MOTÖRHEAD, SAXON, GIRLSCHOOL

Düsseldorf, Mitsubishi-Electric-Halle, 17.11.2015

Was ein Hammer-Billing! Alle drei Bands haben bis in die Siebziger zurückreichende Wurzeln. Der Verfasser dieser Zeilen erinnert sich noch an das Jahr 1992, als Motörhead und Saxon zusammen auf der "Bombers And Eagles Tour" in der Halle Münsterland spielten, und das für 44,- DM. Für heutige Verhältnisse konnte man sich bei dem Billing aber über rund 50 Euro auch nicht beschweren, denn es spielten nicht nur zwei Bands der New Wave Of British Heavy Metal im Vorprogramm, sondern beide genießen sonst Headlinerstatus.

girlschoolGirlschool waren derzeit live sehr aktiv, und das mit 75% ihres Original Line-ups aus dem Gründungsjahr 1978. "C'mon Lets Go" war der längst erprobte Opener, der auch heute tadellos funktionierte. Danach wurde für den vor vier Tagen verstorbenen Philthy Taylor, ex-Motörhead Drummer, das neue und super temporeiche "Take It Like A Band" gewidmet, bevor Basserin Enid, ebenfalls vom neuen Album "Guilty As Sin", den Gesang für "Come The Revolution" übernahm. Zwischen den Lichttraversen unter der Hallendecke war schon der Bomber zu erkennen, der noch still und unbeleuchtet auf seinen Einsatz beim Headliner wartete. Mit den Klassikern "Future Flash", "Screaming Blue Murder", "Race With The Devil" und "Emergency" beendeten die vier Damen nach dreißig kurzweiligen Minuten ihren Set.

 

saxonEine kurze Umbaupause reichte bei den wenigen überfüllten Ständen kaum zum Bierholen, dann betrat schon die nächste Band die Bühne. Saxon waren bekannt dafür, keine kurzen Auftritte hinzulegen; sie spielten immer so lange sie durften. Dass sie im Vorprogramm von Motörhead keine zwei Stunden zocken werden und dass sie noch Songs vom aktuellen Album "Battering Ram" unterbringen würden, war jedem vorher klar. Also gings gleich mit dem Titeltrack ihres neuen Albums "Battering Ram" in die Vollen, gefolgt von den Klassikern Motorcycle Man" und "Sacrifice". Bevor sich Shouter Biff vor "Power And The Glory" bei Motörhead für die Einladung bedankte, spielte man mit "The Devil's Footprints" noch ein neues Stück, und mit "Queen Of Hearts" schon den dritten Song vom neuen Album. Zum unverzichtbaren "Crusader" machte Biff erst seinen Mantel auf, während es dem Verfasser dieser Zeilen bloß im Shirt schon lange zu warm war. Dann "Heavy Metal Thunder", Rauchsäulen. Dann "20.000 Feet", Rauchsäulen. Und danach noch den 1981er Song, dessen Singlecover eine Dampflok zeigte, "Princess Of The Night". Hammer, wann hat man live diese drei alten Tempokracher schon mal nacheinander bekommen? Basser Nibbs schraubte sich jedenfalls die Rübe ab. "Wheels Of Steel" und "Denim And Leather" beendeten nach sechzig Minuten einen kurzen, aber intensiven Saxon-Gig.

 

motörheadZuletzt berichteten wir vom Motörhead Auftritt im November 2014, der ebenfalls in dieser Halle stattfand. Inzwischen erschien ihr neues Album "Bad Magic" und Lemmy ließ trotz noch immer angeschlagener Gesundheit nicht locker, sondern trat weiter live auf.  Er lebt für die Bühne und auf der Bühne. Würde er sich gegen Auftritte entscheiden, machte ihn das sehr unglücklich. Obwohl er nun öfters nach ein paar Songs den Auftritt abbrach, zog er weiter Konzerte und Tourneen durch. So auch den heutigen Abend, der mit "Bomber", "Stay Clean" und "Metropolis" einen klassischen Start bekam. "When The Sky Comes Looking For You" vom aktuellen  Bad Magic überraschte, "Over The Top" danach weniger. Lemmy war heute gute aufgelegt, wesentlich besser als noch vor einem Jahr, und machte Scherze mit Gitarrist Phil. Dessen Gitarrensolo ging über in "The Chase Is Better Than The Catch", ein Fave vieler Fans, bevor "Lost Woman Blues" vom Vorgängeralbum "Aftershock" und "Rock It" von "Another Perfect Day" gebracht wurde. "Orgasmatron" war ein weiteres Fave der Fans, in dem man aber deutlich bemerken konnte, dass Lemmy weniger seine roughe Stimme bemühte. In "Dr. Rock" brachte Drummer Mikkey Dee ein längeres Solo als gewohnt unter, bevor "Just 'Cos You Got The Power" mit ausführlicher Ansage von Lemmy und "No Class" gezockt wurden. "Ace Of Spades" sollte der letzte Song sein; er wurde ex-Drummer Phil Animal Taylor gewidmet. Für die erste Zugabe erschien Mikkey mit einer Akustikgitarre und spielte mit basslosem, aber Mundharmonika spielenden Lemmy den "Whorehouse Blues", der sodann die Band vorstellte und den definitiv letzten Song ansagte. Welchen Wert solche Ansagen haben motörhead… wenn man bei Motörhead eh damit rechnet, dass jede Show die letzte sein könnte: "Don't Forget Us, We Are Motörhead And We Play Rock 'n' Roll!" Pause ... Riesenapplaus ... "Overkill".

Als die Band die Bühne verlassen hatte und das Geräusch der Rückkopplung langsam verhallte, senkte sich der Bomber, bezugnehmend auf die jüngsten Attentate in Paris mit Frankreich Flagge im Cockpit, noch einmal mit seinem Bug aus der Hallendecke, als würde er sich vor dem Publikum verneigen …



Autor: Joxe Schaefer - Pics: Joxe Schaefer