METAL ASSAULT IV

Würzburg, Posthalle, 08.02.2014

STALLION, SPEEDTRAP, MASTERS OF DISGUISE, FUNERAL NATION, JAGUAR, POLTERGEIST, SKYCLAD, OMEN, RIOT V

Der milde Winter draußen vor der Halle ermöglichte vielen Rauchern, im T-Shirt für ne Kippenlänge vor die Tür zu gehen. Dagegen befeuerten Heizeinrichtungen von der Hallendecke die große Location derart ein, dass man sich schon vor Beginn bis auf das Shirt entblättern wollte. Wusste der Heizer denn nicht, dass heute Kuttenmenschen die Halle bevölkern? Das heißt, die haben alle ne Jacke an! Was aber wirklich als heiß bezeichnet werden musste, war das heutige Billing. Bestückt mit grandiosen Newcomern, einer Reunion, einer NWoBHM-Größe und unsterblichem Ami-Metal, gab es auch Überraschungen.

 

stallionVor wenigen Monaten flatterten bei CROSSFIRE sechs Songs von einer unbekannten Band namens Stallion rein, die so vielversprechend klangen, dass wir sofort ein Interview mit der Band machten. Band war noch zuviel gesagt, denn bis dahin bestand Stallion nur aus Gitarrist Axl und Shouter Paul, und man war gerade dabei, weitere Musiker für Liveauftritte zu rekrutieren. Das hat man nun geschafft, unter anderem mit Gitarrist Oliver Grbavac von Fleshcrawl, und heute sollte es ihr erster Auftritt sein. Die Internetverkäufe ihrer weißen Shirts müssen schon gut voranschritten sein, denn sah man heute im Publikum ein weißes Shirt, stand vorn Stallion drauf. Sie legten pünktlich los, und die hohen Schreie saßen, trotz erkältungstechnisch leichter Angeschlagenheit von Paul. Der Fünfer von Stallion agierte selbstbewusst; kaum zu glauben, dass dies ihr Bühnendebüt war. Nach dem Bandhit „Canadian Steel“ gab es Stallion-Sprechchöre zum Abschied, und das waren nicht die ersten. Die Besucher des Metal Assault haben mehr bekommen als erwartet, und bei keiner anderen Band heute wurde es so gedrängt voll vor der Bühne. Stallion waren heute der beste Festivalopener seit Evil Invaders auf dem Keep-It-True im letzten Jahr. Von dieser Band werden wir noch einiges hören. (Joxe Schaefer).

 

speedtrapNach dem fulminanten Auftritt von Stallion war es nicht einfach, die gute Stimmung aufrecht zu erhalten. Dieses schwere Erbe traten die vier Finnen von Speedtrap jedoch souverän an und lieferten einen guten und überzeugenden Gig ab! Auch wenn nicht mehr so viele Leute vor der Bühne waren wie bei Stallion, war die Stimmung vor der Bühne ausgelassen gut. Der Sound war klar und der Speed Metal (wer Speedtrap heißt muss auch Speed spielen) animierte doch einige Metalheads, ihre Rübe zu schütteln. Die vier Nordmänner prügelten sich unterhaltsam durch ihren 45 minütigen Set. Dabei wurden sechs Songs des aktuellen Albums „Powerdose“ und zwei Songs einer Split-Scheibe (zusammen mit Death With A Dagger) aus dem Jahre 2010 zum Besten gegeben. Mir war das Material zwar komplett unbekannt, die Songs wussten jedoch gleich von Beginn weg zu gefallen. Auch wenn Joxe der Meinung war, dass alles gleich klingen würde, und die Band eigentlich nur einen Song gespielt hätte, so konterte ich, dass wenigstens alles gleich gut geklungen hat! Will heißen, es war kein Durchhänger dabei! So durfte es durchaus weitergehen heute. (Steph Bachmann).

Setlist:
Redemption Of Might
Take Their Lives
Out Of Time, Out Of Line
Ready To Strike
No Sympathy
Midnight (Rough Ride)
Our For Your Blood
Powerdose



masters of disguiseDass hinter dem Namen Masters Of Disguise nicht die Autobahnpolizei aus Kalifornien steckte, sondern die Jungs von Roxxcalibur, hatte sich bereits rumgesprochen. Doch in genau dieser Dienstoberbekleidung betrat das Quintett die Bühne. Shouter Alexx zog sein Hemd bereits nach erstem Song „Never Surrender“ aus. Nach dem Weggang von Savage Grace Originalsänger Chris Logue war eine neue Platte bereits fertig. Da nannte man sich analog dem ersten Savage Grace Album um, Roxxcalibur-Alexx übernahm das Mikro, und „Back With A Vengeance“ kam raus. Definitiv die bessere Idee, statt alles in den Papierkorb zu werfen. Also brachte man den speedigen Metal a la Savage Grace auch auf die Bühne, und zwar mit Verstärkung. Der Coverheld, der fiese Moped-Cop, der tatsächlich der Proberaumvermieter der Band sein soll, stand schon zu Beginn vorn am Bühnenrand und bedrohte des Publikum mit seinem Schlagstock, noch bevor Gitarrist Kalli sein erstes Riff zockte. Die Band trat ohne Drummer Neudi auf, der sich nun voll und ganz seinen Idolen Manilla Road widmen möchte, wenn er nicht gerade mit Roxxcalibur arbeitet. Doch für „Bound To Be Free“ von Savage Grace nahm er noch einmal auf dem Drumhocker von Neuling Jens Gellner Platz. Von ihren Vorbildern spielten sie noch zwei weitere Tracks, und griffen sonst auf eigenes Material zurück. Für „Now And All Time“ wurde auch ein Videoclip abgedreht, in dem der Mopped-Cop sich über ein unfreiwilliges Girl hermacht. Diese Videoszene stelle er vor dem Drumkit nach, allerdings mit einem freiwilligen Girl. Heißer Auftritt mit heißen Szenen, dagegen waren die Heizstrahler an der Hallendecke ein Dreck. Nach späterer Autogrammstunde posierten Band und Gefolgschaft noch in der Menge und waren für alle Fotofans bereitwillige Motive. Sieht dem Anschein nach so aus, als würde man von Masters Of Disguise in Zukunft noch mehr hören. (Joxe Schaefer).

 

funeral nationFuneral Nation aus Chicago waren für mich irgendwie der Fremdkörper des Billings, da sie die extremste Band des Festivals darstellten. Sie mühten sich zwar redlich, aber der Funken wollte nicht so richtig auf das Publikum überspringen, und das, obwohl es an der Setlist des Quartetts eigentlich nichts auszusetzen gab. Es wurden drei Klassiker vom Debütalbum „After The Battle“ und drei weitere Knaller von der „Rein Of Death“ EP, beide stammen aus dem Jahre 1991, gespielt. Ergänzt wurde der Set durch „Encased In Glass“ vom 1992er Demo Tape „The Benediction“, „Lowther“ von der aktuellen EP „Wicked“ und einem Song namens „Satan’s Prey“, der meines Wissens lediglich auf der 1995 erschienenen Compilation „Come Kingdom Thy“ erhältlich ist. Wie bei allen Bands des Tages lag der Fokus ganz klar auf der teils legendären Vergangenheit. Trotz der coolen Setlist blieb mir der 45 minütige Auftritt etwas zwiespältig in Erinnerung. (Steph Bachmann).

Setlist:
After The Battle
Reign Of Death
Lowther
Eyes Of Christ
Encased In Glass
Eternal Promises
Midnight Hour
Satan’s Prey
Sign Of Baphomet


jaguarNun war es Zeit für die New Wave Of British Heavy Metal Veteranen Jaguar. Ihr 83er Album „Power Games“ zählt zu den Wichtigsten der Bewegung, und es stand auch heute schon beginnend mit dem Eröffnungssong „Out Of Luck“ im Mittelpunkt. Die Band legte einen bewegungsfreudigen Gig hin, und Shouter Jamie sang dem Bassmann ein Geburtstsgsständchen. Einzig verbliebendes Originalmitglied, Gitarrist Garry Peppard, hatte zwischen den Songs immer wieder dem Stimmen seiner Paula zu kämpfen, was Shouter Jamie zur Aufgabe nahm, die Zeit zu überbrücken. Jamie, seit 1998 dabei, hätte heute gut daran getan, sich etwas mehr zurück zu halten. Doch das hyperaktive Energiebündel ließ auch zwischendurch keine Gelegenheit aus, wo es eigentlich nichts zu singen gab, seine Stimme ins Mikro zu schicken. Den Vogel schoss er im langen Vorspann von Rawdeal ab, wo er von Gloria Gaynor „I Will Survive“ sang. Das passte zwar zur Songrhythmik, aber ob das hier und heute da hingehörte, wo er schon wesentlich mehr sang als notwendig, wollte nicht nur der Verfasser dieser Zeilen in Frage stellen. Hier wäre weniger echt mehr gewesen. Zu „Back Street Woman“ flog dann die Stageuhr von der Bühnenseite in die Menge, nachdem Jamie damit seine Faxen machte. Aber die Gitarre konnte schön durch die Songs „War Machine“, „The Fox“, „Dutch Connection“ und auch „Master Game“ braten, dass es daran nichts auszusetzen gab. (Joxe Schaefer).

 

poltergeistDa muss ich als Basler nach Würzburg fahren, um unsere Basler Thrasher von Poltergeist nach über 20 Jahren wieder einmal live erleben zu können. Um es vorwegzunehmen: Der weite Weg hatte sich gelohnt! Neben den Originalmitgliedern V.O. Pulver (Gitarre) und André Glieder (Gesang), geisterte auch Marek Felds (Bass), der nach der Veröffentlichung des Debütalbums zur Band gestoßen war, wieder mit. Verstärkt wurde dieses Trio durch Gitarrist Chasper Wanner (Driving Force) und Sven Vormann (Megora, ex-Destruction) an der Schiessbude. Gespannt durfte man darauf sein, wie sich Sänger André aus der Affäre ziehen würde, sind gewisse Gesangspassagen bekanntlich nicht gerade trivial zu singen. Alle Sorgen waren jedoch unbegründet, denn er kann es immer noch! Die Band spielte einen sehr tighten Gig, der bei mir nostalgische Gefühle auslöste, zählt doch vor allem das dritte Album „Nothing Lasts Forever“ zu einem meiner Alltime Favoriten! Die Band hatte richtig Spaß in den Backen und präsentierte einen sehr gelungenen Querschnitt ihrer drei Alben. Die Zuschauerreaktionen waren sehr positiv, auch wenn es bei anderen Bands voller war vor der Bühne. Es wurden jedoch zwischen den Stücken immer wieder „Poltergeist“ Sprechchöre angestimmt. Die agile Band spielte sich sehr homogen und sauber durch ihren ständigen Set; der Sound war knackig und kristallklar. Die Zeit verflog in den ersten Reihen wie im Fluge und so ging nach dem Titelsong des dritten Albums dann ein für mich sehr spezieller Gig viel zu schnell zu Ende. Ich hoffe sehr, dass ich für den nächsten Poltergeist Gig nicht wieder mehrere hundert Kilometer fahren muss, sondern dass die Band auch in ihrer Heimat wieder einmal eine Bühne entern wird! (Steph Bachmann).

Setlist:
Intro
Three Hills
Empty Inside
Writing On The Wall
Behind My Mask
Just Doin’ My Job
Those Were Better Days
Intro
Depression
We Are The People
You’ve Learned Your Lesson
Drilled To Kill
Haunted House
Nothing Lasts Forever


skycladSkyclad waren eine der Bands, die ich in den 90ern häufig live gesehen habe. Ich liebe vor allem die frühen Alben der Band, als sie noch deutlich thrashiger zu Werke gingen und die Folkelemente nicht so stark im Vordergrund standen wie in der jüngeren Vergangenheit. Leider sind mit Gräme English (Bass) und Steve Ramsey (Gitarre) – beide sind auch Gründungsmitglieder von Satan – lediglich zwei Originalmitglieder übrig geblieben, obwohl auch Geigerin/¬Keyborderin Georgina Biddle seit einer gefühlten Ewigkeit zum Line-Up gehört. Auch wenn Sänger Kevin Ridley sich redlich bemühte, kam er einfach nicht an seinen Vorgänger Martin Walkyier heran, auch wenn Kevin mittlerweile länger in der Band ist, als Martin es war. Wie dem auch sei, die Setlist vom Metal Assault 2014 hatte es wirklich in sich. Es hat außerordentlichen Spaß gemacht, viele alte Klassiker der Band zu hören und es war schön, dass vor allem meine Lieblingsalben „Jonahs Arg“ (1993) und „Prince Of The Poverty Line“ (1994) etwas mehr Beachtung fanden als sonst. Generell war kein Song jünger als 1995. Das spricht doch Bände! Die Band war sehr spielfreudig wie immer, das Publikum hungrig und der Sound angenehm gut. Somit kann man von einem sehr gelungenen Auftritt der Nordengländer sprechen. Einziges Manko: das etwas zu laute Keyboard, das ebenfalls von Geigerin Georgina bedient wurde. (Steph Bachmann).

Setlist:
Sky Beneath My Feet
Earth Mother, The Sun And The Furious Host
Men Of Straw
Skyclad
The One Piece Puzzle
Just What Nobody Wanted
Cardboard City
The Wickedest Man In The World
The Widdershins Jig
The Declaration Of Indifference
Spinning Jenny
Thinking Allowed?


omenDer Slot des Co-Headliners gehörte Omen aus Dallas, und es sollte die komplette „Battle Cry“ auf der Playlist stehen. Mit einem neuen Sänger an der Front, der sich leider nicht vorstellte, stieg man mit „Death Rider“ in den Set ein. Er lieferte zwar mehr als einen soliden Job, konnte George Call aber nicht ebenbürtig ersetzen. Immerhin saß an den Drums mit Steve Wittig noch ein weiteres Originalmitglied, neben Kenny Powell an der Gitarre natürlich. Zu „The Axeman“ hatte dann Oliver Grbavac seinen zweiten Auftritt. Kurz nach Mittag als Gitarrist bei Stallion, und nun noch einmal als Axtschwinger bei Omen. Er machte bei beiden Auftritten eine gute Figur. Basser Andy Haas hatte ebenfalls ein Schlagwerkzeug, nämlich ein Bass ähnlich wie die bekannte Axt von Gene Simmons. Von seiner Halbgesichtsmaske trennte er sich bereits nach zwei Songs, blöd nur, dass Klebstoffreste zurück blieben, die er auch mit Handtüchern nicht aus dem Gesicht gewischt bekam. Zusammen mit dem neuen Shouter, der bereits Fünfte bei Omen, machte er sich einen Spaß daraus, offensichtlich soeben erlernte deutschen Worte in die Menge zu rufen. Ganz weit oben dabei die Begriffe „scheiße“ und „geil“. Das Stageacting war jedenfalls so flink, dass man mehr Hitze von der Bühne bekam, als von der abflachen Höhensonne von der Hallendecke. Nicht nur die Ausflüge des Sängers in die erste Reihe kamen sehr gut an, sondern man lieferte einen so anständigen Gig ab, dass die Texaner mit Omen Sprechchören verabschiedet wurden. Konnten das Riot V danach noch toppen, Steph? (Joxe Schaefer).

 

riot vAuf Riot V war ich dann sehr gespannt, war der Auftritt in Würzburg doch erst der zweite Gig –der erste fand am Vortag in Italien statt– nach dem Tod von Gründungsmitglied, und Mr. Riot schlechthin, Gitarrist Mark Reale vor fast genau zwei Jahren. Gesangstechnisch brauchte man sich im Vorfeld keine Sorgen zu machen, stand doch mit Todd Michael Hall ein großartiger Vokalakkrobat hinter dem Mikro. Den Ausnahmesänger konnte man auf dem letztjährigen Keep-It-True als Sänger von Jack Starr’s Burning Starr bewundern. Heute erklärte er dem Publikum, dass die römische Fünf hinter ihrem Namen lediglich bedeute, dass er der fünfte Sänger bei Riot sei. An der zweiten Klampfe stand ein Jungspund, dessen Name mir allerdings unbekannt geblieben ist. Gerüchten zu Folge soll es ein Gitarrenschüler von Mike Flyntz gewesen sein. Los ging es nach einem kurzen Intro mit dem Klassiker „Narita“ vom zweiten gleichnamigen Album. Wie zu erwarten war, ging es Schlag auf Schlag weiter, und es wurden fast alle Klassiker-Alben der „Frühphase“ berücksichtigt. Lediglich „Born in America“ (1983) wurde dabei übergangen. Auch wenn es mit „Wings Are For Angels“ vom 2011er Album „Immortal Soul“ und „Angel Eyes“ vom 1998er Output „Inishmore“ zwei Songs jüngeren Datums den Sprung auf die Setlist geschafft hatten, lag der Fokus ganz klar auf den alten Klassikern. Es wurden ganze sechs Stücke des Hammeralbums „Thundersteel“ (1988, mein Lieblingsalbum der Band) dargeboten. Todd lieferte dabei eine Meisterleistung am Gesang ab, auch wenn sein Outfit nicht so richtig Metal war. Die Instrumentalfraktion¬ um Langzeitgitarrero Mike Flyntz legte, angetrieben von Drumtier Bobby, ein amtliches Brett an den Tag, und es wurde Perle an Perle gereiht (siehe Setlist). Das doch bereits etwas ausgepowerte Publikum ging immer noch amtlich ab. Die Stimmung war gut, auch wenn die Publikumsreaktionen vielleicht eine Nuance hinter denen von Omen hinterhinkten. Trotzdem hatte die Band sichtlich Spaß, und das Publikum feierte die Band gebührend. Auch wenn die speedigen Powermetaller eher statisch agierten und bedeutend weniger agil über die Bühne huschten als noch Omen zuvor, darf man trotzdem ein positives Fazit ziehen. Todds originalgetreue Gesangsleistung beim abschließenden „Thundersteel“ war gänsehauterregend und alleine dies rechtfertigte den Headlinerstatus der Band! Alles in allem ein sehr gelungener Auftritt der New Yorker, der sicherlich auch Mark Reale gefallen hätte. (Steph Bachmann).

Setlist:
Intro
Narita
Fight Or Fall
On Your Knees
Metal Soldiers
Wings Are For Angels
Johnny’s Back
Hard Lovin’ Man
Fire Down Under
Metal Warrior
Sign Of The Crimson Storm
Angel Eyes
Still Your Man
Altar Of The King
Flight Of The Warrior
Bloodstreets
Road Racin’
Swords And Tequila
Warrior
Thundersteel



Autor: Steph Bachmann; Joxe Schaefer - Pics: Steph Bachmann; Joxe Schaefer