Sein wahrscheinlich bestes Billing gönnte sich das Börsencrash Festival pünktlich zu seinem zehnjährigen Jubiläum. Der Tourtross der schwedischen Bands Enforcer, Wolf und Dynamite hielt heute in Wuppertal an, und bildete in der Börse zusammen mit den einheimischen Stormwarrior, Scanner und Hammer King eine absolut sehenswerte Veranstaltung. Vor Kurzem hatten wir in unseren Breiten für einen Tag schon den ersten Schnee, doch jetzt zeigte die Quecksilbersäule schon wieder urlaubsverdächtige fünfzehn Grad an. Dennoch sorgten Heizstrahler in der Börse für noch mehr Wärme, dass es bei den Auftritten garantiert niemandem fröstelte. Eine schweißtreibende Angelegenheit war es auch für die Fotografen, aus der Menge heraus ihre Bilder schießen zu müssen, denn einen Fotograben baute man nicht auf.
Auf dem Stormcrusher Festival vor gut fünf Wochen hatten sie die schwierige Aufgabe, nach dem Kommando von Erazor auf die Bretter zu gehen. Dynamite aus Växjö, mit den beiden Longplayern "Lock 'n' Load" und "Blackout Station" im Gepäck, sollten aber das Börsencrash gut aufgelockert haben, als der Verfasser dieser Zeilen noch nicht vor Ort war. Danach legten Hammer King (Foto rechts) in einer Garderobe los, die Priestergewändern ähnlich anmutete. Wer glaubte, die Protagonisten schon mal gesehen zu haben, kennt sie möglicherweise von den Power Metallern Ivory Knight aus Kaiserslautern, ihrer anderen Band. Unter diesem Banner durfte man sie dort ansiedeln, wo die Metaller Hammerfall, Powerwolf oder auch Lechery eingeordnet haben. Hochmelodischer Metal mit vielen Ohoho Chören wurde in die Börse geworfen, bei dem sich thematisch wie "Kingdom Of The Hammer King" alles um eben den Hammer King drehte, für den man zum Abschlusstrack "Glory To The Hammer King" die ersten Reihen auf die Knie bat.
Scanner aus Gelsenkirchen stammen noch aus den Achtzigern. Allerdings sind sie aktuell wieder am Drücker, haben am Jahresanfang ihr Album "The Judgement" veröffentlicht. Ihr doublebasslastiger Power Metal passte gut zur Couleur des Billings, damit war schon Bewegung in der Audienz vorprogrammiert. Ihr Shouter mit helleren Vocals, die er auch gebellt brachte, outete sich als Wuppertaler, allerdings auch mit einer Standardansage wie "Ihr seid ein tolles Publikum!" Doch Songs wie "After The Storm", die Oberspeedgranate "F.T.B. (Fuck The Bastards)" und natürlich "Warp 7" funktionierten von ganz alleine.
Die Schweden von Wolf waren inzwischen schon alte Bekannte, sie feierten grad ihr zwanzigjähriges Bestehen. Ihre aktuelle Scheibe "Devil Seeed" wurde von "Overture In C-Shark / Shark Attack" eröffnet, wie auch ihr Auftritt am heutigen Tag. Gefolgt vom Midtempo-Triple "The Bite", dem taktverschobenem "My Demon" und dem Mitgröler "Voodoo" brachte Shouter Nik den Bandstolz zum Ausdruck, keine Balladen zu haben. Ein pfundig und schnelles "Night Stalker" mit Soli im Wechsel ließ auch keinen anderen Verdacht zu. "I Will Kill Again" und "Hail Caesar" brachten Fanchöre und die Arme des Publikums hoch bis in die letzten Reihen. "Steelwinged Savage Reaper" wurde vor dem Banger "Skull Crusher" noch schneller als auf Platte performt. Nach dreißig besuchten Wolf-Konzerten stand für den Verfasser dieser Zeilen fest, es war dies einer ihrer besten Auftritte vor einem Festivalpublikum. Das sah auch Nik so, der das finale "Speed On" der Audienz widmete. Nach sieben Langdrehern hatte das Quartett bereits eine Setlist voll mit Hits und konnte sich den Luxus erlauben, den Oberhit "Evil Star" wegzulassen. Das sind Fakten, welche die Meinung der Fans unterstützten, dass Wolf weiter oben im Billing besser aufgehoben gewesen wäre, zumal sie die Shows in England und Irland headlineten. Wie sehr mit Wolf zu rechnen ist, durften wir schon auf ihrer Tour im Januar 2015 erleben und der Siegeszug geht offensichtlich weiter.
"Steht ihr auf Heavy Metal?" war die Frage, die Shouter und Gitarrist Lars vorweg in die Menge warf. Mit Sangesunterstützung seitens des Bassmanns stiegen Stormwarrior aus Hamburg in ihren Set ein, in dem alles deutlich dem Heavy Metal gewidmet war. Die Coole Show war geprägt von angenehm hohem Tempo ohne viel Doublebass . "Thunder And Steel" titelte ihr letztes Album und bei Songs wie "The Axewielder", "Fyre And Ice" und "Ragnarök" wusste der Fan, wo bei den Nordlichtern der Hammer hing. Dann verließen sie die Bühne, um für eine Zugabe zurückzukommen, was aber zur Folge hatte, das die hinteren Reihen schon mal ins Foyer gingen, dem einzigen Raum mit Ausschank. Zwar waren die Songs von Stowmwarrior mehr Banger als Fistraiser, aber Wolf blieben Publikumssieger. Stormwarrior waren für viele der Grund, ihr Ticket für das Börsencrash zu lösen. Schön, sie mal wieder live gesehen zu haben.
Keine Ahnung, wie oft Enforcer in unseren Breiten in den letzten Jahren unterwegs waren, aber jeder Traditionsmetaller dürfte sie mittlerweile mehrmals live gesehen haben. Den Posten der Gitarre von Joseph Tholl, der bei Black Trip als Sänger fungiert, wurde durch einen wesentlich blonderen Gitarristen ersetzt. Zwar wurde dieser von Energiebündel Olof Wikstrand vorgestellt, kam aber völlig unverständlich rüber. Viel deutlicher war Olofs Ansage zu "Mesmerized By Fire", zu dem er ein klares "Do You Believe In Fire And Hell? zum Mitschreiben aufgesagt hatte, oder ein "Get Violent" vor dem Oberspeedkracher "Live For The Night". Die ersten Reihen befanden sich im ausgelassenen Partyrhythmus, die sogar das Solo von "From Beyond" mitsangen. So einen Song schreiben andere Bands höchstens einmal in ihrer Karriere. Leider war der Drumsound das gesamte Festival über nicht sehr klar, verlieh aber andererseits Songs wie "Undying Evil", "Below The Slumber" oder "Mask Of Red Death" mehr Undergroundflair. Enforcers hohes Energielevel forderte Tribut und sie verließen schon nach fünfzig Minuten die Bühne. Doch der Zugabenblock von "Katana", "Take Me Out Of This Nightmare" und "Midnight Vice" entließ das ausgelaugte Publikum nach siebzig Minuten Spielzeit kurz vor Mitternacht.