ANDY BRINGS - ROCK ´N´ ROLL


Label:OMIUM
Jahr:2010
Running Time:53:49
Kategorie: Neuerscheinung
 

Für einen ständigen Verfechter diverser Old-School-Elemente und einen Ewiggestrigen in Sachen Lifestyle, ist das Soloalbum des ehemaligen The Traceelords-Recken Andy Brings relativ modern ausgefallen. Fünfzehn Beiträge, die bei weitem nicht alle überzeugen können, drücken hier ziemlich leicht den Stempel "Masse statt Klasse" auf. Der größte Kiss-Fan im Ruhrgebiet eröffnet ein breites Spektrum an Songs, wenn es um sein eigenes Ding geht. Im Info bedient man den Fronter mit vielfachem Lob: kritisch, kreativ, krawallig, wobei ich den letzten Punkt gerne revidieren würde, denn Krawall stelle ich mir in jeder Form anders vor. Es kann ja wohl nicht angehen, dass der Schreiber dieser Seite alles an Aussagen auf den Opener "Schlaflos" münzt, der genau das darstellt, was man sich laut eigener Aussage des Herrn Brings von seiner Musik vorstellt. Muss man z.B. über Rosenstolz schimpfen und selber in Richtung Schlagertext frönen? Und wenn das gerade mal nicht der Fall ist, wird man mit Klischees und banalen Plattitüden verwöhnt. So gar nicht mein Ding. Für die Hommage oder wahlweise Liebeserklärung an "Ingrid Steeger", dient Andy das Riff des Michael Jackson-Track "Beat It". Den Text kann ich jetzt nicht nachvollziehen, aber Liebe macht ja bekanntlich blind. Ein Song der wirklich funktioniert ist "Tut Mir Leid", der zwar textlich ebenso cheesy bedacht wurde, aber musikalisch in die Chartecke schielt. Ohrwurm-Refrain und fette Gitarren-Riffs. Wahrlich, es gibt Songs, die man mit einem Augenzwinkern betrachten muss, "Nur Meinen Körper" und "Reiseleiter In Die Hölle", aber das an Smokie erinnernde "Ist Sie Nicht Sexy?" oder das balladeskere und lyrisch an "Rosenmond" und "Silberstolz" erinnernde "Lass Das Licht Noch An" sind schon an der schwülstigen Grenze. Dafür können beide Tracks musikalisch doppelt punkten. "Vergiss Mich" ist ein satter Ausfall, der kompositorisch leicht an David Bowie erinnert. "Wildes Mädchen" im O-Ton von den Ärzten, mit Rockabilly-Klampfe und spitzfindigen Lyrics, ist so gar nicht meine Baustelle. Im Gothik-Gewand schleicht "Ich Leb Und Sterb Für Dich", bei dem The Sisters Of Mercy Pate standen, durch die Boxen. "Komm Zurück" kann man getrost in die Tonne hauen. Rap-Vocals können gut sein, sind aber eine Sache die Andy überhaupt nicht beherrscht. Der Neue Deutsche Härte Refrain ist von anderer Natur, aber dafür sind Teile vom Solo geklaut. Auf "Du + Ich", einer Funk-Nummer mit weiblichen Vocals, befinden sich Ideen, die mir Brechreiz besorgten. Au Mann, Andy?!? "Fummeln 2.0" will mir gerade mit den ersten Noten den Tag versauen, da ballert der Refrain um die Ecke und avanciert zum besten Teil des Albums. "Schöner Vorgestellt" ist Schlager-Pop und wirft erneut Fragen auf, warum Andy sich die musikalische Freiheit nimmt von A bis Z alles auszureizen, wenn er selber anderen immer sehr kritisch gegenüber steht. "Not That Kind Of Man" ist wieder eine Schmachtfetzen-Piano-Ballade, die mehr als kitschig ist. Mit dieser Scheibe stellt sich mir ein völlig anderer Andy Brings vor, als ich ihn vorher sah. Vielleicht sollte man nicht alle Aussagen immer so bierernst nehmen. Dennoch denke ich, dass es für dieses bunte Allerlei nur einen kleinen Markt geben wird. Und wo sind jetzt die Einflüsse von Kiss, The Ramones und Blondie?

Note: 6 von 10 Punkten
Autor: Steve Burdelak


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