VAIN, BABYLON A.D., SPREAD EAGLE, KORRY SCHADWELL

Bochum, Matrix, 30.08.2017

Unglaublich, daß man das im Jahre 2017 noch erleben darf! Meine persönlichen musikalischen Jugendhelden aus den 80ern/Anfang 90ern (unter anderem), schaffen es endlich mal über den Teich nach Deutschland und kommen dann auch noch im fetten Live-Package zusammen nach Bochum in die Matrix! Ursprünglich sollte das Event in den Katakomben stattfinden, wurde dann aber zum Glück in den viel besseren Rockpalast verlegt. Na, da kann einem perfekten Sleaze/Glam/Melodic-Hardrockabend nichts mehr im Wege stehen! Schade nur, daß er an einem Mittwochabend stattfindet und die Promo im Vorfeld auch eher spärlich ausfiel. Daher erwartungsgemäß eher mau besucht. Nun gut, zum Einlaß finden sich dann die ersten Maniacs zusammen und sammeln sich nach und nach im Foyer oben und vor der Bühne, um mit Gleichgesinnten (von jung bis alt ist heute alles vertreten) zu fachsimpeln und ein Bierchen zu schlürfen.

Korry Schadwell - live - 2017Überraschenderweise hat sich am heutigen Abend eine Zusatzband „eingeschlichen“, die die Menge anheizen sollte. Lady Korry´s Karriere verfolge ich bereits seit einigen Jahren. Eigentlich ist „Korry Schadwell“ die dritte Formation, in der sie sich seit unserer Freundschaft tummelt. Und mit allen habe ich sie live erlebt. Allein deswegen schon ist mir aufgefallen, dass die Sängerin in dieser Band am wenigsten aufgehoben ist. Das mal allein musikalisch betrachtet. Der Sound ist recht modern und Korry´s Welt sollte für ihre Stimme noch bluesiger sein, als es Distance Call bereits vorgab. Ihre neuen Jungs sind jung und gleich dreimal hörte ich den Ausdruck Schülerband im Publikum. Obwohl sie spielerisch eigentlich ganz fit waren und leider mehr Gas auf der Bühne gaben, wie die Chefin selbst. Das hätte sich für Korry bei einem derart strammen Auftrittsplan, den sie in den letzten Jahren fuhr, durchaus einstellen sollen. Das Volk will eine Rampensau. Und im Gegensatz dazu ihre herrlichen Balladen, die sie heute ebenfalls missen ließ. Dafür kam eine Coverversion, „Tell It To My Heart“, von der großartigen Taylor Dayne. Da hat sie sich leider ein bißchen selbst überschätzt, denn dieser Song benötigt eine gewaltige Stimme, die Korry nicht ihr Eigen nennen kann. So muss ich gestehen, das bis auf einige Gitarrensoli, die neuen Songs keinen guten Eindruck hinterlassen haben. Beim Großteil des Publikums kam das Material hier jedoch positiver an, als es sich liest und das obschon man musikalisch nicht ganz ins Billing passte. (Steve Burdelak)

Spread Eagle - live - 2017Und dann kommen wir zum ersten erwarteten Highlight, auf das ich mich ganz besonders gefreut hatte, nämlich „Spread Eagle“. So weit ich weiß, waren die Jungs aus New York noch nie in Deutschland und auch auf dieser Tour gab es nur ein paar ausgewählte Dates in Europa. Immerhin zwei Originalmitglieder sind noch am Start, nämlich Sänger Ray West und Rob de Luca (unter anderem auch UFO, Sebastian Bach) am Bass. Die Band hatte es Ende der 80er Jahre zu einem Achtungserfolg gebracht und wurde verdient als „kleiner Bruder von Skid Row“ bezeichnet. Zudem liefen einige Videos („Switchblade Serenade“ und „Scratch Like A Cat“) seinerzeit auf MTVs „Headbangers Ball“ rauf und runter. Nun gut, und was ist heute davon übrig? Leider nicht viel. Hier steht eine recht schlappe Schülerband vor uns, die völlig unroutiniert wirkt und auch musikalisch und soundtechnisch nicht viel hergibt. Bis zur ersten Hälfte des Gigs schleppen sich die Jungs relativ uninspiriert vor sich hin, dazu noch begleitet von Soundpannen, das ist dann doch recht wenig. Kein Stageacting, keine Show, alles in allem leider sehr enttäuschend. Erst ab der zweiten Hälfte des Sets kann sich der Haufen etwas fangen und haut mit „Broken City“, „Switchblade Serenade“ und „Scratch like a Cat“ die Knaller raus. Doch die Performance ist leider sehr enttäuschend. Zu viel wurden die Songs zugejammt. Schade. Hoffen wir, daß das für das kommende Jahr angekündigte neue Album von einem anderen Kaliber ist. (Maurice Schreiber)

Babylon AD - live - 2017Ganz anders dagegen Babylon A.D.! Hier haben wir es auch im Jahre 2017 noch mit absoluten Vollprofis zu tun, die von vorne bis hinten Vollgas geben, als ob sie nie pausiert hätten! Das Quintett aus San Fransisco war bislang auch nur selten in Deutschland zu sehen und umso erfreulicher ist es, die Melodic-Hardrocker wieder im Original-Line-Up zu erleben. Sänger Derek Davis, die Gitarristen Dan de la Rosa und Ron Freschi, Bassist Robb Reid und Drummer Jamey Pacheco präsentieren sich in absoluter Topform und legen den Rockpalast kurzerhand in Schutt und Asche! Vor allem deren ersten beiden Alben sind ja kleine Perlen im „Hairmetal“ beziehungsweise Melodic Hardrock Jungle und gelten zurecht als Semiklassiker. Allen voran der Titel „The Kid Goes Wild“ vom Robocop-Soundtrack ist ja eine recht bekannte Nummer, die auch heute Abend runtergezockt und zu Recht vom Publikum brutal abgefeiert wird. Auch sonst gibt es eine recht lange und sehr ausgewogene Setlist: Los geht es wunderbar mit „Back in Babylon“ (Yeah!), „Hammer Swings Down“ und „Shot Of Love“. Besser könnte der Einstand nicht sein! Danach reiht sich der perfekte neue Track „Crash And Burn“ ein, ein Volldampf-Rocker voller Adrenalin, zu dem es schon ein cooles Video zu bestaunen gibt, und der definitiv Lust auf das im November erscheinende neue Album macht. Sehr fein! „Bang Go The Bells“ und „Maryanne“ (DER Smasher!) dürfen natürlich im Set auch nicht fehlen! Die Spiellaune der Mitt-Fünfziger ist überragend, davon kann sich der eine oder andere zwanzigjährige eine dicke Scheibe abschneiden! Astrein! Am Ende dann noch das bereits erwähnte „The Kid Goes Wild“ und eine Zugabe und das Publikum reißt ihnen aus den Händen. Absolute US-Hardrock-Oberklasse und mit Babylon A.D. ist definitiv noch zu rechnen! Bitte kommt bald wieder zurück, Jungs, und dann hoffentlich vor mehr als circa achtzig Leuten. (Maurice Schreiber)

Vain - live - 2017Puh, nach so einem Feuerwerk ist es wahrlich schwer, das noch zu toppen. Dementsprechend sind die einen oder anderen Zuschauer auch schon weg, als Vain die Bühne betreten. Doch auch der Headliner weiß durchaus zu überzeugen. Vain sind ja schonmal desöfteren in Deutschland zu sehen und gerade beim weiblichen Publikum kommen sie regelmäßig gut an. Und das zu Recht. Denn eine coole, solide und sympathische Performance haben die Jungs eigentlich immer zu bieten. Und auch nach dem Babylon A.D.-Feuerwerk machen Vain alles richtig. Eine gute Setlist als Querschnitt aller Alben, in sehr gutem Sound und mit typischem Sleaze-Flair. Allen voran Davy Vain ist einfach eine charismatische Rampensau und gibt auch als barfüssiger Quasi-Hippie eine Top-Figur ab. Los geht es mit „Secrets“, dem perfekten Opener, über „Greener“ und „Dark City“ bis hin zu den Überknallern „No Respect“ und „Bullet“. Ganz so überragend wie Babylon A.D. war der Gig zwar nicht, aber dennoch ein klasse Sleaze-Konzert von einer immer noch einzigartigen Band. Alles in allem ein absolut toller Hardrock-Abend, der von echten Fans und Insidern gewürdigt wurde. Sehr gut und gerne immer wieder! (Maurice Schreiber)



Autor: Maurice Schreiber, Steve Burdelak - Pics: Steve Burdelak