IRON MAIDEN, SABATON, GHOST, VOODOO SIX

Oberhausen, König Pilsener-Arena, 06.07.2013

IRON MAIDENWieder einmal schlug eine Heavy-Metal-Legende, Iron Maiden, im Ruhrgebiet auf, und zwar in der Köpi-Arena in Oberhausen. Allerdings war es nicht die Halle selbst, sondern das Parkplatz Freigelände hinter dem Venue. An dem heutigen Tag gab es die besten Voraussetzungen für einen Open-Air Event. Sonnig, heiß, Wochenende und ausverkauft. Tatsächlich gaben sich 26.500 Fans ein Stelldichein, für circa 75 Euro. Damit war das Gelände fürchterlich überladen und von hinten gab es mal gar nichts zu sehen. Die Merchandise-Preise und die Summen, die für Getränke und Speisen aufgerufen wurden, mag echte Iron Maiden Fans nicht mehr schocken, aber Unsereins wurde blass. Warum immer noch viele Menschen meckerten, aber trotzdem in die Tasche griffen, wird mir ein ewiges Rätsel bleiben. Das Publikum hatte sich seit meinem letzten Besuch bei der Band in den 80er-Jahren stark gewandelt. Neben dem „truen“ Metaller wandelten Büro-Papis mit Kindern, Jungvolk aus der Core-Szene, die nur mal mit echten Altstars feiern wollten. Verkappte, langhaarige, Möchte-Gern-Metaller, die außer Iron Maiden, AC/DC, Metallica und Guns n´ Roses keine Band seit den 90er-Jahren mehr mitbekommen haben, und die Leute, die nur die Meile flanieren um morgen sagen zu können, sie waren dabei. Ganz frei nach dem Motto: Sehen und gesehen werden. Aber…die Laune war überall unschlagbar positiv.

 

VOODOO-SIXMehr als zeitig, und zwar fast fünfundvierzig Minuten eher als angekündigt, stiegen um 17:15 Uhr die Briten Voodoo Six auf die Bretter. Groß gepusht vom Label und der dazugehörigen Promotion-Firma, schwirrte ihre Musik schon seit Wochen in der Gegend rum. Und dennoch war ihr Retro-Sound absolut unbekannt. Was nicht heißen soll, dass man sie nicht gebührend empfing. Sie hatten keine Hemmungen sich auf der Bühne zu bewegen, das Publikum zu jeder Zeit zu integrieren und vor allem Basser Tony Newton grinste stets im Kreis und zeigte eine enorme Spielfreude. Er war früher bei Dirty Deeds und fungierte gleichzeitig als Produzent der Band, deren Hauptohrenmerk bei diesem Auftritt, selbstredend auf dem neuen Album „Songs To Invade Countries To“ lag. Dieser dritte Albumtitel ist weder glücklich gewählt, noch spiegelt Titel oder Artwork, das auch die Bühne schmückte, samt Armee und Panzer, die präsentierte Musik wider. Natürlich ist die musikalische Invasion gemeint, aber nicht jeder schaltet gleich in diese Richtung. Derweil zog man sich Outfit-mäßig passend an und strapazierte auch nicht mit übermäßigem Gepose, das die Alt-Fans von Iron Maiden noch immer bei Gitarrist Janick Gers verabscheuen. Warum soll man viele Worte verlieren? Voodoo Six waren ein passender Startschuss und passten mit ihrer Musik ganz gut ins Billing.

 

GHOSTDas war für den Nachfolger Ghost nun ja nicht gerade der Fall. Schon im Voraus gab es böse Worte, und nicht wenige Beschuldigten den Veranstalter, Band und Verantwortliche Ghost nur aufgrund eines fetten „Pay To Play“-Cheques spielen gelassen zu haben. Mir war der Act völlig unbekannt und deshalb zog es mich aufgrund absoluter Neugierde an die Front. Was sich dann abspielte, spaltete die Zuschauer sofort in zwei Gruppen. Das dauerte auch keine zwei Songs. Die größere war auf jeden Fall die „Nicht-Möger“. Man wanderte zum Tresen, obwohl man hier satte vier Songs auf ein Getränk warten musste, nur um zu erfahren, dass Cola und Wasser alle waren (gut organisiert), oder holte sich etwas zum Essen. Ansonsten konnte man die Zeit nutzen, am Merchandise-Stand in der Schlange zu verharren. Dort befanden sich nämlich locker sechzig Mann/Frau vor einem. Unfassbar! Doch zurück zu den Jungs aus Linköping, Schweden. Der Gaudi sollte wohl sein, dass man maskiert und größtenteils anonym (alle Musiker werden als „A Nameless Ghoul“ bezeichnet), auftrat. Die Band trug Vogelmasken und Kostüme, die man vom Karneval in Venedig vermuten könnte. Den einzigen Pseudo-Namen trägt der geschminkte Sänger „Papa Emeritus II“, der wie ein fieser Papst aussah. Man hatte zwei Alben im Gepäck, „Opus Eponymous“ und das eben erschienene, „Infestissumam“. Die Musik war eine irre Mischung aus 70er-Jahre Doom, gepaart mit 60er-Jahre Psychedelic Rock und Elementen des New Wave Of British Heavy Metal. Man verwieß auf satanische Texte und die Show war eine Mischung aus Theater und okkulter Theatervorführung. Und im Prinzip war alles toll, bis Shouter „Papa“ sein Mundwerk öffnete. Dieses Gejaule verdarb mir den Brei. Druckloses Geseier ohne Akzente. Mag ja sein, dass die Band in den Medien gefeiert wird, und dass ein mancher vor Ort sie in den „Kult“-Bereich packte, aber das Gros der Iron Maiden-Fans fühlte sich mit einer solchen Vorband verarscht. Im Übrigen habe ich es nicht verstanden, dass einige Menschen sich über die Buh-Rufe und Unmutsbekundigungen und Stinkefinger bei dieser Show aufgeregt haben. In der ganzen Welt wird musikalische Leistung auf der Bühne mit Applaus belohnt und Mist mit Buh-Rufen. Selbst die Blues-Brothers mussten hinter Hühnerdraht singen und das fanden wir im Kino damals schließlich alle lustig.

 

SABATONMit dem letzten Ton von Ghost kam für viele die Erlösung, aber jetzt ging das Grauen für manch anderen Besucher los. Sabaton, die Keyboard-Overdrive-Power-Metaller stürmten die Bühne. Doch die Zahl der gereizten Zuschauer war kleiner als die, die Ghost erschreckend fanden. Die Stimmung ging richtig gut ab, und es gab zum ersten Mal am Abend einen fetten Mitgröl-Faktor. Viele anwesende Musikfreunde waren mit den Songs der Schweden vertraut und feierten das ganze Programm richtig krass ab. Da wurde getanzt, gesungen, gemosht…es gab Crowdsurfer und sich in den Armen liegende Chöre. Sabaton sind eingefleischte Bühnenprofis und haben ihr Gefolge im Griff. Immer wieder ertönten deutsche Ansagen und Aufpeitschungen. Aber auch der Running-Gag mit „Noch einem Bier“, durch den sympathischen Fronter Joakim Brodèn, durfte nicht fehlen. Und obwohl es seit 2012, mit den beiden Gitarristen Chris Rörland und Thobbe Englung, sowie dem Drummer, Robban Bäck (blieb aufgrund familiärer Angelegenheiten fern und überließ Snowy Shaw, ex-King Diamond die Show), drei neue Mitglieder gab, war dies der Band im gut positioniertem Team nicht anzumerken. Man war eine homogene Einheit und teilte den Spaß. Leider kamen die Keyboards allesamt vom Band, anstatt den verantwortlichen Tastenmann, Daniel Myhr, in die Formation zu integrieren. Mitglied hin oder her, Sabaton punkteten mit „Far From The Fame“, „A Lifetime Of War“, “Carolus Rex” und immer wieder „Primo Victoria“. Gut gemacht!

 

IRON MAIDENBevor die edlen Briten die Bretter betraten, durfte das wartende Volk geduldig dem langen Intro lauschen, das aus einem kompletten Song bestand. Der Iron Maiden Coverversion von UFO`s „Doctor Doctor“. Dann kam das eisige Bühnenbild von “Seventh Son Of A Seventh Son” während des Intros zum Vorschein. Drummer Nicko McBrain erkletterte sein Kit und ab ging die Post, zu einer packenden „Best-Of-Show“, mit einem starken Bruce Dickinson. Für die hinteren Reihen gab es überdimensionale Bildschirme, aber eine Iron Maiden Show sollte man zumindest ein mal im Pit erlebt haben. Wer die Jungs wie ich live seit Jahren nicht mehr gesehen hatte, war vielleicht erstaunt wie alt die Herrschaften geworden sind. Aber actionmäßig war davon keine Spur zu merken. Zu jedem Hit wechselte das Bühnenbild und oftmals das Outfit von Herrn Dickinson, der in einem Frack anfing, zur „Trooper“-Uniform wechselte, dann im T-Shirt die Bühne erklomm, im späteren Verlauf einen langen Mantel überzog und zum Schluss mit Pilotenhaube aufwartete. Alles passend zur Ära der Songs und ihren Themen bei den Alben. Keines der Mitlieder war bei schlechter Laune und alle hatten Spaß miteinander und mit dem Publikum. Natürlich wurde auch das Maskottchen Eddie reichlich mit ins Programm integriert. Als säbelschwingender Pirat, als Storyteller oder im Outfit des „Seventh Son Of Seventh Son“ Covers. Es gab explodierende Pyro-Effekte und stets Feuersäulen. Und dann die Hits. Iron Maiden haben davon Schubkarren voll. „Wasted Years“, „Run To The Hills“, „The Number Of The Beast“, “The Prisoner”, “Can I Play With Madness”, “The Trooper” und “Moonchild”, sowie der Rest der Songs der legendären “Maiden England Tour” aus dem Jahr 1988. Sie alle wurden gespielt. Bei “Fear Of The Dark” entwickelte sich ein wahrer Mosh-Pit…natürlich genau neben mir, haha. Da gab es für die Jungs und selbst Mädels, kein Halten mehr. Derweil ging auf dem Festival selbst das Bier aus. Eine wirklich magere Leistung für den Veranstalter. Nur das bebende „Scream For Me Oberhausen…Scream For Me Germany“, aus dem Halse von Bruce Dickinson machte die Sache wieder wett. Natürlich lauthals beantwortet von knappen 26.500 Mündern. Der deutsche Teil der „Maiden England-European IRON MAIDENTour 2013“ fand heute ihren Abschluss. In Hamburg soll gerade Mal die Hälfte der Zuschauer da gewesen sein. Dafür gab es hier Parkplatz-Schwierigkeiten und Nadelöhr-Zugang. Was um 20:45 Uhr anfing, war nach neunzig Minuten Spielzeit zu Ende. Doch Zugaben, zu denen auch „2 Minutes To Midnight“ und „Running Free“ gehörten, ließen nicht lange auf sich warten. Zumindest musikalisch zufrieden gingen die Fans nach Hause, nachdem weitere zwanzig Minuten abgerockt wurde. Das nenne ich „Value for Money“, zudem man stets das Gefühl hatte, Jungspunde beackerten die Bühne. Metal as Metal can be!!!



Autor: Steve Burdelak - Pics: Steve Burdelak