BORKNAGAR - FALL


Label:CENTURY MEDIA
Jahr:2024
Running Time:54:32
Kategorie: Neuerscheinung
 

Rund dreißig Jahre Bandgeschichte liegen hinter den norwegischen Progressive Black Metallern von Borknagar, deren Gründung mitten in die zweite Black Metal Welle fiel. Die damals mit ex-Mitgliedern von Gorgoroth, Immortal, Ulver und Molested gegründete Formation trat an, um die Grenzen des traditionellen Black Metal zu sprengen und Melodie-Bögen sowie technische Brillanz in die Musik einfließen zu lassen. Auf dem 1996 erschienenen Debütwerk fand man seinerzeit eine Mischung aus rohem Black Metal mit Viking Metal Anteilen und beginnende Epik. Letztere sowie die Musik generell haben sich seitdem über weitere zehn Studioalben bis hin zu "True North" aus dem Jahr 2019 so göttergleich verfeinert, dass die Norweger nicht nur Mitgründer, sondern dazu auch mittlerweile Speerspitze des Progressive Black Metal Genres sind. Besonders die beiden letzten Veröffentlichungen (neben "True North" auch noch das 2016 erschienene "Winter Thrice") haben diesen Status manifestiert und die Band zu einer absoluten Macht wachsen lassen, die auch live ihre Klasse vollends ausspielt.

Daher durfte der geneigte Hörer nun auch sehr gespannt sein, was die fünf Musiker um Haupt-Songwriter und Multi-Instrumentalist Oystein G. Brun (Gitarre) auf ihrem zwölften Werk "Fall" präsentieren würden. Ich darf es vorwegnehmen, jeder Fan der Band wird nicht enttäuscht, denn Borknagar spielen auch auf der neuen Scheibe all ihre Stärken aus. Das hochmelodische, fast hymnenhafte "Moon" ist genauso ein Volltreffer, wie das teilweise fast zerbrechliche "The Wild Lingers" oder die über achtminütige Ode an ihre Heimat "Stars Ablaze", die extrem abwechslungsreich dank zwischenzeitlichem Black Metal Geballer von Drummer Björn Ronnow daherkommt. Obendrauf gibt es die Verbeugung vor ihren nordischen Wurzeln in Form des "Nordic Anthems", einen Ausflug in die griechische Mythologie mit "Unraveling", in dem es um Sisyphus´ Felsblock geht und das fast zehnminütige "Northward", welches eine gelungene Platte mit gewaltigen, extrem vielschichtigen Gesängen abrundet.

Überhaupt kommt den beiden Clean-Vocals Performern ICS Vortex (Hauptgesang, Bass) und Keyboarder Lars A. Nedland (zweiter Hauptgesang) eine absolut tragende Rolle auf dem gesamten Album zu, da sie durch ihre empathischen und vollkommenen Gesangsleistungen die Tracks von "Fall" auf ein höheres Level heben. Dies gilt auch für die Vocals des zweiten Gitarristen Jostein Thomassen, der mit harschem Black Metal Gekreische die nötige Abwechslung zu den heroischen Gesängen seiner Kollegen bietet. Jeder Song des neuen Albums hat einen eigenen Charakter und entfaltet sich mit jedem Hören ein wenig mehr. Die kompositorische Tiefe der Stücke ermöglichen jedem Interessierten, auch beim mehrfachen Hören immer wieder neue Details zu entdecken, was eine Langzeitwirkung des Longplayers garantiert.

Schon deswegen passt "Fall" prima zu seinen beiden Vorgängern und bekommt daher den Stempel "höchst empfehlenswert", auch wenn mir - und daher sind es auch "nur" 9 von 10 Punkten - manchmal der letzte Killer-Refrain fehlt. Aber das ist Meckern auf Champions League Niveau, in seiner Gesamtheit ist die Scheibe wirklich eine absolute Macht. Deswegen sichert Euch schnellstmöglich "Fall" und taucht ab in die großartigen Weiten der nordischen Wälder. Ran an den Speck.

Note: 9 von 10 Punkten
Autor: Dirk Schneider


zurück zur Übersicht