Female Fronted Night

Wuppertal, Die Börse, 28.11.2013

LION TWIN janWer in Wuppertal fremd ist, wird aufgrund der Straßenführung als Autofahrer fast irre. Mein erstes Mal in Richtung „Die Börse“ war aber auch nicht schön. Weihnachtsmarkt in der City, Probleme mit der Wuppertaler Schwebebahn und Berufsverkehr. Tolle Voraussetzungen, um mitten in der Woche auf einem Konzert pünktlich zu erscheinen. Das Interview mit Fish (ex-Marillion) beendet, und ab auf die A3. Schön, dass wenigstens der Stau auf der A46 „fast“ ausblieb. Im Venue angekommen, war in Sachen Zuschauer erstmal Ebbe angesagt. Freunde begrüßt, ein Kaltgetränk bestellt und Li (Lion Twin) kennengelernt. Darauf habe ich mich lange gefreut. Unsere Freunde von Distance Call waren wohl schon Backstage, denn sie fand ich nirgendwo. Female Fronted Night, das Thema des heutigen Abends, mit drei Bands: Lion Twin, Dawn Of Destiny und Distance Call. An der Front jeweils eine Sängerin. Liane Vollmer-Sturm lud als Gastgeberin und es versprach spannend zu werden. War doch ihr Bandalbum „Nashville“ einer meiner Favoriten aus dem Jahr 2013.

 

DISTANCE CALL jörnZuerst enterten Korry Schadwell und Distance Call die Bretter. Diese Band konnte man gewollt und ungewollt bei etlichen Konzerten in diesem Jahr sehen. Überall wo es ihnen wichtig war, ergatterten sie den Opening-Slot (unter anderem Queensryche und Bonfire). Zudem haben sie mit „Said And Done“ ihren zweiten Silberling im Gepäck, den ich leider bis dato noch nicht gehört hatte. Mutig gingen sie direkt mit einem brandaktuellen Hit ins Rennen. Der Stampfer „Ride On“, Opener des neuen Albums, sorgte sofort für frischen Wind unter den Fans. „Can`t Get Enough“, wieder neu und im Uptempo-Bereich, ließ die ersten Matten schwingen, bevor man mit den Bandklassikern „Set Me On Fire“ und „Thunderstorm“ erstmal auf Nummer Sicher ging. Der Saal war bereits angenehm gefüllt, aber es ging noch eine ganze Menge. „Delirium“ war etwas gewöhnungsbedürftig, da auch neu. „Rock The Night“ wurde wieder von allen Fans gefeiert. Leider war es auf der Bühne etwas sperrig. Man sollte meinen, dass die vielen Gigs die Band actionmäßig etwas zusammenwachsen ließ, aber zumindest wirkte es so, als ob der Funke zwischen den Musikern nicht gänzlich zündete. Das Agieren der Freunde untereinander wirkte etwas aufgesetzt und behutsam. Dabei schrien die Songs nach Dampfablassen. Natürlich war es verständlich, dass die Band lieber erst mal das neue Material spielte und so bekamen wir noch „The Rush Is Mine“ und „Empty Visions“ auf die Lauscher, bevor man mit den allseits bekannten „Ray Of Light“ das Ende einläutete. Als Special Guest immer wieder passend.

 

LION TWIN liEigentlich hatte ich jetzt Dawn Of Destiny erwartet, aber komischerweise trat Lion Twin auf die Bühne. Das war gleich ein anderes Bild. Li, ihr Partner in Crime Jan, der ein bisschen wie der junge Klaus Kinski aussah und die anwesenden Gastmusiker, entfachten mit dem Opener „Tristan & Isolde“, ein wahrer Stampfer vor dem Herrn, ein ordentliches Inferno. Lebendig wie eine Entertainerin sein sollte, eroberte Li die derweil stark gestiegene Besucherzahl im Sturm. „Ready To Rock“ und „Eco Warrior“ wurden mit filigranen Gitarrensoli seitens Jan bestückt, der ein Poser a la carte ist und seine facettenreiche Gitarrenauswahl Parade fuhr. Direkt im Anschluss mit „Ready To Rock“, stürmen die ersten Gastsänger auf die Bühne. Paul Dahlmann (Cyberya) und Holger vom Scheidt (Hardest Steel) heißen die beiden Recken. Das wiederholte man im späteren Verlauf auf „Occupy!“ auf dem Shouter Oliver Lux (Contradiction) aushalf. Die eigentliche Begleitband rockte als gäbe es keinen Morgen, und so spielte man sich souverän durch das neue Album. Gerade mal „Behold The Man“ verweigerte man uns aufgrund der fehlenden Zeit. Kaum zu glauben, dass diese Truppe erst zwei Jahre zusammen ist. Kurz vor Ende kam die Single „Day Of Anger“ zur Geltung. Wie nicht anders erwartet, ohne Duett-Shouter Udo Dirkschneider (U.D.O.), aber dennoch sehr geil und powervoll. Die Superballade „Wings Of Love“ beendete das Set und ließ Bange Warten auf die Dinge, die da noch kommen sollten. Egal. Von dieser Band brauche ich dringend Nachschlag.



DAWN OF DESTINY jeanetteZuletzt traf es Dawn Of Destiny, von denen ich zuletzt im Jahr 2012 gehört hatte. Ihr Album „Praying To The World“ kam auf den Markt und bekam von meinem Kollegen satte acht Punkte in seiner Bewertung. Das konnte ich nicht so ganz nachvollziehen, und aufgrund dieser Live-Show erst recht nicht. Nach den ersten beiden Acts noch die Kurve zu kriegen ist, wahrlich auch nicht einfach. Nun ja, es gab auch nur zwei Tracks der Scheibe, gepaart mit einem Best-Of-Set, den wahrlich nicht mehr viele erlebten, denn das Gros der Meute war bereits auf dem Nachhauseweg. Ein Gig mitten in der Woche um diese Uhrzeit…schwierig. Jeanette Scherff, immer noch die Neue am Mikrofon der Bochumer Formation, hat aber nicht das Format einer Korry Schadwell oder gar Li Vollmer-Sturm. Sie wirkte etwas unsicher und hatte noch Berührungsängste mit dem Publikum, um richtig die Sau rauszulassen. Immerhin riss sie die eigens angereisten Fans mit. Leider ging das mit ihrer Stimme aber genauso nach hinten los. Zu wenig Abwechslung, kaum Spannungsbögen und keine Ausstrahlung. Viele der Songs klangen austauschbar. Zumindest dann, wenn man so wie ich mit dem Material kaum vertraut war. Da wurde man schon im Ansatz am Aufhorchen gehindert. Dennoch gab sich die Band redlich Mühe, die verbliebenen Zuschauer anzufeuern, was aber nicht immer funktionierte. Trotz geforderter Zugabe war dieser Gig nicht überzeugend. Dennoch freue ich mich auf die nächste Ausgabe von „Female Fronted Night“.



Autor: Steve Burdelak - Pics: Steve Burdelak