ACCEPT, HELL

Oberhausen, Turbinenhalle, 17.04.2012

HELL sneap LIVE 2012An der Einfahrt zur Turbinenhalle rief ein freundlicher Herr schon mal 3 Euronen auf, damit man sein Vehikel auf dem Parkplatz stellen durfte. Am Eingang wurde ich wieder aufgehalten, wegen Unstimmigkeiten mit der Gästeliste. Dabei treffe ich Veteran Kringel, diesmal arbeitstechnisch dezent im Nadelstreifenanzug. Selbst in diesem Outfit scheiterten seine Bemühungen, mich durch die Security zu buchsieren. Nach einiger Zeit klappte mein Einlass, doch das Meiste der Engländer von Hell war bereits gespielt. Warum nur wurde laut Homepage der Beginn mit 20:00 Uhr angegeben, wenn um 20:15 Uhr der Opening Act schon fertig hatte? Dabei war ich bei Hell besonders gespannt zu erfahren, wie sie im Hier und Jetzt klingen, waren ihre alten Demos doch soundmässig eher grottig, und ihre aktuelle Scheibe stark in der Kritik, ihr zeitgemässer Klang würde für eine NWoBHM-Legende zu modern sein. Die Mimik und Gestik von Sänger David Bower war schon mal nicht von dieser Welt, das HELL tony david LIVE 2012Tragen einer Dornenkrone und das Predigen von einer Kanzel sicher auch nicht. Das Kopfmikrofon ermöglichte es ihm, wild und kabellos über die Bühne zu laufen, mit freien Händen die Luft zu trennen. Bis auf Gitarrist Andy Sneap und David trug die Band Facepaintings, und performte sonst so agil, wie aus den Clipauskopplungen bekannt. Schön, dass die aktuelle Truppe des Hausproduzenten von Accept, Mr. Andy Sneap, den Slot für den Support bekommen hat. Mit “Save Us From Those Who Save Us” verabschiedete sich die Band, die viel positive Resonanzen seitens der Anwesenden bekam.

 

ACCEPT peter LIVE 2012Während im Intro Propellermaschinen tobten, postierten sich die fünf Mucker von Accept schon mal auf den Brettern, und legten dann mit “Hellfire” vom neuen Album los, begleitet durch senkrechte Stösse von Nebel aus dem Back, und blutroter Beleuchtung. Das Titelstück des neuen Albums, „Stalingrad“, schloss sich an, in dem der längst ‚acceptierte’ Udo-Nachfolger Mark Tornillo zum klassischen Solo von Wolf eine Flagge schwenkte, ähnlich wie Bruce Dickinson zu „The Trooper“. Mit „Restless And Wild“ kam der erste Klassiker zu neuem Glanz, und „Living For Tonite“ gleich danach. Ein Riesenbackdrop, mit dem Motiv des Innencovers der neuen CD, das man vor Augen hat, sobald man den Pappschuber unfallfrei beseitigen konnte. Sonst gab es einen Bühnenaufbau, wie zur Balls To The Wall Tour 1985, mit den Verstärkertürmen und den Rampen links und rechts vom Drumpodest. Von dort aus feuerte Stefan Schwarzmann eine gemeine Doublebass zu „Breaker“ ab, die in der Turbinenhalle mehr und mehr verhallte, je weiter hinten man stand. Vermutlich durch seine schweisstreibende Action verrutschten Stefans Kopfhörer, und mussten immer wieder ihres Sitzes korrigiert werden. Ein Eyecatcher war sein durchsichtiges Drumkit. Vom selben Album wurde „Son Of A Bitch“ gezockt, mit Synchronposing von Peter und Wolf, von dem heute abend noch reichlich gezeigt werden sollte. Nach „Bucketful of Hate“ und „Monsterman“ legte Wolf seine Flying-V ab, und spielte „Shadow Soldier“ mit einer weissen Strat, dessen ACCEPT mark2 LIVE 2012messerscharfe Leads jedoch zur Doublebass in der Lokalität geil verhallten. Wolf begann mit einem brutal verzerrtem Solo „Neon Nights“, und solierte zusätzlich den Song hindurch, der heute überhaupt viel Spielraum für Interpretationen lies. Im Mittelteil von „Bulletproof“ duellierten sich Peter und Wolf auf dem Drumpodest abwechselnd, und lieferten zu „Losers And Winners“ hammergeile Chöre, die bestimmt nicht zu leise gebellt wurden. Der Mittachtziger „Aiming High“ von ‚Russian Roulette’ durfte nicht fehlen, genauso wie „Princess Of The Dawn“. An diesen Stellen kann man deutlich den Unterschied zu den aktuellen Interpretationen der Band U.D.O. bemerken, wo die Wiederholungen in den Songs zum Erbrechen in die Länge gezogen werden, wohingegen sie bei Accept mit virtuosen Improvisationen bereichert werden, dass man bei jedem Konzertbesuch differenzierte Versionen zu hören bekommt. Mit dem Hals seines Viersaiters immer wieder Dolchstösse in die Brust seiner Mitspieler imitiert bei „Up To The Limit“ Peter, der überhaupt musikalisch mehr in den Mittelpunkt gefeatured wurde. „No Shelter“, „Pandemic“ und „Fast As A Shark“ bestimmten den weiteren Ablauf, wozu bei letzterem mal die synchrone Doppelaxt von Hermann und Wolf präsentiert wurde. “Good Night, Danke Schön, Auf Wiedersehen” war dann beim Verlassen der Bühne tatsächlich die ersten Worte von Mark, der sonst zwischen den Songs keine Ansagen zu tätigen hatte, die auch von niemand anderem sonst übernommen wurden. Pfurzegal, die erste Zugabe war „Metal Heart“, welches sich durch sein Intro eh selbst ankündigt. Fette Gongschläge von Stefan beendeten das Playback, und Mark kam nun oben ohne zurück. Klar, immerhin sind heute auch so einige weibliche Besucher zu verzeichnen; viele waren deutlich jünger, als die ersten Alben der Band. Der bekannte Accept-Löwenkopf prangte nun über den Drums, und „Teutonic Terror“ sowie „Balls To The Wall“ stellten die weiteren Zugaben. Den Mittelpart des letzten Songs sprach Mark selbst, bis er von der Audienz durch die „Ohoho“-Chöre abgelöste wurde. Zum ACCEPT wolf LIVE 2012Schluss bildeten die vier Frontleute eine Reihe und probten mit ihren rechten Armen den vierer Synchronpropeller. Exakt nach 120 Minuten ging eine grandiose Show zu Ende, die man besser mal nicht verpasst hat. Die Band hat ihre Wurzeln in den Siebzigern, und wirkt immernoch sehr frisch. Das verdient Respekt, besonders unter der Berücksichtigung des Argumentes, dass ihre vier Aktivposten an der Front nicht mehr die allerjüngsten sind. Absolut verständlich, dass viele Bekannte sich dieses Package mehrmals angesehen haben. Am Ausgang treffe ich noch einmal Mr. Nadelstreifen, bei dem ich mich irgendwie auch noch bedanken muss.



Autor: Joxe Schaefer - Pics: Joxe Schaefer