ANTHRAX, THE RAVEN AGE, NULL POSITIV

Osnabrück, Hyde Park, 27.06.2017

Die Uralt Thrasher Anthrax sind weiterhin auf Promotour für ihr Album "For All Kings" aus 2016 und wie schon im März diesen Jahres mit dabei die Londoner The Raven Age und diesmal sogar noch eine dritte Band, namens Null Positiv. Um knapp 19:00 Uhr erreiche ich das geschotterte Rund um die uralte Metallocation im niedersächsischen Osnabrück. Mann, ist das lange her, dass ich das letzte Mal hier war. Es gab Zeiten, da haben sich hier die großen Acts die Klinke in die Hand gegeben. Bleibt zu hoffen, dass die ehemalige Metalstadt Osnabrück sich wieder dieser Zeiten besinnt und mal wieder ordentlich die Werbetrommel rührt. Noch nicht viel los um diese Zeit. Wahrscheinlich strömen die Massen erst zum Headliner ein. Ganz entspannt schaue ich mir das alte Rund an und genieße den Flair. Im Gespräch mit einem Fotokollegen vertieft und an meiner E-Pfeife nuckelnd dann völlig unerwartet die ersten Klänge. Shit, was ist denn das?

 Null Postiv - Live - 2017Für alle Anwesenden eher unerwartet, so niemand mit einer dritten Band rechnet, eröffnen Null Positiv um 19:30 Uhr ihr Set. Meine paar Kollegen spulen ihr Set ab, machen einige Shots und schwups sind sie wieder aus dem Graben raus. Nicht so unsereiner. Wow, was ist denn das für eine Combo? Gitarrist, Basser und Drummer erinnern vom Outfit an Kreaturen aus Kevin Costners "Waterworld" von 1995 und den Berlinern voran, eine Shouterin, die Ihresgleichen sucht. Nein, eigentlich gibt es nur einen Vergleich und zwar Alissa White-Gluz von Arch Enemy. Dabei ist Elli Berlin deutlich größer, mit Modelfigur ausgestattet und wie sich nach der Show herausstellt, noch super nett und richtig zugänglich. Die Berlinerin wirbelt auf der Bühne rum, als gibt es kein Morgen, bangt, wirft ihre Rasta im Kreis und grölt sich die Seele aus dem Leib. Optisch der absolute Hingucker und gesangstechnisch einfach mega und das alles auf Deutsch. Der Vierer stammt von 2015, haute zunächst die EP "Krieger" raus und debütierte dann im April diesen Jahres mit "Koma". Stilistisch irgendwo zwischen Nu-Metal und Heavy Metal mit einer Menge Core-Anteilen einzuordnen, kommen die Songs gleichsam mystisch, wie hymnisch rüber, haben eine Menge melodischer Runs und Eli wechselt übergeil zwischen hellen Cleans, ja fast lieblich daher geträllerten, an Schlagergrößen erinnernden Stimmen und rauh-dunklen, bissig-bösen Growls. Eine wahre Offenbarung!

 Nach dem halbstündigen Gig schreibt mir Eli die folgende Setlist auf und signiert sie natürlich auch: "Friss Dich auf", "Monster", "Labyrinth", "Hass", "Unschlagbar", "Zukunft Ungewiss", "Koma"

 The Raven Age - live - 2017The Raven Age kommen aus London und sind stilistisch im Modern Metal unterwegs. Namentlich bekannt vielleicht George Harris, der Sohn von Iron Maiden Basser Steve Harris, der allerdings im Gegensatz zum Papa nicht den Vier- sondern den Sechssaiter bedient. Im Weiteren sind Dan Wright an der zweiten Gitarre, Michael Burrough am Mikro, Matt Cox am Bass und Jai Patel am Schlagzeug zu nennen. Gegründet im Jahre 2009 debütierten sie in diesem Jahr mit dem Longplayer „Darkness Will Rise" und durften natürlich schon in früheren Jahren die großen Eisernen Jungfrauen supporten. "Uprising", "Promised Land" und "The Daeth March" nennen sich die ersten Nummern. Dann ein knackiger Einstieg in die Alternativ Nummer "Eye Among The Blind" und endlich mal ordentlich Klatschen im langsam voller werdenden Rund und hier und da die ersten "Hehehe"-Rufe. Riffig und fett groovend hüpft der überagile Shouter dann beim nächsten "The Merciful One" in das Publikum. Ein Dank an die Vorband, ein paar, eher klägliche Versuche in deutscher Sprache so nach dem Motto "Wie geht es Dir?" und bei "Salem's Fate" mit ruhigem Einstieg überzeugen die Briten mit tollen Melodien, exzellenten Workouts an den Gitarren und proggigen Elementen. "Angel In Disgrace" gibt nicht nur den heutigen Rausschmeißer sondern setzt im fetten, polyrhythmischen Alternative- / Nu Metal auch den Schlusspunkt unter das heutige Tourende.

 

Anthrax - Live- 2017Um 21:35 Uhr ist dann Zeit für die Thrash Legende aus New York. Meine Anthrax Zeiten gründen sich so auf Mitte der 80er-Jahre mit den Überalben "Spreading The Disease", "Among The Living" und "State Of Euphoria" und aus dieser Zeit rühren auch meine ersten Liveerkenntnisse. Ganz ehrlich. Damals konnte ich mit diesem verrückten Thrash nur wenig anfangen. Ich war eher der Sleaze-, Hair- und Poserrocker. Im Zuge der Big Four Gigs mit Metallica, Slayer und Megadeth wurden die Jungs regelmäßig von Metallica runtergespült und so derbe im Sound beschnitten, dass sich sämtliche Kritiken erübrigten. Anthrax 2017 hauen, ballern, treten in den Arsch, sind eine ganz Ecke melodischer und vor allen Dinger harmonischer und leben von dem super sympathisch rüber kommenden Joey Belladonna. Über Scott Ian Rosenfeld am Sechssaiter Worte zu verlieren, hiesse Eulen nach Athen tragen, nein überrascht war ich wirklich nur vom Basser Frank Bello mit irrwitziger Spielfreunde und nach dem Motto, willst richtigen Metal, dann guck die die "Alten" an und dann weißte, wie es geht. Nach dem Blues Brother Intro "I Can't Turn You Loose" reiht sich mit "Among The Living", "Caught In A Mosh" und "Madhouse" Klassiker an Klassiker. Technische Elemente und fette Double Bass bei "Fight 'Em 'Til You Can't", ehe Joey über die letzten dreißig Jahre sinniert und mit "Breathing Lightning" mit geschicktem Songwriting, die erste neue Nummer zum Besten gibt. "Belly Of The Beast" stammt von "Persistence Of Time" und "Medusa" von "Spreading The Disease" aus 1985, das ist mittlerweile mehr als dreißig Jahre her und groovt heute wie damals. "Be All, End All" mit ganz viel "Hohoho" und für alle Altmetaller dann das Trust-Cover "Antisocial" und Mr. Belladonna filmt dabei das ausflippende Rund. Ein knackiges Drumsolo zum guten Schluss, ehe dann mit "Indians" der Vorhang dann auch tatsächlich fällt. In guter Tradition zu Metallica schleudern die Jungs dann Picks en masse raus, so dass Jeder da vorne, mindestens ein Andenken an diesem coolen Abend mit nach Hause schlören darf. Fuxx You!



Autor: Andreas Gey - Pics: Andreas Gey