Das fünfte Stormcrusher Festival posaunte stolz sein starkes Billing früh voraus, dass man auf anderen Festivals des Sommers bereits davon erfahren durfte. Ursprünglich für zwei Bühnen geplant, fand letztendlich doch alles auf einer statt, was leider auf die Spielzeiten der Bands ging, um wenigstens noch flotte fünfzehn Minuten für einen Umbau zu haben. So traten an den beiden Haupttagen je vierzehn Bands auf, die Spielzeiten von erst dreißig, dann zu späterer Stunde vierzig Minuten zugesprochen bekamen, während die Co-Headliner über fünfzig Minuten verfügten und die Headliner ein offenes Ende hatten. Die Fans bekamen im deutschen Bierparadies Bayern natürlich halbe Literbecher, die mit Bruckmüller gefüllt wurden, was aber kein Pils war, sondern ein Helles. Viele Gäste von anderen bekannten Bands waren in der von Holzplatten ausgelegten Wellblechhalle mit Reithintergrund abfeiernd anzutreffen, wie von Atlantean Kodex, Axecutor und Thundermother. Am Donnerstag spielten schon Convictors, Smoking Hell Bastards, Smoke The Sky und Tulsadoom, bevor ein DJ auf der Stage von einem Altar aus sein optisch untermaltes 'Mosher's Night" Programm mit einer unterschiedlich leicht bekleideten Tänzerin abspulte, dass die ausharrenden Gäste für drei Stunden mehr die Bühne beobachteten, als abtanzten.
Tag 2, Freitag, 18.09.2015: Erazor, Dynamite, Speedtrap, Supercharger, The Scams, Evil Invaders, Ranger, Attic, Final Breath, Witchburner, Macbeth, Portrait, Tank, Grand Magus.
Am heutigen Freitag eröffneten Erazor das Programm. Für ein Festival ist es immer förderlich, wenn eine zackig aufspielende Band loslegt, die das Publikum wachrüttelt. Wer High Noon noch mit Altlasten des rauschenden Vorabends zu kämpfen hatte, bekam von den Ruhrpottjungs schön eine Kante Black Thrash um die Ohren, die auch optisch mitriss. Ihrem agilen Acting war abzulesen, dass der Fünfer richtig Bock hatte. In ihrem Feuerwerk beendeten sie einen Song, sehr nah am Original von Iron Maiden, mit den prägnanten "Wasted Years" Leads vom "Somewhere In Time" Album.
Das Quartett von Dynamite aus Schweden trat mit zwei Gibson SG an und stampfte den AC/DC oder Bullet Sound. Dabei blieben sie ziemlich statisch vor ihren Mikrofonständern stehen, auch wenn es grad nichts zu shouten gab. Auch wenn sie meist im Midtempo blieben, wäre etwas mehr Aktion schon wünschenswert gewesen. Sänger und Gitarrist Mattis Karlsson traf nicht alle hohen Töne exakt, animierte aber die Audienz zu "Burning Down" mit Erfolg zum Mitsingen. Die vier Hardrocker aus Växjö tauten erst zum Abschlutrack "Gone Wild" richtig auf, mit dem sie sich verabschiedeten.
Ganz anders ging es danach bei Speedtrap ab. Der Fünfer aus Finnland legte seinem Namen gemäß geschwindigkeitsliebend los, bewegte sich auch entsprechend leichtfüßig und ihr Shouter traf von Anfang an alle hohen Töne. Da wurden Granaten wie "Straight Shooter", der Titeltrack ihrer neuen Scheibe, zu echten Zündern, wenn auch die zu laute Bassdrum anfangs alles zerbombte. Ihr neuer Song "Serve Your Masters" schaffte was weg, wie das starke "Running Out Of Time, Out Of Line" vom Debüt. Das sahen auch die Festivalbesucher so, denn die Location war schon gut gefüllt.
Noch mehr Rock 'n' Roll, im Gegensatz zur Band zuvor, brachten danach mit überschaubarerem Arschtrittfaktor Supercharger aus Kopenhagen. Sie betraten mit Hut, Mütze und Kappe die Bretter, mit den Fans abzurocken. Ihr Shouter im karierten Oberhemd und mit Sonnenbrille machte seine nicht ganz akzentfreien Ansagen auf Deutsch. Ihr Basser, stilecht mit Vintage-Mikro, hatte sein Instrument sehr tief hängen und nutzte die ganze Bühnenfläche. Trotz ihres fetzigen Programms spielten sie leider nur in einer zur Hälfte gefüllten Halle. Einige Besucher zog es bei dem guten Sonnenbrillenwetter noch eher nach draußen.
Die sich zur Zeit mit den Superchargers und den Schwedinnen von Thundermother auf Tour befindlichen The Scams waren danach am Zug. Mit Songs wie "Bombs Away" und "I'm Not Alone (Got Rock 'n' Roll)"
feuerten sie ihr Rock 'n' Roll lastiges Programm ab. Das Quartett stammte wie Dynamite aus dem schwedischen Växjö und zappelte sich leider auch nur dreißig Minuten durch den Set. Später am Merchandisestand war das coole Cover ihrer aktuellen "Bombs Away" Scheibe ein beliebtes Objekt zur Signiervorlage. Wer das Package bislang in Hamburg, Berlin und Erfurt verpasst hatte, musste sich nun für ein Konzert nach Frankreich begeben, wohin sich der Tourtross als nächstes in Bewegung setzte.
Wer Evil Invaders schon einmal live erlebt hat, der weiß, dass sich ihre Auftritte am schlechtesten dafür eignen, volle Bierbecher zu balancieren. Denn es gab erwartungsgemäß jede Menge Action und die Halle war jetzt noch voller als bei Speedtrap. Wieder fiel bei den Speedrüpeln um Gitarrist und Shouter Joe ein neues Line-up auf. Da verwunderte es nicht, wenn der Fan hier langsam die Übersicht verlor. Nach dem Gig gab Joe gegenüber CROSSFIRE an, dass nun Max an der Leadgitarre, Joeri am Bass und Senne am Schlagzeug agierten. Auf jeden Fall war die komplette Band wie immer hyperaktiv auf Draht, jederzeit die gesamte Bühnenbreite nutzend. Circle Pits waren die logische Konsequenz. Bei dem pausenlosen Geballer füllten die Gitarren auch die Lücken zwischen den Songs, und wenn nur mit einer Rückkopplung.
Wie erwartet brachten ebenfalls Ranger die Topspeed, aber diesmal mit weniger Action, im Gegensatz zu den vorher aufgetretenen Belgiern und zu ihrem schweißtreibenden Auftritt auf dem diesjährigen Muskelrock Festival. Denn heute lag ihr Schwerpunkt auf sauberes Timing zum obligatorischen Arschtritt. Ihr Sound war etwas sehr brummig, dass die Epik eines Songs wie das Titelstück ihres aktuellen Albums "Where Evil Dwells" unterging. Der Vierer hatte diesmal wieder kein Shirt mit Backprint dabei. Vielleicht hab ich irgendwann mal Glück, bin nämlich noch immer rangershirtlos. So eins mit dem Motiv wie ihr Shock Skull Backdrop wär schon klasse, ein Hingucker par excellence. Doch feierte man seine Helden in den vorderen Reihen ab, dann relativierte sich das und man konnte die aktuelle Single "Storm Of Power" und "Ranger" als letztes Stück als Oberhammer wahrnehmen. Insgesamt dennoch ein schwergewichtiger Auftritt, der mächtig auf die Nackenwirbel ging.
Attic bauten danach ihren Dachboden auf, samt Geländer und Altar mit qualmenden Räucherwaren. Ausgerechnet jetzt schien die Sonne durch die Oberlichter in die Halle, wo es doch düster werden sollte. Meister Cagliostro betrat nach ihrem Klassikintro die Bühne und drehte zum Opener "Satan's Bride" das Kreuz um. Nach "Join The Coven" riss er sich 'ne Dose Hansa auf, löffelte auf dem Altar Rauchwaren zum verkokeln nach und sagte ein neues Stück an. Unter den Zuschauern vermutete man, das weißer Salbei errochen worden wäre, während auch ein Myrrheverdacht geäußert wurde. Nicht nur Mercyful Fate Fans rockten die Bude, sondern man bemerkte deutlich den Status, den sich die Band im Metalbereich inzwischen erspielt hat. Zu "Edlin" kamen soundtechnisch die Twin Guitars geil rüber, dass die Band richtig Spaß machte, und zeitbedingt leider mit "The Headless Horseman" schon Schluss machen musste..
Einer der Gründe des Unterzeichners, sich ins nicht gerade nahe gelegene Wiesau zu begeben, waren die Thrasher von Final Breath. Zwar hatten die Niedersachsen schon seit über zehn Jahren kein neues Album mehr veröffentlicht, aber ihre vielen prägnanten Parts zum Mähne schütteln überzeugten auch noch heute. Richtig geil kamen nicht nur zu "Break Down" die Growls und der stählern nagelnde Bass. Der Oberhammer von "Let Me Be Your Tank" ist immer gern gehörtes Futter. Er wurde als Headbanger angesagt und nichts anderes passierte auch. Geil, was für ein Brett! Der Titeltrack ihres letzten Albums ist auf meinen DJ-Events ein beliebtes Stück. Daher von hier aus ein Aufruf an alle Metal DJs, auch an 'Moshers Night', öfter mal den Oberbanger "Let Me Be Your Tank" aufzulegen!
Zu Witchburner wurde es dann richtig gefährlich vor der Bühne; analog dazu, als hätte es damit etwas zu tun, begannen auch jetzt die intimeren Kontrollen am Einlass. Für ihr übles Tempogedresche wie "Possession", "Blood Of Witches" oder auch "Hammer Of Destruction" ging Gitarrist Simon Seegel schon mal in die Knie. Wildes Gebange zum Extremthrash der Band aus Fulda war die Antwort auf ihre brachiale Wall Of Sound, aber Zeuge von dem was die Anlage noch leisten konnte, wurde man zwei Bands später. Was die Fotoaufnahmen aber ab jetzt erschwerte, war die einsetzende Dunkelheit und die damit verbundene Luxwertreduzierung durch die Hallenfenster, der Feind für jede kleine Digicam. Weiterhin war Fakt, dass heute auffällig viele Firebird Bässe zum Einsatz kamen. Diesmal wurde einer mit adrettem Mentors Aufkleber gespielt. Mit Spannung erwartet wurde übrigens auch, das sei an dieser Stelle noch erwähnt, was Drummer Felix und Gitarrist Simon demnächst mit His Masters Voice Paul Speckmann (Master) anstellen, wenn das Album ihres gemeinsamen Projektes Cadaveric Poison rauskommt (Interview dazu auf CROSSFIRE bereits online).
Wer die Livequalitäten von den Erfurtern Macbeth bereits abchecken konnte, zum Beispiel auf dem diesjährigen Bäääm-Festival, der wusste darum Bescheid, wie die Jungs reinhauen können. Deutschsprachige Kriegstexte waren zwar nicht jedermanns Sache, aber Wiesau wusste um die metallischen Qualitäten der Band. Bereits im Fotograben pustete mir die erste Reihe textsicher die Lyrics in den Nacken, während sich die meisten Metaller ihres äußerst soliden Riffings erfreuten und dass sie einen Song mit dem Schluss von Metallicas "Creeping Death" beendeten. Wenn auch Heavy Metal mit deutschen Lyrics noch immer etwas komisch klingt, wollte aber das Stormcrusher Festival dieses Jahr auf die Axtfront von Macbeth nicht verzichten.
Eine der wichtigsten Bands des Festivals waren zweifelsfrei die Schweden von Portrait, auf welche die Besucher des diesjährigen Muskelrock Festivals schon deswegen gespannt waren, ob sie diesmal mit besserem Sound bedacht würden, denn in Schweden waren die Gitarren einfach zu matschig. Sie eröffneten derbe mit Bombensound, in dem besonders die Saitenfraktion knallte. So und nicht anders hat Bulls Eye Metal zu klingen. Das Quintett war dafür bekannt, den Spirit durch starke Vocallines zu amtlichen Riffs zu transportieren, wie es beispielsweise "In Time" vom aktuellen Crossroads-Album vorführt. Bei so brachialem Gitarrensound war die Gesangslinie des Songs auf der Bühne der Reithalle noch mal so geil. "Welcome To My Funeral", schneller als die gecoverte Version von Ram, und "Our Roads Must Never Cross" als letzter Song mussten den Fans heute genügen. Dass wegen der kurzen Spielzeit von vierzig Minuten langsamere Epen wie "Lily" auf der Strecke blieben, verkam da zur Randnotiz. Wenn ich eine Band hätte, würde sie so klingen wie Portrait heute! Großer Kniefall!
Während in heimischen Breiten gerade die NWoBHM Legende von Raven die Bühne bestieg, waren es hier in Wiesau aus selbiger Bewegung die Ambassadore von Tank. Optisch angetrieben von der unheimlichen Präsenz von ex-Dragonforce Sänger und Wasserspritzer ZP Theart, weiß natürlich jeder Fan, dass es trotz der Gitarristen Mick Tucker und Cliff Evans ohne Algy Ward nicht mehr viel mit der ursprünglichen Band zu tun hat. Ähnlich wie bei Cloven Hoof spielte man nun seinen Traditionsmetal etwas zeitgemäßer und ist derzeit mächtig aktiv. Das neue Album "Valley Of Tears" wurde gerade veröffentlicht, an diesem Co-Headlinergig mit "Eye Of An Hurricane" und dem Titelstück berücksichtigt, knallte auf jeden Fall auch der Livesound, den sie heute brachten. Kann sein, dass das zum Teil an Drummer Bobby Schottkowski (ex-Sodom) lag, von dem man kräftige Drumfiguren hören konnte, die man früher bei ihm noch nicht bemerkte. Bobby hatte sichtlich Spaß und stand zwischen den Songs auch immer mal auf. Wer trommelt als Deutscher schon in seiner Lieblings-NWoBHM-Band außer Neudi (jetzt allerdings bei Manilla Road). Während sich ZP nicht nur einmal mit seinem Kabel am Mikrofonständer verknotete, brachte er aber die Frühphase der Band in "The War Drags Ever On", "Echoes From A Distant Battle" und "This Means War" anständig rüber.
Ausgerechnet die langsamste Band des Tages stellte den Headliner. Grand Magus besaßen aber das Liedgut, gegen die Geschwindigkeitsbands zu bestehen, deren Gigs man heute beiwohnen durfte. Shouter JB hat übrigens die Haare ab, dafür aber fett Koteletten. Die Schweden setzten vor einem fluoreszierenden Backdrop auf dunklere Beleuchtung und mit nur zwei Frontleuten sah die Bühne recht leer aus, da die Bands zuvor alles Vierer- und Fünferbesetzungen waren. Es zündete nicht von Anfang an. Erst bei "Steel Versus Steel" und "Iron Will" bekam das Publikum den Gong und drehte auf. Egal ob "Ravens Guide Our Way", "Like The Oar Strikes The Water", ein Drumsolo, "Valhalla Rising" oder "The Hunter", das Stormcrusher stand hinter ihnen. Die Mitgröl-Ohohos von "Hammer Of The North" brachte Basser Fox. Sie leiteten auch die Gesänge der Fans beim Verlassen der Halle und waren noch des Nachts auf dem Campinground zu hören.
Tag 3, Samstag, 19.09.2015: Rogash, Space Chaser, Hellish Crossfire, Arroganz, Accu§er, Postmortem, Dead Lord, Facebreaker, Assassin, Metal Inquisitor, Audrey Horne, Artillery, Twilight Of The Gods, Sodom.
Der letzte Tag begann mit Sonne und Rogash. "Stormcrusher, Moin!" war die Begrüßung mit erhobenem Bierbecher. Der Shouter der Band aus Jena im Dismember Shirt machte lockere Ansagen und fügte noch an, sie wären die Sodom aus Wiesau. Songs vom aktuellen Album "Supremacy Undone" wie "Spearheaded" zeigten der Audienz die tiefe Wucht ihres Death Metals. Sie schlossen ihren sympathischen Auftritt aber mit dem Klassiker "Refuse / Resist" von Sepultura ab. Die Gerüche in der Halle von den Tieren, die hier sonst ihr Unwesen trieben, relativierten sich durch einen am Eingang gut platzierten Stand für Knoblauchbrot, von dem der Wind ab und an etwas 'Frühlingsluft' hereinwehte. Wenn auch Rogash meinten, der Geruch käme von ihren nicht gewaschenen Bühnenklamotten.
Schon am Vortag feierten Space Chaser aus Berlin in der Menge mit, quasi eine Vorbereitungshandlung für ihren heutigen Auftritt. Ihr zackiger Thrash mit Triple-Flying-V-Attack kam sehr gut an, was bei der Qualität ihres Materials auch nicht wirklich überraschte. Cool auch die Ansage zum Oberklopper "Watch The Sky": "Jetzt sucht sich jeder einen Tanzpartner …!" Vokalakrobat Siggi Rudzynski, heute schön chic im Shirt von Razor, sagte danach eine Coverversion an, die man heute zum letzten Mal spielen wolle. Die Fans wussten, dass natürlich das folgende "Caught In A Mosh" von Anthrax gemeint war ...
Im Anschluss packten Hellish Crossfire die Menge bei den Eiern mit noch mehr Gedresche. Das nach dem Album von Iron Angel benannte Thrashquartett eröffnete im Jahre 2013 das Rock Hard Festival, hatte aber jetzt schon fünf Jahre keine neue Platte am Start, einfach unfassbar, hätten sie doch bei dem Bandnamen bei uns schon mal gute Karten für ein Review gehabt. Ein gemächlicher Beginn zu "Into The Old And Evil" und eine kurze Ansage ihres Bassers zu "Claw Of The Reaper" waren die einzigen Unterbrechungen ihres Tempogehämmers mit riffigen Moshparts, welche die Halle am frühen Nachmittag gut voll machten. Die Nürnberger verabschiedeten sich mit einer amtlichen Rückkopplung. Geiler Auftritt, nur wo bleibt das dritte Album?
Arroganz haben erst auf dem zweiten Blick keinen Schreibfehler in ihrem Logo, denn das 'r' wurde nur geschickt gespiegelt. Das schwarz verschmierte Trio trat zwischen auf der Bühne verteilten Knochen auf und lieferte grolliges Gerumpel im Wechsel mit reichlich tiefen Slowparts. In den Tempoangriffen ließ sogar der Drummer seine Matte kreisen, fast synchron mit der Matte des Gitarristen. Die Reithalle war nicht so gefüllt wie bei Hellish Crossfire zuvor, aber die Anwesenden bekamen ihre Arme nach oben. Mit "Close The Coffin" gaben die Brandenburger Black Metaller den Staffelstab ab an die nächste Band.
Die hieß Accu§er und es hallte ihnen voraus, in dieser Festivalsaison schon gut ins Mett gehauen zu haben. Shouter Frank rief dazu auf, die anderen mal reinzuholen, denn sie wollten jetzt anfangen. Mit dem Thrashbrett, das sie vorlegten, füllte sich die Halle aber auch von alleine. Die Siegener gehörten seit Ende der Achtziger zu der Sorte Bands, die live mehr punkten als auf Platte, obwohl neueres Material wie "Torn To Pieces" nicht von schlechten Eltern war. Auch im Acting zeigten sie sich sehr agil, mit einem Basser voller Bewegungsdrang. "Das war der letzte Song!" hieß es auf einmal, und auch nach Accu§er begann sofort der Umbau, denn vierzehn Bands pro Festivaltag sind einfach zu viel.
Postmortem aus Berlin, angereist mit dem wohl besten Merchandiser der Welt, legten ein amtliches Pfund auf die Bretter mit noch mehr Bewegung als die Vorgängerband. Ihr Gitarrist war heute der zweite, nach RT von Rogash, der ein Shirt von Possessed trug, während Shouter Matthias stilecht im Shirt von Brutz und Brakel auftrat, der bekannten Berliner Szenekneipe. Bevor der Run auf ihre Shirts und CDs erfolgte, nahm sich ihr Merchandiser die Zeit, das "Heads Held High"-Poster in seinem gerade erworbenen Dead Lord Vinyl zu begutachten.
Und eben diese Band aus Stockholm um Sänger Hakim erfreute sich wahrlich regen Zulaufes, denn so voll war es nur gestern zu Grand Magus. Zur Zeit mit Audrey Horne auf Tour, nach der Tour mit Wolf im Januar schon zum zweiten Mal in diesem Jahr in Deutschland, zeigte sich der Zuspruch der Vintage-Rocker auch hier auf dem Stormcrusher Festival. Eine von derzeit sehr vielen Bands, die sich des Sounds von Thin Lizzy befleißigten und damit voll im Trend lagen. Dead Lord spielten ein Teil von Iron Maidens "The Trooper" an, und zu "No Regrets" und "Hammer To The Heart" rockte auch ein Sodomshirtträger wie Sebastian von Axecutor ab wie Schmidts Katze.
Da war es für viele Ohren mal wieder Zeit für amtlichen Krach. Gute Idee, die Todesthrasher von Facebreaker danach auftreten zu lassen. Seven-Inch-Sammlern waren sie natürlich auch wegen ihrer "Zombie God"-Single bekannt. Anderen Undergroundern waren sie mit ihrem kleinen Hit "Meat Freak" noch im Gedächtnis geblieben. Das Ding haben sie auch gespielt, genau wie das Titelstück von "Dedicated To The Flesh", ihrem letzten Album aus 2013. Die Kante mit Deathvocals walzte in einem durch und der immer nach vorn gebeugte Gitarrist Richard ging optisch wie ein Misfits meets Rammstein-Mitglied durch. Mörderfetter Auftritt.
Auch Assassin legten vom Start weg eine amtliche Kante hin und hatten beim Merchandise noch ein ansehnliches Tourshirt im Angebot, das allerdings noch aus 2005 stammte. Ebenfalls etwas seltsam war der Anblick ihres Shouters im Panterashirt und Notenständer vor der Nase. Er kam von einer Sludgeband und war bei den Düsseldorfern noch nicht so lange dabei wie die Urgesteine, aber Klopper wie "Breaking The Silence" schlugen trotzdem mitten ins Gesicht. Während draußen der fette Regenguss niederging, entlockten die Thrasher dem Publikum so einige gereckte Fäuste ab. Der Actiongarant war ihr Basser, dessen Instrument von einer Stahlkette um seine Schulter gehalten wurde und seine Backingvocals in beliebige Mikrofonständer einwarf, wo er sich gerade befand. Sie verabschiedeten sich zünftig mit ihrem Anthem "Assassin", auch wenn der Mitbrüllpart darin vielleicht etwas zu lang gestreckt war.
Die Jungs von Metal Inquisitor waren schon nachmittags auf dem Gelände anzutreffen und starteten ihre Metalparty auf der Bühne mit "Zombie Driver", dem im weiteren Verlauf noch Zünder wie "Doomsday For The Heretic" folgten, und natürlich auch "Call The Banners" der Knaller vom aktuellen Album "Ultima Ration Regis". Das gab schön knallenden Heavy Metal auf die Ohren und ging sonst voll auf die Nackenmuskulatur. Shouter El Rojo glänzte im 1916-Shirt von Motörhead und mit seinen 'zurückhaltenden' Ansagen, konnte bei der Menge aber wie immer jederzeit ein "Yeah" abrufen. Ihr Uptempo mit schön griffigen Riffs waren einfach eine Bank. Von solchen Bands gibt es einfach zu wenig.
Nun war es noch einmal Zeit für Hardrock und Rock 'n Roll. Im Falle von den aufstrebenden Audrey Horne gestaltete es sich bereits so, dass ihre hardrockigen Eingängigkeiten schon den Charakter und Spirit eines Underground Metalfestes schmälern konnten. Ihre beiden Les-Paul Gitarren solierten zwischen catchy Refrains wie bei dem vom Opener "Redemption Blues", rockten mit ihren wenigen metallischen Ansätzen aber auch gut was weg. Es war für die Norweger und Dead Lord heute ihr letzter Tourtag. Seine lange Ansage zur Animation von "Waiting For The Night" vom sehr präsenten Basser, sehr markant durch die Brian-Johnson-Mütze, kam bei den Fans zwar an, hatte so laut gebrüllt aber auch etwas von Brechstange. Doch der Mitgröl-Chorus wurde nach ihrem Auftritt noch weitergebrüllt.
Sänger Michael hat eine hellere Schreistimme, wie sie eher im Power Metal gefragt ist. Obwohl er aber nicht die ganz hellen Screams brachte, mit denen er in seiner King Diamond / Mercyful Fate Coverband glänzen musste, war er aber nicht alleine dafür verantwortlich, dass das Thrash Urgestein Artillery aus Dänemark nicht mehr so zackig klang, wie auf ihren ersten drei Alben "Fear Of Tomorrow", "Terror Squad" und "By Inheritance" zwischen 1985 und 1990. Dafür gabs aber Ansagen in deutscher Sprache und einen fetten Sound, der neuere Songs wie "10.000 Devils" und der Titeltrack vom jüngsten Album "Legions" aus 2013 gut ins Licht stellte.
Der Ire Alan Averill ist derzeit schwer aktiv. Man konnte ihn in den letzten fünf Monaten mit drei seiner Bands in unseren Breiten live abfeiern, nämlich mit den schwarzen Primordial, den Doomern von Dread Sovereign und hier auf dem Stormcrusher mit seinen Twilight Of The Gods, mit denen er reiner metallisch unterwegs war und völlig ohne Kapuze und Facepainting auskam, dafür aber mit Lederjeans und Blasphemy Shirt auftrat. Wer Alan schon mal live gesehen hatte, egal mit welcher Band, kannte seine Art mit bestimmten Formulierungen auf das Publikum einzugehen. Konnte sein, dass es dabei nicht ausblieb, dass sich die Ansagen ähnelten. Weil es auch hier zu "Preacher Man" um "…Drinking, Fucking and Taking Drugs" ginge, hatte man irgendwie noch im Ohr. Mit der Gewissheit, Alan war auch im reineren Heavy Metal ein großer Frontmann, konnte man sich schon mal auf den Headliner einstimmen. Das funktionierte sogar mit Nordhamburger Quittenlikör.
Der Austausch des kompletten Drumkits, erstmalig auf dem diesjährigen Stromcrusher, war aber nicht verantwortlich für einen ausgiebigen Soundcheck. Letztendlich spulten Sodom nicht nur ihr Best of Programm ab, gestartet mit einem ihrer größten Kracher "Agent Orange" und mal keinem "Remember The Fallen" im ersten Teil des Sets. Die Ruhrpottler hatten glasklaren Brachialsound und machten von Anfang an keine Gefangenen. Ihr Sound war mächtig fett, dass einem erstmalig auf dem Festival im Fotograben bei "The Saw Is The Law" die Hosenbeine flatterten. Auch Gitarrist Bernemann schien heute besonders bewegungsfreudig zu sein und ließ sich immer wieder auf jeder Bühnenseite sehen. Für Tom standen drei Mikrofone bereit, an jedem von ihnen fühlte er sich heimisch. "Ist Stagediving erlaubt? Wir haben jedenfalls nichts dagegen!" tönte er in die Reithalle, allerdings war der breite Fotograben dafür nicht gerade wie geschaffen, dass nur einige Crowdsurfer folgten. Für den Verfasser dieser Zeilen der beste Sodom-Gig seit langem und auch gemessen an den Publikumsresonanzen ein würdiger Headliner. Ein äußerst relaxtes Festival ging darauf zu Ende und wer die weite Anreise in die bayrische Oberpfalz scheute, durfte sich ärgern, denn er hatte definitiv etwas verpasst!