meint, guter Blues Rock sei ausgestorben, wurde an diesem Abend eines besseren belehrt. Der von Wishbone Ash eigens ausgewählte Supportact Laurence Jones lieferte mit seinem Gig den Beweis für die Lebendigkeit des Blues ab. Der junge Brite verstand es hervorragend, den vollen Konzertsaal mitzureißen. „Klassische“ Bluessongs und solche, bei denen die Wurzeln des Heavy Metal mehr als deutlich sichtbar wurden, hielten sich die Waage. An Experimentierfreudigkeit mangelte es ebenfalls nicht. Ausgedehnte Solopartien wurden mit einer grandiosen Spielfreude ausgeführt. Besonders begeisternd war für mich eine Einlage, bei der die Band zunächst immer leiser wurde, bis Gitarrist und Bassist ihre Verstärker komplett ausgeschalteten und der Schlagzeuger nur noch auf dem Oberschenkel trommelte, was in der ersten Reihe einen unglaublichen Effekt auslöste. Die hierdurch entstehende Spannung war großartig. Aufgelöst wurde sie erfreulicherweise dann auch nicht überraschend, sondern so, dass sich das Publikum darauf vorbereiten konnte, was auch mit einem freundlichen Applaus quittiert wurde. Am Ende seines Sets wurden mehrere Zugaben gefordert, welche er bereitwillig spielte. Insgesamt habe ich selten einen Blues Musiker so feurig über die Bühne toben sehen wie diesen sehr viel versprechenden Nachwuchskünstler.
Wishbone Ash: Nun, endlich war es Zeit für den Headliner des Wochenendes. Die Meister der Twin Leadguitars waren nun endlich an der Reihe. Viele Fans trauern noch immer der Zeit der Originalbesetzung hinterher, in der Andy Powell gemeinsam mit Martin und Ted Turner sowie Schlagzeuger Steve Upton zusammenspielten. Ich hingegen sehe die häufigen Wechsel und die damit verbundene Verjüngung der Band durchweg positiv. Das aktuelle Line-up lieferte einen absolut überzeugenden Auftritt ab, welcher nicht nur bei mir einen bleibenden Eindruck hinterließ. Die Setlist, bestehend aus Klassikern wie „The King Will Come“ oder „Blowing Free“ und neuen Songs wie „Blue Horizon“ des neuesten gleichnamigen Albums, sorgte für ein abwechslungsreiches und gemischtes Programm, welches durch die Gastauftritte von Ben Granfelt bei „seinem“ Song „Faith, Hope & Love“ und Laurence Jones eine zusätzliche Qualität bekam. Die Bühnenpräsenz der Band war ebenfalls überraschend mitreißend und auch der bereits ein wenig in die Jahre gekommene Andy Powell ging bei jedem Song mit vollem Einsatz mit.
Fazit: Die Wishbone Ash Convention ist ein Ereignis, welches jedem Fan nur wärmstens ans Herz gelegt werden kann. Spannend war auch die Erfahrung, welch lebendige Livemusik Kultur auf der Insel im Gegensatz zu Deutschland herrscht. Die Briten machen uns da einiges vor, wovon sich die Veranstalter und Besitzer kleinerer Musikclubs oder Kneipen sich ne ordentliche Scheibe von abschneiden können.