In Anlehnung an die Release Party zu ihrem Album "The Art Of War" aus dem Jahre 2008, welche damals unter dem Motto "Noch Ein Bier Party" in Essen stattfand, kündigten die Schweden bereits auf der Heroes-Tour zu Beginn diesen Jahres ein einzigartiges Festival für Deutschland mit dem Titel "Noch Ein Bier Fest" an und versprachen dabei hochkarätige Supports. Neben Bloodbound, die bereits ihre letzte Tour begleiteten, wurden mit Korpiklaani und Powerwolf weitere Tourkollegen und mit Civil War ehemalige Bandmitglieder eingeladen.
Nachdem der Veranstalter bereits Monate vor Beginn des Meetings "Sold Out" gemeldet hatte, versprach die überregionale Presse wettertechnisch nichts Gutes für den Samstag. Die Westfälischen Nachrichten betitelten ihre Samstagausgabe gar mit "Schwere Unwetter in NRW" und weiter "Der Deutsche Wetterdienst warnt im Münsterland ab Samstagmittag - knapp ein Jahr nach dem Jahrhundert-Unwetter - vor schweren Sturmböen mit Geschwindigkeiten von bis zu 100 Stundenkilometern...". Tatsächlich meldete Gelsenkirchen noch wenige Stunden vor Konzertbeginn "Land unter" und diverse Konzerte im Ruhrgebiet wurden daraufhin auch abgesagt. Das gleichzeitig stattfindende Nord Open Air verlegte die Veranstaltung kurzer Hand in die Innenräume des Turock. Das Sabaton Open Air stand somit mächtig auf der Kippe und in den Social Media Diensten kursierten bereits diverse Gerüchte.
Nichtsdestotrotz wurde das Meeting durchgezogen, wenn auch mit teils leicht abgespeckten Bühnenaufbauten und Showteilen, was sich im Nachhinein auch als absolut vernünftig herausstellte. Einzig der Einlass der in hunderte Meter langer Schlangen anstehenden Fans verzögerte sich um etwa eine halbe Stunde und Großteile der Anhänger hatten ihre Kutten unter wettertaugliche Klamotten versteckt.
Nachdem ein luftiger Zug das in Tüchern verhüllte Drumkit fast zum Umfallen brachte und die abdeckende Plane des Theaters in Wallung geriet und Wassermassen auf die unglücklichen Zuschauer im Randbereich regnen ließ und sich alle noch fragten, ob das wohl gut gehen würde, enterten pünktlich um 16:15 Uhr die schwedischen Powermetaller Bloodbound die Stage und knallten der bereits rhythmisch klatschenden Crowd mit dem Opener "Satanic Panic" eine so schnelle Granate vor den Latz, dass denen Hören und Sehen verging und das mutmaßliche Wetterchaos in Vergessenheit geraten ließ. Ruckzuck wurde der Klassiker "In The Name Of Metal" nachgelegt. Erst mit dem vierten Track, dem epischen und höchst melodiösen "Moria", der die gesamte Klasse des wie immer super sympathisch rüber kommenden Sängers Patrik Johannson darlegte, konnte man etwas verschnaufen. Es war weiterhin windig und es tröpfelte leicht. Das Theater war zu diesem Zeitpunkt vielleicht zur Hälfte gefüllt mit noch relativ leeren Rängen, da sich die Fans, soweit es eben ging, unter der überragenden Plane Schutz suchten. Bei den letzten Gigs traten die Gitarristen Tomas und Henrik Olsson noch in Jeansjacken, verziert mit martialischen Patches, auf. Nun trugen Sie allesamt Sweatshirts des höchst erfolgreichen Stormborn Albums aus dem Herbst des letzten Jahres. Begleitet durch eine stampfende Rhythmusfraktion wurde dann auch genau selbiger Titeltrack, der beim klatschenden Publikum, trotz des mittlerweile wieder zunehmenden Regens auch richtig gut ankam, nachgelegt. Mit "Are You Ready For Metal" und einem kräftigen "Hey, hey, hey" vom Shouter Patrik wurde mit dem fetten, treibenden und wirklich kraftvollen "Iron Thorne" dann nochmal die letzte Granate gezündet und es ging voll ab. Tolle Show, klasse Songs, aber mit einer halben Stunde und sechs Songs natürlich eine viel zu kurze Spieldauer.
Mit einer Verspätung von etwa einer viertel Stunde und damit um 17:20 Uhr eröffneten Civil War mit "USS Monitor" vom aktuellen Album "Gods And Generals" ihre heutige Stagetime. Ich hatte die Jungs, im Gegensatz zu allen anderen Bands des heutigen Tages, noch nie live erlebt und war daher mächtig gespannt. So bin ich klarer Fan von Astral Doors und begeisterter Anhänger der so Ronnie James Dio ähnlichen Stimme von Nils Patrik Johansson. Der Rest der Band besteht aus ehemaligen Mitglieder des heutigen Headliners Sabaton und dem Volturyon-Bassisten Stefan "Pizza" Eriksson. Insbesondere dem Keyboarder Daniel Myhr sollte im Verlauf des Tages noch eine tragende Rolle zukommen. Klar bin ich damit auch treuer Anhänger der schwedischen Civil War, deren Powermetal so nahe an Sabaton angelehnt ist. Nach dem fetten und sehr melodiösen "Saint Patrick`s Day" von "The Killer Angels" bedankte sich der Sänger, der seine Sonnenbrille während des gesamten Sets nicht ablegte, bei Sabaton für die Einladung und rüber ging es mit "Gettysburg" in die blutigste Schlacht des Amerikanischen Bürgerkrieges. Tragend, schleppend und sehr ruhig ging es mit dem neuen Album weiter eher der fantastische Titeltrack folgte. Der Sound, der bei den ersten Songs noch etwas matschig wirkte, war jetzt wirklich gut und Nils bei ebenso toller Stimme. Den Rausschmeißer machte das druckvolle und sehr hymnisch daher kommende "Bay Of Pigs", welches ebenfalls vom neuen Album stammte und scheinbar beim Publikum, welches immer wieder "Noch ein Bier" rief, noch nicht wirklich bekannt war. Immerhin gab es am Ende absolut verdientes Klatschen.
Die 15 Minuten Delay zogen sich in etwa durch, so dass die Folk Metaller Korpiklaani folgerichtig um etwa 18:30 Uhr starteten. Während Bloodbound und Civil War wie Arsch auf Eimer in das heutige Melodic Power Metal Konzept passten, war ich mir bei den finnischen Humppa Jungs nicht mehr ganz so sicher, so dass ihr Auftritt bei mir eher unter dem Motto ablief "nehme ich mal fototechnisch mit". So war mir die Band zwar ein Begriff und ich hatte sie auch schon mal live im Vorprogramm von Subway To Sally bei der Eisheiligen Nacht in Bochum gesehen. Zugegebenermaßen kannte ich aber keinen Song wirklich, so dass ich hier auch nicht mit einer Setlist dienen konnte. Tja und wie man sich täuschen konnte. Die fünf Mannen mit Violine und Akkordeon um den charismatischen und lange Rasta tragenden Jonne Järväle kamen richtig gut an und machten beim nun doch nahezu vollständig erschienenem Publikum richtig Laune. Da wurde geklatscht, gebangt, "Yipeeh" geschrien und im Kreis gehüpft, das Kapuzen an Funktion verloren oder mögliche Perücken in hintersten Reihen landeten. Der vierte Track war zu meinem Erstaunen eine richtig tragende, schleppende Nummer mit sowas in der Art von tiefen Growls. Erstaunlich. Da hatte ich ja überhaupt nicht mit gerechnet. Der nächste Song hatte irgendwas von einer Polkanummer, die zum Teil auch Ensiferum ganz gut drauf haben. Da drehte sich nun auf der Bühne und vor der Bühne alles im Kreise und machte voll Bock. Regnete es da eigentlich noch oder schon wieder? Ich hatte keinen blassen Schimmer mehr. Nun kamen auch die ersten Crowdsurfer an den Absperrungen an.
Kurz vor dem Einlass in den Fotograben zu Korpiklaani wurden wir Fotografen darauf hingewiesen, dass es Powerwolf, aufgrund ihrer nur beschränkten Bühnendekoration nicht wünschten, vom Graben aus fotografiert zu werden. Na ja, da konnte man denken, was man wollte. Mir für meinen Teil windete sich ein reißerischer Artikel der Bildzeitung in meine Gehirnwindungen, der mir via Facebook zugepostet wurde, mit der Headline "Sind Powerwolf die neuen Iron Maiden?" Ich hoffe mal nicht, dass selbiger den meiner Meinung nach sehr sympathischen und, trotz des Erfolges von "Preachers Of The Night", auf dem Boden gebliebenen Musikern zu arg zu Kopf gestiegen war. Letztlich war der Aufbau und die Show, die wir dann nur mit Tele von den Zuschauerrängen fotografieren durften, doch völlig okay. Wüsste man es nicht besser, so hätte man, den tausendfach in die Höhe gestreckten Fäusten nach, anhand der zahlreich erschienenen Mitgliedern des Fanclub "Cultus Luporum" zu urteilen und der Bombenstimmung, die sich nun im Rund rasant verbreitete, locker den Eindruck haben können, dass die Wölfe den Headliner des heutigen Tages stellten. Einzig die immer wieder ertönenden Zwischenrufe "Noch ein Bier" und auch den Hinweisen von Attila Dorns zufolge sollte selbiger jedoch erst nach Powerwolf auftreten. Nach dem Intro "Lupus Daemonis" ging es in das schnelle "Sanctified With Dynamite" und danach zum heiligen Hodensack ("Coleus Sanctus") über und schon kündigte der Priester mit "Army Of The Night" den ersten Neuling vom soeben erschienen Longplayer "Blessed & Possessed" an, wonach klar war, dass die Wölfe auch mit dem neuen Album nicht einen Hauch vom ursprünglich eingeschlagenen Weg abgegangen waren. Attila war für mich immer eine ganz ehrliche Seele und als er rief "Wir spielen immer vor Fans, die voll begeistert sind, aber zuhause ist es doch am schönsten" nahm ihm das am heutigen Tage auch jeder ab. Nach dem schnellen "Amen & Attack" gab es mit "Arata Strigoi" die zweite Singleauskopplung des neuen Albums. Mit "Wir feiern Weihnachten die Geburt von Jesus Christus und mit Ostern die Auferstehung nach seinem Leidenswege" ging es mit "Resurrection By Erection" weiter. Wie Moses das Meer, teilte Attila dann zusammen mit dem Keyboarder Falk Maria Schlegel das Publikum und was folgte, war das schon in zig vorherigen Shows zelebrierte, aber immer wieder voll klasse ankommende "Huh" und "Hah", was diesmal auch zur Verwunderung des Sängers sofort klappte. Was folgte, war mein absoluter Favorit und die eigentlich Bandhymne "Werewolf Of Armenia" und dann das aus zig Kehlen mitgegrölte "We Drink Your Blood". Bei der nächsten Ansprache rief Attila seine Fans dazu auf, hinaus zu gehen und den Metal zu predigen, was sich als ideale Einleitung in "In The Name Of God" herausstellen sollte. Mit einem zigfach wiederholten "Seid ihr besessen?", was letztendlich in kreischenden Tönen endete, wurde dann mit dem immer wieder geilen "Lupus Dei" der Hodensack endgültig zugemacht.
Um 21:15 Uhr fand dann die Party mit dem Titel "Noch ein Bier" ihren bandtechnischen Höhepunkt und ich habe Sabaton seit 2013 fast zehnmal gesehen, bin aber immer noch kein Mitglied der deutschen Sabotuers, es war die versprochene Megashow und mit Sicherheit ein bandtechnisches Highlight, was bzgl. der Stimmung ganz locker an ihre legendären Headlinershows in Polen oder auch Falun heranreichen dürfte. Wie immer ging es los mit den ersten Tönen von Europe's "The Final Countdown" und dem Intro "March Of War" und bereits ab "Ghost Division", das mit ordentlich Pyro mir die letzten Haare versengte und mit derbe Geballer meinen Ohren den Garaus machte, gab es für die abfeiernden Fans kein Halten mehr. Das Getobe stieg bei "To Hell And Back", dem auf Englisch gesungenen "Carolus Rex" und dem knalligen "No Bullets Fly" so an, dass der völlige baffe Joakim Broden kurzerhand die Setlist änderte, einen publikumswirksamen Streit mit seinem Gitarristen Thobbe Englund inszenierte und schon jetzt "Swedish Pagans" ausrief, was ursprünglich erst am Ende der offiziellen Setlist stand. Vor dem als Schützenpanzer umgebauten Drumkit von Hannes van Dahl, in engster Armeebuxe posierend, und sich verbiegend was die Knochen hergaben, schnappte sich die Grinsebacke dann eine Gitarre, zog ein paar Riffs von Michael Jackson runter und verwies dann, ob seiner beschränkten Fähigkeiten, auf seine beiden geilen Gitarristen, von denen an dieser Stelle noch Chris Rörland erwähnt sei und rüber ging es mit wieder viel Pyro in "Resist And Bite", "Screaming Eagles" und dem tausendfach von Fans verlangten "Attero Dominatus". Mit "The Art Of War" wurde dann nochmalig old Stuff nachgelegt und mit der Bitte um "Some Light" das etwas ruhigere "A Lifetime Of War" in der schwedischen Version abgefeiert. Unnötig zu erwähnen, dass während der Songs und nach Abklingen der Applausorkane immer wieder "Noch ein Bier" gerufen wurde und während dessen zig Dosen geext wurden. Als dieses zu viel wurde besann man sich und orderte einen als Flammenwerfer verkleideten Bierspender auf die Bühne und leerte darauf hin Plastikbecher. Schaute man dabei genau hin, so behielten die Schweden wirklich die ganze Zeit Anstand und warfen tatsächlich nur geleerte Becher in die abfeiernden Massen. Nach dem richtig schnellen "Coat Of Arms" wurde dann der ehemalige Keyboarder Daniel Myhr, nun bei Civil War auf die Tasten hämmernd, auf die Bühne gebeten. Bisher nur den Oberkörper entblößt und irgendwas enges zwischen seinen Beinen tragend, machte der sich nun am Keyboard zu schaffen. In der Umbaupause dankte Joakim dem deutschen Fanclub, betitelte Daniel als Kapellmeister und kam aus dem Grinsen kaum raus, als dieser, nach "Wolfpack" und Auszieh-Rufen sich tatsächlich seines armseligen Restes entledigte. Mit "Metalizer 7734" endete dann der erste Teil der Songliste. Mit viel Bums aus dem Panzer und seitlich inszeniertem MG-Feuer, das sich in knalligen Blitzen zeigte, gab es dann "Night Witches" und "Primo Victoria". Das Ende des Gigs nahend, verbreitete der Sänger eine
sogenannte "bad News" in der Form, dass sich die Show nun bald dem Ende neigen müsse, zu diesem Zeitpunkt patroullierte schon die Wasserschutzpolizei auf dem angrenzenden Kanal und eine "good News" in welcher Joakim meine eingangs des Reviews dargelegte Meinung bestätigte. So sei diese Show, von nun annähend 1000 Konzerten, die Beste gewesen und hätte damit auch den seiner Meinung nach besten Song, nämlich "Metal Crüe" verdient. Danach schoss und qualmte es aus allen verfügbaren Pyrolöchern, was die Bühne taghell erschienen ließ. Aber wer nun dachte, dass dies tatsächlich der Abschluss sei, war natürlich falsch gewickelt. Auch wenn der letzte Funke nun tatsächlich gezündet hatte, wurde musikalisch mit "Panzer Batallion" und "Saboteurs" noch mal kräftig nachgelegt. Mit dem wirklich klasse in "Noch Ein Bier" mit derbem Augenzwinkern umgedichteten "Gott Mit Uns" war dann allerdings auch musikalisch der letzte Bandton gefallen. Und mit einer roughen Version von "In The Army Now" von Bolland & Bolland, das die meisten von Status Quo kennen, traten dann tatsächlich auch die letzten Schweden ihren wohlverdienten Abgang an.