KREATOR, ACCEPT, SWALLOW THE SUN

New York, Best Buy Arena, 07.09.2012

ACCEPT kreatorplakat LIVE 2012aVöllig bescheuert wäre es, um zwei deutsche Bands zu sehen, nach Amiland zu jetten. Doch wenn man eh da ist, kann man auch zu dem Event gehen, was sich auch als besonders gute Idee herausstellen sollte. Bei 30° Celsius und hoher Luftfeuchtigkeit, die man im versmogten Big Apple kaum spürte, machten wir uns auf die Suche nach der Best Buy Arena. Der Name der Location war uns nicht geläufig, und wurde letztendlich zwischen der Reizüberflutung von Leuchtwerbungen direkt am Times Square gefunden. Hier wurden über dem Eingang mächtige Logos von Accept und Kreator gescreent, die man sich gern einige Zeit beschaute, denn in diesen Dimensionen werden die Gigs an deutschen Veranstaltungsorten nicht beworben. Die Teutonic Terror Attack mit Swallow The Sun, Accept und Kreator stoppte hier vom vorabendlichen Gig in Philadelphia, und es sollte vor dem Event ein Meet And Greet speziell für Fans von Accept in einem in der Nähe befindlichen Grillrestaurant geben. Natürlich begaben wir uns zuerst dort hin und meldeten uns gehorsamst bei den Acceptfans Worldwide auf Facebook an. Hier wurde viel spekuliert, wer bei der Double-Headliner-Tour als letztes auf die Bühne gehe würde. Wenn man sich abwechseln würde, könnte das heute Accept sein, da am Vorabend Kreator zum Schluß spielten. Doch irgendwer wusste, dass es heute auch die Altessener Thrashbande sein wird. Vielleicht will man Kreator außerhalb ihrer Heimat mehr pushen, da sie schließlich mit ihrem neuen Hammeralbum „Phantom Antichrist“ internationaler klingen, als je zuvor, und in Sphären von Megadeth vorstoßen können.

 

Die Einlasskontrollen wurden von einer sehr großen Schar Securities geregelt, wo man beim Abtasten alles in den Taschen habende in den Händen zu halten hatte. Schon die Empfangshalle deutete an, es mit einem sehr edlen und modernen Veranstaltungsort zu tun zu haben, gingen doch sofort Rolltreppen zum eigentlichen Event nach unten. Dort angekommen stellt man fest, dass jede Wand in den Foyers mit riesigen Screens für Leuchtwerbungen versehen wurde, selbst die langen Thresen waren eine einzige grün leuchtende Werbefläche für Heineken, und das gabs aus einer 0,3-Literdose in einen Plastikbecher abgefüllt für stolze acht Dollar. Nicht wenig davon landete auch auf den Teppichböden, die in den Fluren ausgelegt waren, und die Luft hier wurde so deutlich klimatisiert, dass es im T-Shirt fast schon zu kalt war. Die Musik von der Bühne wurde selbst bis in die Restrooms übertragen. Lustig fanden wir auch, dass wir uns trotz unseres ansehbaren Alters mit einem Bändchen ausstatten lassen mussten, um von den Ausschenkenden als über 21jährig erkannt zu werden.

 

SWALLOW THE SUN band LIVE 2012In der Halle selbst stimmte die Temperatur. Die sechs schlicht gekleideten Finnen von Swallow The Sun, mühten sich redlich ab, Publikumsresonanzen zu bekommen. Ihr doomiger Sound im Schlepptempo wurde von zwei Paulas über Orange-Amps und einem Keyboard vorgetragen, die das Publikum vor der Bühne eher starr zur Kenntnis nahm. Die Halle, dessen Fassungsvermögen 2100 beträgt, unterteilt sich in drei Ebenen. Das erste Drittel vor der Bühne mit je zwei übereinander befindlichen Emporen links und rechts, das mittlere Drittel auf einem etwa zwei Meter höheren Boden mit den Eingängen an den Seiten und dem Mischpult, und dem hinteren Drittel mit höher werdenden Sitzreihen. Auf zwei große Flatscreens unter der Hallendecke, neben riesigen Kristallkronleuchtern, wurde durch mehrere Kameras das Geschehen auf der Bühne gezeigt. Die größten Bewegungen kamen durch das wechselnde Kamerabild, denn der Sechser aus Finnland, mit dem aktuellen Album „Emerald Forest And The Black Bird“ im Gepäck, wirkte zunächst doch sehr statisch. Bei sehr spartanischer Beleuchtung sah man Shouter Miko Kotamäki mit Kappe wie eingefroren am Mikroständer still stehen. Zu „Cathedral Walls“, mit zusätzlich zu Mikos Growls eingespieltem Frauengesang, begannen die Gitarreros an ihren Paulas zu bangen, und das übertrug sich auf die Audienz, die den Song mehr als anständig beklatschte. So war auch der Gig der Finnen, der wie die Bands danach auch von einem sehr guten Sound profitierte, mehr als anständig. Ein Blick auf das reichhaltige Merchandise verriet Preise für T-Shirts beider Headliner für 25 Dollar, und Kapuzenzipper für 40 Dollar. 20 Dollar wurden für ein weißes Shirt von den Sonnenschluckern (© by Steph Bachmann) Swallow The Sun aufgerufen.

 

ACCEPT wolf LIVE 2012aDurch eine vorhandene großzügige Bühnentiefe war es möglich, alle Aufbauten für Accept vor die von Kreator zu stellen, dass allen Bands noch genügend Platz zum Performen blieb, aber das Backdrop von Accept sehr weit hinten hing. Das ermöglichte auch der Crew, kurze Umbauzeiten zu schaffen, die heute alle unter 25 Minuten lagen. Noch abgedeckte Verstärkertürme mit je 12 Boxen links und rechts sagten dem Beobachter, dass Accept wieder mit ihrem 80er Dekos angereist waren. Leider fehlten die Rampen an Stefan Schwarzmanns Drumkit, die es perfekt gemacht hätten. Dafür war es schön zu sehen, dass viele junge Fans wild nach Accept riefen. Und überhaupt schien mir der Altersdurchschnitt heute Abend wesentlich niedriger zu sein, als kürzlich noch zu Accept in Oberhausen. Und die ursprünglich aus Solingen stammenden Ur-Metaller, verstärkt (bitte unbedingt wörtlich nehmen) durch Brüller Mark Tornillo, der hier aus der Gegend stammt und heute so etwas wie ein Heimspiel hatte, legten mit dem Doppel der neuen Scheibe „Hung Drawn And Quartered“ und “Hellfire” amtlich los, wo die Freude in Wolf Hoffmanns Gesicht an seinen Grimassen deutlich zu erkennen war. Und nicht nur dort, sondern auch in der Menge macht sich Enthusiasmus breit, gemessen an dem Jubel, mit dem das Riff von „Restless And Wild“ begrüsst wurde. Zu meinem Favoriten, dem Brecher von „Losers And Winners“, bildete sich vor der Bühne ein erster Moshpit, und von Mark, der sich heute besonders agil zeigte, bekam ich die erste Ansage ever zu hören. Es wurde der Titelsong der ACCEPT stefan LIVE 2012aneuen Scheibe angekündigt, nicht ohne ein „Feels Like Home“ raus zu lassen. Im Song “Stalingrad”, in dem Wolf die russische Nationalhymne spielte, schwenkte Mark diesmal keine Flagge. Wolf, unheimlich tight und sicher an Gitarre und Backs gleichzeitig, ist für viele eh der beste Gitarrist, mit welcher Leichtigkeit er seine Parts absolvierte. Wie von den Acceptfans Worldwide im Vorfeld schon angekündigt, zockten sie heute sehr viele neuere Stücke, wie „Shadow Soldiers“ und „Pandemic“, natürlich nicht ohne die Double Flying V Attacken von Hermann und Wolf. Das Solo im Abschluss von Letztgenanntem veranlasst die Frage zu stellen, ob es irgend etwas gibt, das Wolf  nicht spielen kann? Wieder gab es sehr viel Jubel für die neueren Tracks, ACCEPT mark LIVE 2012aund „Breaker“ wurde noch schneller gezockt, was wieder Pits zur Folge hatte. „Bucket Full Of Hate” und eine extrem kurze Version von “Princess Of The Dawn” schlossen an, jedoch nicht ohne die Chöre auszulassen, die Wolf solierend vorgab. Dabei fiel auf, noch nie habe ich Accept live so laut gesehen, wie heute. Und noch nie habe ich eine Lautstärke der Fans beim Mitgrölen gehört, die so durch Mark und Bein geht, wie bei Accept heute in New York. Selbst die Bassdrum in der Mitte von “Up To The Limit” ließ bei jedem Anschlag des Bild auf den Screens erzittern. „Metal Heart“ (ohne Intro) nach “Teutonic Terror” veranlassten die Shirtausziehung von Mark, und wieder fiel auf, wie laut die Chöre waren, die das Solo von Wolf mitsangen. Das blieb auch dem sichtlich gerührten Mark nicht verborgen, der sich mit „You guys are kicking my ass tonight!“ bedankte. “As Fast As A Shark” und “Balls To The Wall” als gefühlte Zugaben, beschlossen einen Gig von Accept, die heute zügig ihre 80 Minuten ohne großen Firlefanz und Bühne Verlassen durchzogen. Dass Mark heute eine besonders große Show absolviert hat, fiel auch einem Fan auf, der mich fragte. „Who the fuck is Udo?“ Ein Statement, dass ich bis zum nächsten Gig von U.D.O., auf dem Rock Hard Festival 2013, mal so stehen lassen möchte. (Joxe Schaefer).

ACCEPT band2 LIVE 2012aTracklist Accept:
Hung Drawn And Quartered
Hellfire
Restless And Wild
Losers And Winners
Stalingrad
Shadow Soldiers
Pandemic
Breaker
Bucket Full Of Hate
Princess Of The Dawn
Up To The Limit
Metal Heart
Teutonic Terror
As Fast As A Shark/Balls To The Wall 

 

KREATOR speesy LIVE 2012aNach einer erneut kurzen Umbaupause von gerade mal 20 Minuten, betraten Kreator zum „Mars Mantra“ Intro unter ohrenbetäubendem Lärm um 10:08 pm die Bühne. Es war schon beeindruckend, die Reaktionen der New Yorker Anhänger auf die Klänge aus den Boxen zu sehen. Von der ersten Minute weg gab’s einen Circle Pit und die Security kam kaum nach mit dem Auffangen der Crowdsurfer! Da die Crowdsurferei und auch die ersten paar Zuschauerreihen von unserem Emporenplatz seitlich der Bühne schön einsehbar waren, konnte ich eine leicht erhöhte Aggressivität unter den Zuschauern im Vergleich zu Gigs in einheimischen Gefilden feststellen. Mille forderte die Meute auch regelrecht dazu auf, mehr Aggressionen zu zeigen. In einer späteren Ansage meinte er „I want to see you kill each other“, was natürlich nicht wörtlich zu verstehen war! Der sich als Veganer geoutete Mille trug heute ein Shirt mit der Aufschrift „Milk Kills“, die sicher auch Alkoholiker gerne lesen. Die Ruhrpottler legten mit dem Titeltrack des aktuellen Longplayers „Phantom Antichrist“ los und prügelten sich in beeindruckender Art und Weise durch ihren 75minütigen Gig, bestehend aus neuen Songs und doch auch sehr vielen Klassikern. In den kurzen Unterbrechungen zwischen den Songs, wurden vom Publikum lautstarke „Kreator“ Sprechchöre (oder eher Brüllchöre) angestimmt, sehr zur Freude der vier Recken auf der Bühne. Die Bühne war rundum mit Stellwänden mit den Bildern des aktuellen Longplayers und mit einem riesigen Backdrop des Plattencovers verziert, und die Band hatte zwei Treppen zu beiden Seiten des Schlagzeugs zur Verfügung, wo für Mille auch ein zusätzliches Mikrophon stand, so dass die ganze Saitenfraktion (neben Mille, der lackschuhtragende (!!!) KREATOR millespeesy LIVE 2012aSaitenhexer Sami und der Flying V-Bass spielende Speesy) die komplette Bühne nutzen konnte. Die Meute fraß Mille gleich von den ersten Klängen an aus der Hand und man hätte meinen können, dass Kreator in New York ein Heimspiel bestreiten würden. Es könnte jedoch damit zusammenhängen, dass Kreator bereits 1986 zum ersten Mal im Big Apple gespielt haben, und seit dem regelmäßiger Gast in diesen Breitengraden sind. Das Gebrüll auf Milles wie immer sehr originelle Ansagen war jedenfalls sehr laut! Generell blieb zu bemerken, dass sich der Altersdurchschnitt vor der Bühne im Vergleich zu Accept deutlich reduziert hatte, und dass nun die jüngeren Metalheads das Sagen hatten. Die älteren Semester (uns inklusive) hatten sich eher zur Seite und aus dem Moshpit zurückgezogen. Der Sound war sehr laut und trotzdem jederzeit klar und gut. Genau wie bei Accept waren hier ausgezeichnete Musiker am Werk, die ihre Instrumente im Schlaf beherrschten. Man merkte der Band auch an, dass sie in diesem Line-up nun seit über 10 Jahren zusammen spielt. Eingespielt und aufeinander abgestimmt, trotzdem spielfreudig und keineswegs langweilig! Gegen Ende hin verlegte die Band das Schwergewicht der Songs eher auf die Frühphase und in Form von „Endless Pain“, „Pleasure To Kill“, „Violent Revolution“, "Betrayer" und den obligaten (wie gewohnt übergangslosen) Abschlussabrissbirnen „Flag Of Hate“ und „Tormentor“ knallten die vier Thrasher den Amis nochmals heftige Ohrnahrung um die Löffel. Interessanterweise stellte man kein Nachlassen oder Müdigkeit im Publikum fest, was wohl daran gelegen haben musste, dass wir in „the city that never sleeps“ waren heute Abend! Leider gab es im Anschluss, wie auch schon bei Accept, keine Zugaben zu hören, so dass sich Kreator vom enthusiastischen New Yorker Publikum verabschiedeten. Der Gig hat jedenfalls allen Spaß gemacht und wird mir als bester Kreator Gig, den ich je gesehen habe in Erinnerung bleiben. Nur schon deshalb hatte es sich gelohnt, die eingangs erwähnte coole Location aufzusuchen.

KREATOR mille LIVE 2012aSetlist Kreator:
Phantom Antichrist
From Flood Into Fire
Enemy Of God
Phobia
Hordes Of Chaos
Civilization Collapse
Voices Of The Dead
Extreme Aggression
People Of The Lie
Death To The World
Endless Pain
Pleasure To Kill
Violent Revolution
Betrayer
Flag Of Hate
Tormentor

Während dem Genusses des letzten Gerstensaftes wurden wir dann freundlich aber doch bestimmt gebeten, den Club nun zu verlassen. Da wir natürlich nicht mit dem halb vollen Bier auf die Strasse gehen durften (in den USA ist Alkoholtrinken auf der Strasse verboten), mussten wir notgedrungen, und umgeben von fünf Security Leuten, unser Bier in uns hineinstürzen, was Joxe dann prompt als „Saufen unter Aufsicht“ bezeichnete. Bevor wir dann mit dem Müll rausgekehrt wurden, haben wir uns dann auf den Heimweg gemacht. Alles in allem ein genialer Abend, mit spielfreudigen, gutgelaunten Bands und einem Publikum der Extraklasse! (Steph Bachmann).

 



Autor: Joxe Schaefer, Steph Bachmann - Pics: Dalila Kriheli (www.rockstarpix.com), Steph Bachmann