EPICA, ELUVEITIE, SCAR SYMMETRY

Oberhausen, Turbinenhalle 2, 27.10.2015

2015 war das Jahr von Epica. Sie tourten und tourten und promoteten ihren Opus aus 2014, als gäbe kein Morgen mehr. Erstmalig sah ich sie 2015 auf dem zweiten Teil ihrer The Quantum Enigma Mitte Januar in Bochum. Danach nahmen sie nahezu alle Open Airs mit Rang und Namen mit und waren u. a. beim Rock im Revier in Gelsenkirchen, auf dem Rockharz und auf dem Wacken Open Air. Nun, zum Start ihrer The Ultima Enigma Tour, gastierten die Niederländer in der "hinteren" Turbinenhalle in Oberhausen mit einem Fassungsvermögen von rund 1800 Zuschauern. Selbige war heute mit 700 bis 800 zahlenden Gästen gefüllt. Im Schlepptau die Schweden Scar Symmetry und als "Very Special Guest" die Schweizer Eluveitie.

scar symmetryScar Symmetry sind eine schwedische Melodic-Death-Metal-Band, die 2004 gegründet wurden und bereits sechs Longplayer am Start haben. Stilistisch kann man sie am ehesten mit Soilwork, In Flames oder auch Dark Tranquillity vergleichen. Seit ihrem zweiten Werk "Pitch Black Progress" aus 2006, von dem "The Illusionist" stammte und am Ende der heutigen Setlist stand, sind sie bei Nuclear Blast unter Vertrag. Das kurze, nur rund 25minütige Set, eröffnete mit "The Iconoclast". Schnell wurde dann "The Anomaly", "Chaosweaver" und das fette "Mind Machine" nachgelegt. Mir gefiel der Wechsel aus cleanen Gesangslinien und fetten Growls, gespickt mit wirklichen klasse Leadgitarren, wie z. B. bei "Morphogenesis", richtig gut. Zunächst dachte ich, dass der in Front agierende blonde, bullig rüberkommende Gitarrist Robert Karlsson nur die klaren Gesangslinien drauf hat und der mehr am rechten Rand agierende, dunkel haarige Lars Palmqvist nur den gutturalen Hintergrundgesang einwarf. Doch weit gefehlt. Die Sänger wechselten mit ihren Vocals hin und her und beide zeichneten sich durch wirklich gute Stimmen aus. Auch wenn der Sound sicher nicht optimal war, böse Zungen sprachen gar von einem fehlenden Soundcheck, und das Publikum nur bedingt etwas mit harten Melodien anfangen konnte, knallten die Songs echt gut rein und zeigten einen steten Groove. Mit "Neuromancers", dem sechsten und vorletzten Track, dürfte damit auch die Setlist komplett gelistet sein.

 

eluveitieUm 19:45 Uhr war dann Zeit für Eluveitie. Als Support hätte ich heute mit einem etwa dreiviertelstündigen Auftritt gerechnet. Doch weit gefehlt. Rund 80 Minuten wurde den Schweizern heute gegönnt und ich muss sogar konstatieren, noch im Gegensatz zum Rockharz, wo mir die Band stilistisch nur bedingt zusagte, ich fand ihren Mix aus Folk, Pagan, Mittelalter und auch ein bisschen Thrash da noch irgendwie ziemlich chaotisch, genoss ich heute fast jede Minute. Das mag auch daran liegen, dass die Band heute bei einem tollen Sound, wirklich klasse Licht und richtig gut abgehenden Fans klasse abgefeiert wurde, es mit "Alesia" und "Inis Mona" inklusive Aufforderung zum Circle Pit tolle Zugaben gab und beim heutigen Set Anna Murphy, die normalerweise fast ausschließlich die Drehleier bedient, sehr viel mehr Gesangparts eingeräumt wurden. Leider trat damit die attraktivere Violinistin Nicole Ansperger merklich in den Hintergrund. Nach dem Einstieg über das Instrumental "Origins" gab es mit "King", "Nil", "Thousandfold", "AnDro" und "Slanias Song" erst einmal den typischen Eluveitie-Folk mit fetten Rhythmen und Growls von Tausendsassa "Chrigel" (Christian Glanzmann). Der Kerl war echt ein Phänomen, neben dem fetten, gutturalen Gesang, bediente er so ganz nebenbei noch aller Art von Flöten, Harfen und spielte dazu noch eine tolle Akustikgitarre. Mit "Omnos" begann nun die Zeit von Anna. Nachdem sie sich auf ihre etwas schüchterne, ja fast kindliche Art ganz lieb bei den Fans bedankt hatte, erklang nun ihre helle Stimme in einem tollen Lichtermeer aus roten Strahlern. Dann lästerte sie über das abgefuckte Deutsch der Schweizer und kündigte "De Ruef Vo De Bärge / The Call Of The Mountains" an, das im nachfolgenden dann im "Schwizerdütsch" mit Unterstützung des Publikums, hier allerdings einem vereinfachten "Hey joh, Hey joh", vorgetragen wurde. Der Song kam sehr ruhig und gleichsam auch sehr hymnisch daher. In der Setlist folgten dann u. a. "From Darkness", "Brictom" oder auch "Scorched Earth" mit nochmalig Anna an den Vocals. Es schloss sich einer kurzer Umbau der Bühne an und was nun folgte, war ein wirklich tolles Akustikset mit Gitarre, Flöte und Violine, u. a. dargeboten in einem kurzen Prolog, zwei traditionellen Sets sowie in den Songs "Hope", "Carnutian Forest" und "Memento" im Gewand der keltischen Folklore, die nach Aussage von Christian die wahre Seele von Eluveitie wiederspiegelte. Toll, bewegend und gleichsam faszinierend.

 

epicaFemale fronted Symphonic Metal in Perfektion mit druckvollem Bombastsound einer immer wieder absolut überzeugenden Lightshow durch zügig wechselnde Spots, im Hintergrund angebrachter Lichtleisten sowie pointiert eingesetzter, fetter Nebelwolken, einer toller Stimme der Sopranistin Simone Simons und engelsgleicher, langer roter Haare, die zu Fotostudien mal beim Open Air im Wind oder auf der Bühne in künstlich erzeugten Luftturbulenzen und Nebelschwaden einladen, sowie fetten Growls des obergenialen Gitarristen Mark Jansen. Das sind Epica, die auch heute mit dem Intro "Originem" mit fetten Synthesizern / Keyboards und dann eingespielten Chören einstiegen und dann das kraftvolle "The Second Stone" mit hier schon Growls nachlegten. Mit "The Essence Of Silence" und dem späteren "Unchain Utopia", als Teil der Zugabe, gab es noch weitere Songs vom letzten Album "The Quantum Enigma". Obergenial auch der zweite Gitarrist Isaac Delahaye, der sich vornehmlich rechts aufhielt und der klasse Basser Rob van der Loo, mit wild umher bangender Mähne. Wie auch bei den anderen Shows war das Drumkit für Arien van Weesenbeek, dem man zwischen "Cry For The Moon" und "Storm The Sorrow" sein Solo zugestand, hinten rechts aufgebaut und das Keyboard, mit normalerweise Coen Janssen an den Tasten auf der linken Seite postiert. Ein Wort noch zum Keyboarder, der aufgrund der Erkrankung seiner Frau Linda (und der wir an dieser Stelle alles Gute und eine möglichst schnelle Genesung wünschen), an diesem Teil der Tour nicht teilnehmen konnte und durch Ruben Wijga von Revamp ersetzt wurde. Zwischen den beiden Arrangements befand sich eine Art Steg, auf dem Simone dann während ruhigerer Parts im dann klasse umwabernden Nebel, leider im fotografisch kaum zu fassenden Rotlicht, wandelte. In "The Obsessive Devotion" ging es natürlich um die Liebe, wie die Sängerin versprach. Ganz stark wurde dann "Victims Of Contingency", ebenfalls vom neuen Werk, nachgelegt und optisch mit tollen Lichtleisten nochmalig aufgewertet. Bei "The Phantom Of Agony" im Disco Mix und entsprechend bunten Lichtern mit Lichtkugeln gab es mal richtige Tanzlagen von Simone, die ich in epicadieser Form auch noch nicht gesehen hatte. Gewöhnungsbedürftig,  aber ein netter Gag. Nach einer kurzen Danksagung des Gitarristen an die Vorbands, an das Publikum und dem Hinweis auf den Ersatzkeyboarder, gab es dann als Zugaben "Sancta Tera" mit fettem Symphonic-Intro, "Unchain Utopia" und mit "Consign To Oblivion" wahrscheinlich den Megakracher schlechthin. Auch wenn es heute anhand der verkauften und im Publikum stolz zur Schau getragenen T-Shirts tatsächlich den Anschein hatte, dass Eluveitie einen Tick besser abgeräumt hatten, waren Epica auch heute wieder absolut überzeugend und für Augen und Lauscher ein Schmaus. Mal partiell nicht klare Gesangslinien oder auch mal eine hier und da übersteuerte, vielleicht nicht ganz durchkommende Gitarre, tue ich da ab als Stöhnen auf höchstem Niveau. "I`m A Fan. See You Again".



Autor: Andreas Gey - Pics: Andreas Gey