Female Fronted Night II

Wuppertal, Die Börse, 25.04.2015

lion twinAller guten Dinge sind Drei. Doch bei der geringen Teilnahme an Zuschauern ist es vielleicht fraglich, ob man dieses Spektakel weiter in Serie gehen lassen soll. Eigentlich war die Euphorie der Veranstalter im Vorfeld ziemlich groß, was das Interesse an diesem Event betraf. Enttäuschend dann, dass es zumindest so aussah, als wären tatsächlich weniger Besucher in der Börse als beim ersten Mal. Mag sein, dass es an der Entscheidung lag, zwei der Bands der ersten Female-Fronted-Night ein weiteres Mal spielen zu lassen. Vielleicht waren die Fans auch nur verwöhnt. Dummerweise lag noch etwas mehr im Argen. Eine handvoll der Fotografen klebte wie besessen an einer Stelle vor die Bühne fest und ließ einem kaum Möglichkeit, etwas Platz zu bekommen. Und das, obwohl es keinerlei Einschränkungen beim Fotografieren gab. Waschen könnte sich manch erregter Herr vorher auch mal. Aber das nur nebenbei. Es sei denn, ihr habt ebenfalls eine kalte Currywurst vom einzigen Anbieter bekommen. Dafür war die Musik erste Sahne.

la venturaNach meinen Interviews begann es pünktlich mit dem holländischen Opener La Ventura. Wer hätte gedacht, dass wir mitunter den Opener als einen der besten Acts des Abends erleben würden. Hier passte aber auch wirklich alles: Gesang, Moderner Rock mit fettem Goth-Anstrich und jeder Menge Harmonie und Ausstrahlung. Mit insgesamt elf Beiträgen becircte uns Fronterin Carla van Huizen in ihrem grandiosen Outfit und einer bezaubernden und kraftvollen Stimme. Leider war mir kein Track bekannt, aber es galt zumindest das noch immer aktuelle Werk „White Crow“ aus dem Jahr 2014 zu promoten. So waren zumindest acht Tracks, so weit ich das beurteilen kann: „Song For An Idiot“, „Watch Me Go“, „Neverending Story“, sowie der Opener „Falling Down“ und einige mehr neueren Datums. Das machte bei der coolen Performance jedoch keinen Unterschied, denn die anwesenden Herrschaften feierten die Tracks durchgehend ab. Zudem war Carla eine Augenweide für jeden Fotografen und denjenigen, die es noch werden wollen. Die Gitarren von Sascha Kondic waren songdienlich und die Basswand von Michael Saffrie war extrem wuchtig. Nur Drummer Stefan Simons könnte etwas interessanter klingen. Egal, so stelle ich mir den optimalen Eröffnungsact vor. Bedankt!

 

distance callDas letzte Mal dabei und heute frisch am Start, die überall im Vorprogramm auftauchenden Distance Call. Welche Worte habe ich für diese Band noch nicht geschrieben? Nun, die total miesen fehlen und die absolute Superlative. Ich sage es mal ganz einfach: heute war der beste Gig, den ich von der Band jemals gesehen habe. Was nichts heißen soll, denn Schlagwerker Jörn Kädtler darf ruhig noch einen Tacken in Sachen Showmaking zulegen oder mal die ein oder andere Emotion zeigen, und Sängerin Korry Schadwell müsste auch noch etwas die liebe und niedliche Art an die Seite packen und mehr die Rampensau raushängen lassen. Aber! Gesanglich war die blonde Lady heute auf ihrem Höhepunkt. Jeder Ton saß und integrierte sich mehr in die Musik als je zuvor. Sie hatte ihren Rhythmus gefunden und setzte ihre Kräfte konsequent und perfekt ein. Da kam Freude auf und brachte die Songs in ein helleres Licht. Was rockig war, rockte jetzt noch mehr…mit viel Biss und was bis dato groovy war, groovte jetzt noch geiler. Neun Songs wie zum Beispiel „Rock The Night“, „Wings Of Love“, „Bricks“, sowie die Zugabe „Ray Of Light“ explodierten förmlich. Über den gutaussehenden Arno Kädtler mit dem opulenten Spiel und den hippen Posing noch großartig Worte zu verlieren, wäre wie Eulen nach Athen tragen, aber was Mister Robert Resinek heuer ablieferte, waren übersprühende Funken in jeder Situation. Seine Soli waren fließend, filigran und das restliche Spiel songdienlich. Diese Band gab ein homogenes Bild ab. Das war nicht immer so. Beide Daumen hoch für eine gute Stunde Muisk.

 

lion twinWarum Lion Twin als beliebteste Truppe des Abends und fungierend als Veranstalter heute wieder nicht den Headlinerposten wahrgenommen haben, war ist mir schleierhaft. Bei niemandem war es vor der Bühne so voll, bei keinem der Applaus so satt. Und verdient hatten sie es allemal. Sängerin Li hatte eine Ausstrahlung, wie es bei einer Rock-Queen sein sollte, gekleidet in einem verdammt sexy Outfit und echte Hits im Gepäck. Gespielt von einer Band, die so tight war, dass keine Briefmarke dazwischen passte. Heute sparte man sich die Gastauftritte diverser Musiker, wie es letztes Jahr noch der Fall war, was dem Sound aber keinen Abbruch tat. Selbst der mittlerweile wieder genesene Gitarrist Jan Koemmet war heuer noch stärker am Start. Furios zockte man sich durch bekannte Nummern wie „Ready To Rock“, „Eco Warrior“, „Day Of Anger“ und meiner Lieblingsballade „Wings Of Love“. Allesamt natürlich vom Debütwerk „Nashville“. Da auf der Bühne die Action Feuer fing und kaum jemand Zeit hatte zu verharren, schlug der Funke auf das Publikum über. Und somit wurde neben der lauthalsen, gesanglichen Unterstützung der Zuschauer kräftig die Matte geschüttelt und das Tanzbein geschwungen. Dass auch hier wieder der eine oder andere Spacko im Publikum nerven musste, war klar, aber es blieb ruhig. Li und ihre Bande hatten sichtlich Freude an ihrem Auftritt und alle Anwesenden waren mehr als dankbar, diesen Event nicht verpasst zu haben.

 

lyrielZuletzt durfte der mir ebenfalls unbekannte Act Lyriel mit gleich zwei Frontfrauen, auf die Bretter. Aber wie auch im letzten Jahr lichteten sich die Reihen, was nicht unbedingt an der Uhrzeit, sondern auch an der Qualität der jeweiligen Truppe lag. Sicherlich ein Augenschmaus und vielleicht auch deshalb der Grund, warum mehr Fotografen als Zuschauer vor der Bühne standen. Übrigens insbesondere derjenigen die ich anfangs erwähnt hatte. Lyriel boten elf Tracks ihres Folk-Metal Programms, das Gott sei Dank doch etwas härter ausfiel, als ich mir vorgestellt hatte. Jessica Thierjung, dessen Mann die Band vor kurzem verlassen hatte, fungiert als Hauptsängerin, die mich leider nicht wirklich überzeugen konnte. Im Wechsel mit Cellistin Linda Laukamp funktionierte das Ganze schon besser, war aber um Längen hinter der Leistung des bisherigen Abends. Lindas Stimme war etwas interessanter, aber damit hatte es sich erledigt. Dafür konnte ihr Cellospiel auf ganzer Ebene begeistern. Ein absoluter Blickfang, der moderne Bau des Instruments mit der dunkel gekleideten Lady. Aufgrund dessen verblasste der Rest der Band, bis auf Violinist Joon Laukamp, etwas im Hintergrund. Dummerweise war der Sound der Geige nicht so transparent, wie ich es mir gewünscht hätte und somit gingen viele Elemente unter. Lyriel haben seit einem knappen Jahr das Album „Skin And Bones“ in der Tasche, aber die Songs gehen live nicht auf. Bei mir blieb nur wenig hängen, was wiederum mit dem Sound zusammenhängen könnte, da man schier erschlagen wurde. Auf Konserve schien es anders zu sein, wie unser Schreiber Pistol es sieht und dem Album neun von zehn Punkten verpasste. Actionmäßig dürfte vor allem die Fronterin mehr Gas geben. Kleine Gesten, auch wenn es ein süßes Lächeln war, reichten bei heutiger Konkurrenz nicht aus. Ich hoffe, ich werde diese Band noch mal in einem anderen Ambiente erleben. Na ja, alleine war ich mit meiner Meinung wohl nicht, da sich der Laden merklich leerte. Dennoch…es bleibt eine coole Idee und mein Dank geht an die Veranstalter für die Einladung.



Autor: Steve Burdelak - Pics: Steve Burdelak