Lemmys Todestag wurde an Heiligabend 2023 zum achten Mal eingeläutet, und die Ausschlachtung der Archive hört einfach nicht auf. Nun gibt es aber etwas ganz Besonderes für all die Sammelwütigen unter uns: Die Sammlung aller fünf bisher erschienenen „The Löst Tapes", verteilt auf acht CDs im Digisleeve, mit insgesamt neunundneunzig Tracks und sage und schreibe sechseinhalb Stunden Spielzeit! Die totale Vollbedienung also! Und die hat es in sich, denn es handelt sich vor allem um Mitschnitte von Tourneen, von denen natürlich kein offizielles Live-Album erschienen ist. CD 1 und 2 sind eine Doppel-CD vom Auftritt im Sala Aqualung in Madrid aus dem Jahr 1995 von der „Sacrifice"-Tour, wo Lemmy das Publikum sogar auf Spanisch begrüßt. Es war die erste Tour ohne Gitarrist Phil „Würzel" Burston, die sie erstmals seit 1983 wieder zu dritt bestritten hatten. Gerade hier klingen Motörhead noch sehr wild und aggressiv. Der Sound ist von guter, aber eben nicht glattpolierter Bootleg-Qualität und macht schon richtig Laune, vor allem weil das Hauptaugenmerk auf den unterbewerteten Alben aus den Neunzigern liegt, in der ich von meiner Lieblingsband alle mitbekommen habe, als sie noch aktuell waren.

Bei CD 3 und 4 handelt es sich dann um einen Mitschnitt von 1998 aus Norwich, der sich von der Setlist her deutlich von dem ein Jahr später erschienenen Doppel-Live-Album „Everything Louder Than Everything Else" unterscheidet, obwohl nur ein Album dazwischen lag (von dem man nur einen neuen Song spielte). Damals wurde halt noch nur die Standard-Setlist einfach nur so runterleiert wie heutzutage! Sie beginnen hier mit einem Sirenen-Intro und „Bomber". Der Sound ist hier ähnlich wie beim ersten enthaltenen Konzert: räudig, nicht aber Scheiße! Aber man hört schon, dass die Tapes ursprünglich nicht für eine offizielle Veröffentlichung vorgesehen war. Die dritte und letzte Doppel-CD im Bunde ist ein Gig aus dem Jahr 2000 in Malmö, Schweden. Auch hier ist die Setlist noch anders als von „25 & Alive – Boneshaker" ein Jahr später. Der Sound ist hier etwas dünner. Die Band kommt aber trotzdem rotzig und spielfreudig rüber. Dann folgen noch zwei Einzel-CDs. Der älteste ist auf CD 7 zu hören, und zwar aus Heilbronn am 29.12.1984. Es war die erste Tour mit Phil Campbell an der Gitarre, der bis zum Schluss dabei blieb. Ungewohnterweise trommelt hier Pete Gill (ex-Saxon) und nicht Philthy „Animal" Taylor oder Mikkey Dee.

Vom damals noch aktuellen Studio-Album „Another Perfect Day" spielte man rein gar nichts mehr, sondern wühlte tief in der Klassikerkiste. Hier begrüßt Lemmy das Publikum mit „Guten Abend" auf Deutsch. Auch hier hat der Sound nur Bootleg-Qualität, aber leider auch sehr knarzig mit viel Rauschen. Alles klingt übersteuert. Im weiteren Verlauf gewöhnt man sich aber dran. Schön ist aber, dass man hier sogar einen Hawkwind-Song „Motorhead" (damals zu Hawkwind-Zeiten noch ohne „ö", hier auch!) als letzte Zugabe hört, der Namensgeber der Engländer war. Das hat Seltenheitswert! Zum Schluss gibt es noch eine CD mit einer Aufnahme von 2008, also dem „neuesten" Auftritt in dieser Box, der in Donnington mitgeschnitten wurde und den mit Abstand saubersten und druckvollsten Sound hat. Hier ähnelt die Setlist schon zum Großteil der, die sie zum Schluss immer gespielt haben. Überraschenderweise findet sich hier aber das Thin Lizzy-Cover „Rosalie" in der Mitte des Sets. Was gibt es also noch über diese famose Box zu sagen? Motörhead-Maniacs kommen an dieser Box einfach nicht vorbei! Ein tolles Sound-Dokument durch die verschiedenen Phasen und Besetzungen dieser legendären Band!

Note: Keine Wertung
Autor: Daniel Müller

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