DEW-SCENTED - Extrem entspannt und zielgerichtet


Shouter Leif, Mastermind von den extremen Thrashern Dew-Scented, versicherte mir, dieses Interview zu machen. Doch der viel Beschäftigte schmiss zuerst das neue Album "Icarus" raus, und tourte mit seinen neu zusammengestellten Mitmusikern als Support von Six Feet Under durch Mitteleuropa. Doch schließlich klappte es doch noch, und das recht ausführlich.

DEW SCENTED logo INTI 2012Joxe: Zu Anfang einmal Glückwunsch zum neuen Album „Icarus“. Wie sind die ersten Reaktionen darauf?

Leif: Danke sehr! Die Reaktionen sind durch die Bank weg sehr positiv bisher ausgefallen! Ich denke „Icarus“ setzt für Dew-Scented an der richtigen Stelle an und präsentiert uns auch mit einigen frischen Elementen, bzw. mehr Bandbreite! Es war auch gut zu beobachten, dass die neuen Songs auch live gut umsetzbar waren und sie somit direkt und passend ins Liveset integriert werden konnten…

Joxe: Dew-Scented stehen schon so einige Jahre für härtesten Thrash. Fasse doch bitte einmal für Crossfire Eure Historie zusammen.

Leif: Wow, da weiß ich gar nicht so recht, wo ich überhaupt anfangen soll! Es ist ja relativ viel passiert in den letzten zwei Jahrzehnten, bzw. erst recht in den kürzlich vergangenen Jahren. Hmmm, naja, zusammenfassend kann ich wohl sagen, dass wir uns in den frühen 90ern als Fans von hartem Metal dazu entscheiden haben, ein aktiverer Teil der Szene zu werden und nach der Schule, bzw. nach der Arbeit an dieser Band zu werkeln. Daraus resultierte ein Demo-Tape, die ersten Auftritte und recht bald sogar eine erste Albumproduktion. Inzwischen haben wir nach einigen Umbesetzungen mehrere Kontinente betourt und jetzt gerade das neunte Album veröffentlicht. Die Beweggründe dafür, dass es Dew-Scented immer noch gibt sind zum Glück recht ähnlich wie bei den Anfangstagen: Freude an der Musik und der Wille uns immer weiter als Band zu verbessern, um uns selber nächste Ziele stecken zu können. Gut auf den Punkt gebracht?

Joxe: Du hast eine neue Truppe am Start. Mit Marvin Vriesde verbinden sich jedoch schon einige Kontakte zu Dew-Scented. Stell doch bitte einmal alle vor!

Leif: Ja, Marvin ist ein Dew-Scented-Urgestein, sozusagen. Er war bereits 1996 unser Live-Session Gitarrist auf unseren allerersten größeren Tour-Reisen, damals mit Edge Of Sanity, Lake Of Tears und Sadist bzw. direkt anschließend auch bei einigen Shows mit Morbid Angel. Er hat uns dann auch 2002 und 2005 auf verschiedenen Tourneen ausgeholfen und sogar auf dem „Issue VI“ Album und dem „Turn To Ash“ Video mitgespielt, ohne jedoch vollwertiger Teil der Band zu werden. Nun war die Zeit also endlich reif für eine tiefere Zusammenarbeit und ich bin extrem glücklich, dass sich unsere Wege endlich wieder gekreuzt haben. Marvin hat die Musik auf „Icarus“ im Alleingang geschrieben und er weiß ja zum Glück ganz genau, wie Dew-Scented zu klingen haben! Marvin hat auch den Koen als Drummer reingebracht, der nicht nur als einer der größten Talente der Szene gilt sondern auch ein lokaler bekannter von Marvin war, mit dem er schon immer gerne zusammenspielen wollte. Die beiden brachten dann den I Chaos Bandkollegen von Koen, Joost, als Bassisten mit dazu und wir fingen an für „Icarus“ zu proben, um dann recht bald direkt ins Studio zu gehen, um die Aufnahmen des neuen Albums zu machen. Nachdem wir merkten, wie klasse die bisherige Zusammenarbeit gelaufen war und wir die nächsten Schritte für Live-Shows usw. angesprochen haben, wurde Rory als zweiter Gitarrist ins Gespräch gebracht, um ein extrem starkes Gespann mit Marvin zu bilden. Tja, was soll ich sonst sagen…bis hier hin alles wunderbar und wir sind auf die kommenden Herausforderungen gespannt!

DEW SCENTED git INTI 2012Joxe: Ihr wohnt nicht gerade nah beieinander. Wie oft gelingt es Euch, die Band zur Probe zusammen zu bekommen?

Leif: Ach, das ist kein Problem. Wir proben so oft es geht und je nachdem wie wir Lust drauf haben. Es ist natürlich eine Sache der genauen Planung wegen dem räumlichen Abstand, aber auch wegen der anderen Bands der Jungs oder den individuellen Job-Situationen. Wir Proben momentan in Den Haag, wo die anderen ja alle wohnen und für mich sind es gerade mal 2,5 Stunden Fahrt, was nicht weiter ist als ich bereits seit Ende der 90er zu vorherigen Proberäumen zu fahren habe. Ich wohne ja schon länger nicht mehr in der gleichen Gegend, wo die Band beheimatet ist. Aber es gibt ja heutzutage auch nützliche Formate wie Telefon und Internet für die Beschleunigung der Kommunikation…haha!

Joxe: Wie sind die Songs entstanden, welches war Dein Anteil beim Songwriting? Wie groß war der Anteil von Marvin Vriesde beim Songwriting?

Leif: Wie ich schon vorhin sagte, Marvins Anteil war riesig…er hat schließlich alle Songs geschrieben, haha! Manchmal wollte er für bestimmte Songs oder strukturelle Dinge Input haben und somit schickten wir uns Vorproduktionsdemos hin und her bis die Songs alle eine ordentliche Kontur hatten. Bei den Proben mit Koen (und dann Joost) haben wir dann final den letzten Schliff ausgearbeitet. Es war eigentlich ein sehr entspannter und fokussierter Prozess, trotz der Unruhen mit der Umbesetzung im Hintergrund. Ich stehe seit jeher auf Marvins Stil und ich denke, er hat als Songwriter einen totalen Hammer auf „Icarus“ abgeliefert. Mal schauen wo die Reise bei nächsten, gemeinsamen Komponieren hingeht…

Joxe: Wie würdest du die neuen Songs beschreiben, gegenüber des bisherigen Backkataloges? Gibt es Differenzen?

Leif: Ich denke der urtypische Dew-Scented Stil ist klar heraus zu hören. Die Differenzen sind also in meinen Ohren nicht gewaltig, aber das ist auch gut so…denn wir stehen einfach für extremen Thrash Metal und das wird sich auch nicht mehr ändern! Ich finde man hört „Icarus“ die Frische und die Motivation des neuen Line-Up’s an und sicherlich hat auch die etwas frustrierende Situation des Zusammenbruchs der vorherigen Besetzung im Sommer 2012 dazu beigetragen, ein recht aggressives Album zu machen?! Aber das war ja nicht taktisch so geplant, sondern eine jetzige Beobachtung, im Nachhinein. Ich finde das neue Material ist recht technisch, aber dennoch eingängig geschrieben. Es ist verstärkt Melodie im Einsatz, aber zeitgleich ist es ein sehr dunkles und durchweg hartes Album. Naja, auf jeden Fall sagt es mir bzw. uns sehr gut zu und das ist ja das allerwichtigste, obwohl es uns natürlich riesig freut, dass das Album generell gut anzukommen scheint…

DEW SCENTED bass INTI 202Joxe: Wo habt ihr das Album aufgenommen, wer hat produziert?

Leif: Wir haben erneut mit dem Jörg Uken im Soundlodge Studio gearbeitet, wo wir bereits auch „Incinerate“ aufgenommen bzw. „Invocation“ aufgenommen und gemischt haben. Die Zusammenarbeit mit Jörg war mal wieder extrem entspannt und zielgerichtet, zumal er uns ja als Band inzwischen gut genug kennt und weiß worauf es bei Dew-Scented ankommt. Ich denke er hatte auch Spaß bei dieser Session und das hört man der Qualität des Albums meiner Meinung nach auch an!?

Joxe: Wie lange habt ihr Euch im Studio aufgehalten, gibt’s ne Anekdote zu berichten?

Leif: Wir waren zirka 3 Wochen im Studio, in ein paar Blöcken getrennt. Ich war eigentlich erstmalig den kompletten Studiozeitraum anwesend und empfand die Atmosphäre als extrem positiv und inspirierend. Marvin, Koen und Joost wissen halt auch ganz genau, was sie da machen und somit war es eine Freude zu sehen, wie locker und genau sie das Material eingehämmert haben. Und wir haben ja einiges aufgenommen, denn neben dem Standard-Album haben wir noch 5 weitere Tracks aus Bonus-Optionen eingespielt. Anekdoten habe ich nicht wirklich zu erzählen, aber es war cool zu sehen, dass wir während der Studiozeit auch Besuch von 3 ehemaligen Mitstreitern des „Invocation“ Line-Up’s dort bekommen haben. Außerdem habe ich es geschafft, mit dem Jörg auch einmal in mein geliebtes Weser-Stadion nach Bremen zu fahren, um das Deutschland vs. Frankreich Freundschaftsländerspiel zu besuchen. Das war sicherlich ein Highlight für mich, hahaha!

Joxe: Eine Tradition bei Euch sind Albumtitel mit dem Anfangsbuchstaben „i“. War das immer beabsichtigt, oder ist da der Zufall zum Selbstläufer geworden?

Leif: Gut auf den Punkt gebracht – Selbstläufer! Ursprünglich wollte ich lediglich einen Zusammenhang zwischen den ersten 2 Alben der Band herstellen, aber da war ja nicht abzusehen, dass es uns noch so lange und mit inzwischen 9 Veröffentlichungen geben würde. Vielleicht wird es bald ja mal an der Zeit, das „Schema“ zu ändern. „Icarus“ war aber halt ein extrem passender und in vielerlei Hinsicht interessanter Titel, so dass wir erst mal noch dabei geblieben sind, u. a. um nicht noch mehr Veränderungen auf einmal zu präsentieren. Wir wollten ja nicht für totale Verwirrung sorgen, hahaha!

DEW SCENTED vox3 INTI 2012Joxe: Das Cover von „Icarus“ ist aus der Schmiede von Killustrations, und lässt analog zum Albumtitel Interpretationsspielraum. Habt ihr Vorgaben mit in Auftrag gegeben?

Leif: Ja, und das ist auch der Plan gewesen – ich denke Titel und Artwork geben ein bestimmtes Thema vor, aber die Symbolik und die verschiedenen Elemente kann sich jeder so zusammenstellen, wie er es für richtig hält. Das war ja auch oft meine Vorgehensweise beim Texten und ist auch diesmal wieder so! Der Björn von killustrations.com ist ja ein langjähriger Freund und Begleiter von Dew-Scented und kümmert sich bereits seit 2003 („Impact“) um alle unsere Artworks. Er kennt unseren Geschmack also sehr gut und weiß auch wohin die Reise jedes Mal zirka gehen sollte. Für „Icarus“ haben wir uns einige Male ausgetauscht, aber recht bald die passende Richtung gefunden und ich habe lediglich kleinen geschmacklichen Input zu bestimmten Elementen noch geben müssen. Ich finde Björn hat mit „Icarus“ einer seiner bisher besten Leistungen gebracht und ich bin somit auch mit dem visuellen Aspekt des Albums mehr als nur zufrieden!

Joxe: Welchen Shouter magst du besonders, von der Stimme und von der Performance?

Leif. Ach, das sind einige…aber der Tompa (At The Gates, Lock Up) ist schon einer meiner Faves, nicht nur wegen seiner organisch-aggressiven Stimme sondern auch weil er locker und authentisch an seine Performances rangeht. Ansonsten finde ich übrigens auch, dass der gerade noch erwähnte Björn bei seinen Bands (The Very End, Night In Gales, etc.) einen sehr guter Frontmann abgibt. Wer noch, Dave Grohl? Der Kollege von Alter Bridge? Lady Gaga?! Da fallen mir jetzt noch etliche ein, ohne dass sie einen direkten Einfluss auf mich ausüben müssen…

Joxe: Dew-Scented wurde 1992 gegründet. In den zwanzig Jahren wart ihr viel unterwegs auf Tour. Welcher Ort war der Weiteste, welches Publikum am besten?

Leif: Oha, schwer zu sagen! Wir waren zweifach in Japan auf Tour…das ist natürlich schon geographisch, als auch von der anderen Art der Stimmung was ganz besonderes! Gute Shows hatten wir glücklicherweise in vielen Ländern…meistens in einem kleinen, schwitzigen Club!

Joxe: Die Tour mit Six Feet Under steht in der Startlöchern, da wird der Hammer kreisen. Worauf freut ihr Euch besonders?

Leif: Diese Tour mit Six Feet Under ist ja bei der Beantwortung dieser Fragen ja inzwischen schon einige Tage vorbei und wir haben uns ja sogar auf der Shows im Essener Turock gesehen, hahaha! Auf jeden Fall war es eine sehr gute Zeit und die Shows waren durch die Bank weg auch extrem cool! Ich denke am meisten hat uns gefreut, dass sowohl die neuen Songs als auch das neue Line-Up gut angenommen worden ist. Wir hatten auch untereinander viel Spaß und haben Blut auf mehr geleckt! Auf jeden Fall danke für dieses Interview und man sieht sich bestimmt irgendwo auf einer Clubshow in der Nähe bald wieder!? In der Zwischenzeit checkt‘ mal ruhig auf http://www.dew-scented.net und/oder http://www.facebook.com/dewscented rein für News und kommende Gigs! Thrash Hard!!!

Hier der Link zum Review von "Icarus":

http://www.crossfire-metal.de/cd-reviews/dew-scented-icarus/



Autor: Joxe Schaefer; Pics von Daniel Horlbogen