HERBERT GRÖNEMEYER - LIVE AT MONTREUX 2012


Label:EAGLE VISION
Jahr:2012
Running Time:149:00
Kategorie: Neuerscheinung
Non Metal
 

Grönemeyer ist für mich der deutschsprachige Gesangsgott. Seine Texte und Phrasen sind einfach nur atemberaubend und betörend, verzaubernd und dramatisch, tragisch empfindsam und mehr als einfühlsam. Der Mann weiß wovon er spricht und bringt für viele alltägliche Emotionen ins musikalische Geschehen. Grönemeyer bewegt und reißt mit. Besonders live war das schon immer so. Ausverkaufte Häuser und Kartenverkauf in sekundenschnelle. In unserer Heimat kann ihm kaum jemand das Wasser reichen. Trotz aller Unkenrufe aufgrund seiner Stimme und seiner Bewegungen. Nur im Ausland sah die Zukunft immer mau aus. In Kanada ging er in den 90er-Jahren mit „What`s All This“ fürchterlich baden. Dann der Tod seiner Frau. Und ich dachte wir hätten ihn verloren. Da schreib er mal eben zwei der schönsten Balladen und Liebeserklärungen aller Zeiten. Jetzt, ein für mich überraschender Auftritt auf dem berühmten Jazz-Festival in Montreux. Was soll das? Grönemeyer goes Jazz? Um Gottes Willen! Ich lese mit Abstand eine der fettesten Songlisten auf einer Blu-Ray. Insgesamt dreißig Titel, die keine Wünsche offen läst. Hier wurde wirklich jeder Hit berücksichtigt. Das ist wohl seine Art Danke zu sagen, dafür der erste deutschsprachige Sänger auf diesem etabliertem Festival zu sein, das seit Jahren internationalen Standard genießt. Natürlich ist die Aufnahmequalität gewohnt schier unglaublich. Eben ein Genuss für den Old-School-Geschmack. Denn es gibt keine wirren Bildwechsel, blendende Pyros oder Nebeleskapaden. Doch heuer präsentiert sich mit Gewalt ein anderer Grönemeyer. Er hat eine Anzahl an Mitmusiker die über das Ziel hinausschießt. Mein Lieblingskonzert war noch immer Herbert, live alleine mit dem Piano in Rheinhausen 1987. Das erste Negative was in die Ohren ballert ist der männliche Background-Sänger, der öfters mal verreißt und die Töne zu hoch nimmt. Der Rest versucht viele der für dieses Festival veränderte Kompositionen gerecht zu werden. Diese Spielart hat nichts mit den üblichen Grönemeyer Songs zu tun und gehört hier nicht hin. Herbert wirkt total aufgedreht, wie auf Droge und hüpft sich in Extase, schreit, grinst überdimensional und überreizt seine Stimme. Wie ein Kind im Spielzeugladen. Was soll mir das sagen? Nur in den vielen nachdenklichen Balladen schein ich den Meister wirklich wieder zu entdecken. Die großen Hits werden mitten ins Set gebracht um aus dem Schwermut hinauszubugsieren. Das funktioniert. Die Franzosen sind begeistert und spenden mehr als nur höflichen Applaus. Immer wieder schenkt er den Zuschauern französische Ansagen. Das kommt bei den sturen Franzosen eh gut an. Nein Grönemeyer ist nicht mehr Grönemeyer. Er ist ein Herbert Grönemeyer zwischen den Stühlen geworden. Irgendwo zwischen gespieltem Spaß und völliger Trauer, muss unser Entertainer Nummer Eins sich vielleicht noch einige Jahre finden. Zurück zu seinem Leichtmut und unbeschwertem Lebensmut.

Note: 7 von 10 Punkten
Autor: Steve Burdelak


zurück zur Übersicht