MERCURY TIDE, SPELLBOUND DAZZLE, KAMIKAZE KINGS

Oberhausen, Helvete, 19.05.2012

Am 25. Mai erschien nun endlich nach fast zehn Jahren Künstlerpause das neue Album von Mercury Tide – die Band um Angel Dust Legende Dirk Thurisch, einer der besten Melodic Metal Sänger Deutschlands. Die Band feierte ihre zweite Veröffentlichung mit einigen Release-Shows mit Ihren Labelkollegen, den Kamikaze Kings aus Berlin und den Italienern Spellbound Dazzle. An diesem schönen, ziemlich warmen Samstagabend erschien ich pünktlich um halb acht im Helvete, Oberhausens Metal-Pub, Disko und Musikhalle und wunderte mich über die Leere des Hauses. Ob es vielleicht an dem zeitgleich stattfindenden Endspiel des 1. FC Bayerns um den Sieg in der Champions-League lag, oder an dem schönen Wetter, kann man nur raten. Das Helvete hatte sich aber auf Fußball eingestellt und ließ neben dem Merchandising eine Leinwand mit dem Spiel laufen, so konnte jeder gute Musik hören und gleichzeitig Fußball gucken. Anscheinend schien das aber niemand im Vorfeld zu wissen, da sich die Räumlichkeiten kaum bis zum Beginn der ersten Vorband, der Berliner Kamikaze Kings, füllten. Beginn war ursprünglich halb acht und man hat diesen lange hinausgezögert.

 

KAMIKAZE KINGS drums LIVE 2012Um viertel nach neun ging es dann mit den vier Einheizern der Kamikaze Kings endlich los. Nun hatte sich der Konzertkeller leider in der Zwischenzeit nicht gefüllt. Den Bandinsassen sah man das Erstaunen bezüglich der gering erschienenen Menge an Leuten direkt an. Sänger Elmo konnte es nicht unterdrücken, zweifach seine Meinung darüber lauthals kund zu tun. Einmal hätte längst genügt, da niemand während des Auftritts den Raum verlassen hatte. Und das war nicht das Einzige, was einen fahlen Beigeschmack hinterließ. Da mir die Band zuvor nicht bekannt war, war ich doch aufs Extremste über deren Erscheinungsbild überrascht. Wenn man schon von alten Running Wild Outfits und Poser-Kram augenscheinlich geprägt wurde, kam jetzt die Krönung der Lächerlichkeit dazu. Was zu viel ist, ist halt zu viel. Nur Elmo trug sein Wrestling-Outfit, die anderen hatten es wohl zu Hause vergessen. Elmo wäre gut beraten gewesen, es auch zu Hause vergessen zu haben. Im Prinzip sollte die Musik genügen und die war wirklich gut. Es gab eine Mischung zwischen treibenden Heavy Metal und Rock `n’ Roll auf die Ohren. Es wurden Songs aus dem im Sommer erscheinenden Debut „The Law“ vorgestellt. Ja, der Auftritt war gut! Leider hatte man die Leadgitarre von Randy ganz selten gehört, mehr Bass und Drums. Basser Kev wie auch Drummer Rais hatten deutlich Spaß an ihrer Musik und haben alles gegeben. Elmo tönte exzellent, aber man hat schon gemerkt, dass er nur seinen Job gut machen wollte. Und das hat er mit ein paar überflüssigen Posen, die sexy wirken sollten, leider noch zunichte gemacht. Sex sells halt nicht immer. Dennoch konnte die Musik mich überzeugen.

 

SPELLBOUND DAZZLE git LIVE 2012Nach einer kurzen Umbaupause gaben jetzt die kroatisch/ italienischen Jungs von Spellbound Dazzle Ihren Rock n‘ Roll zum Besten. Ohne großartigen Outfit-Schnickschnack gab es Ausnahme-Metal ohne Allüren. Sämtliche Songs des in 2011 erschienenen Debütalbums „Unreal Fairy Tales“ wurden gespielt. Die Musik war eine Mischung zwischen Rock `n‘ Roll mit Folk-Einflüssen und Polka-Beigaben gepaart mit einer Portion klassischen Hard Rocks. Ich kam nicht umhin, über die andersartige Reimreiterei ab und zu zu schmunzeln. Teilweise drängte sich mir der Vergleich zu Elvis und Volbeat auf. Aber die Musik mache mir Spaß. Und den Jungs wohl auch. Mit keiner Silbe wurde die übersichtliche Hörerschaft erwähnt. Langeweile kam auch nicht auf. Ich dachte nicht im Traum daran, mal zu schauen, was die Bayern denn so auf dem Rasen machen. In Allem war der Auftritt von Spellbound Dazzle total gelungen und der Wunsch bei mir wurde erweckt, sie mir irgendwann noch einmal anzusehen.

 

MERCURY TIDE vox LIVE 2012Da es nun schon sehr spät war, dachte ich, nun können sie doch alle kommen. Draußen schien keine Sonne mehr. Die Bayern waren auch fast mit dem Losen fertig. Aber keine Veränderung in der Halle in Sicht. Also waren wir, die wir da waren, gefragt, den Laden die nötige Fülle zu geben und die kommende Band gehörig zu feiern. Und nun folgten die Mannen von Mercury Tide der Reihe nach Ihrem Frontmann Dirk Thurisch mit dem neuen Bandstyle, ganz Gentlemanlike a la Steampunk in voller Montur mit Frack, Zylinder und Gehstock die Bühne passierte. Gespannt war ich schon, da die komplette Mannschaft neu zusammengestellt wurde. Und jetzt wurde uns ohne Umschweife eingeheizt, schön nach alter Thurisch-Manier. Die Songs des neuen Albums „Killing Saw“ waren melodischer als die des Debüts „Why“. Gerade durch die mitlaufenden Keyboardpassagen konnte ich sehr häufig Gothic-Elemente ausmachen. Die von Dirk so bekannten halbballadesken Stücke kamen auch bei der jetzigen Scheibe nicht zu kurz. Aber fast alles war weicher geworden, zwar mit der nötigen Kraft, aber emotionaler. Dirks Stimme hat von der einstigen Intensität nichts verloren und konnte genauso wie früher einen in seinen Bann ziehen. Natürlich kam ich nicht umhin, wieder einmal Vergleiche zu Angel Dust zu ziehen und kam zu dem Entschluss, dass mir die Musik von Mercury Tide genauso gut gefällt, obwohl diese komplett anders ist. Und nicht nur mir ging es so, sondern auch dem Rest der Leute im Publikum, die ausnahmslos alle abfeierten. Die Band hatte alles gegeben und zeigte Spielfreude, wie ich es selten erlebt habe. Und da sich sowieso alle kannten, hatte das Ganze noch einen privaten Charakter. Grandios. Um Mitternacht gab es noch für unsere Elena ein Geburtstagsständchen und wir, das Publikum, sangen mit. Ebenfalls konnten wir alle mitjodeln, als dann noch last but not least „Bleed“ als ewiger Angel Dust Evergreen zusätzlich gespielt wurde. Es war ein absolut gelungener Abend. Mit netten Bands, erstklassiger Musik und toller Stimmung. Ein rundherum Wohlfühlpaket. 



Autor: Svenja Black - Pics: Steve Burdelak