Bang Your Head Festival 2016 – Warm Up Show

Balingen, Messegelände, 13.07.2016

Da ich dieses Jahr die Fotos auch für das renommierte Rock Hard Heft mache, ist der Druck gutes Material zu erarbeiten umso größer. Man wächst halt mit seinen Aufgaben. Dafür ist die Bändchenausgabe trotz Upgrade, um von der Bühne aus Fotos zu machen, recht unkompliziert. Alsbald stehe ich in der Halle des Messegeländes und so langsam stellt sich das Festivalfeeling ein. Obschon es recht leer ist. Laut Aussage des Veranstalters Horst Franz ist die Nachfrage nach weiteren vier Tagen Festivals (die Warm-Up Show mitgerechnet), ziemlich groß gewesen. Komischerweise erzählen die Leute hier vor Ort (und auch in den nächsten Tagen des eigentlichen Events), etwas anderes.

nitrogodsWie dem auch sei, ich treffe die ersten Bekannten, checke noch mal das Equipment und starte gleich mit der ersten Band, Nitrogods durch. Diese deutsche Formation ist eine der wenigen, aktuellen „neueren Bands , die ich live noch nie erlebt habe. Als Opener keine schlechte Idee, haben sie sich doch den puren und rotzigen Rock ´n´ Roll auf die Fahne geschrieben. Das treibt die Menge gleich in die richtige Stimmung. Für einen Klamauk sind sie auch gut, denn der Drummer Klaus Sperling (der letztes Jahr noch mit einem Herzinfarkt zu kämpfen hatte), tauscht für einen Song mal eben sein Schlagzeug für eine Flasche Bier aus. Geht auch! Das Trio macht keine halben Sachen und verfängt sich nicht in nutzlose Aktionen. Immer schön auf die Zwölf! Claus Larcher am Bass hat das nötige, raue Organ, um den tighten Songs den richtigen Esprit zu verleihen und Klampfer Henry Wolter (ex-Thunderhead) weiß genau, das er seine Künste in diesem Metier nicht ausreizen muss. Elf Songs gibt es auf die Mütze, von denen zumindest eins jeder kennt, die Motörhead Coverversion von „Ace Of Spades“ als Huldigung für den verstorbenen Bandchef, Lemmy Kilmister.



pro painLeider ist es ziemlich stickig in der Halle und für einige Sitzmöglichkeiten hat man immer noch nicht gesorgt. Zudem lässt der Sound vom Mischpult etwas zu wünschen übrig. Das scheint Pro-Pain so gar nichts auszumachen, legen sie doch eine gepflegte Abrissbirne hin. Eine Band, die mir schon lange, lange auf meiner Live-Checkliste fehlt. Nun ist es so weit und ich fühle mich euphorisch. Das scheint hier etlichen Gästen so zu gehen. Natürlich kann die Band bei einer derart „kurzen“ Spielzeit nicht auf zahllose Bandklassiker zurückgreifen. Ergo wird es noch heißer an der Front. Brüllwürfel Gary Meskill ist trotz aller aggressiven Shouts bei bester Laune und auch Stimme. Weil er mit Instrument am Mikrofonständer festgenagelt ist, reißt seine Truppe die Meter auf den Brettern ab. Das kann sich sehen lassen. Aber wir sind hier auf dem Bang Your Head Festival und auf der Bühne steht eine Hardcore Band aus New York. Das versteht hier nicht jeder. Die meisten Besucher sind halt Puritaner. Dafür ist Balingen bekannt. Deshalb ist es ab der fünften Reihe durchaus ruhiger. Mir ging es nach „Death On The Dancefloor“ allerdings richtig gut. Beide Daumen hoch!



rageDas neue Line-up von Rage habe ich nun bereits einige Male live gesehen. Es ist einfach unglaublich wie perfekt die Symbiose nun bereits funktioniert. Sichtlich Spaß und mit jeder Menge Adrenalin ist man am Start. Und das, obwohl Peavy himself in letzter Zeit des Öfteren Doppelshows mit Refuge gespielt hat. Stramme Leistung. Und die gibt es hier ein weiteres Mal. Natürlich kommt man in den Genuss der neuen Songs, des aktuellen Albums, „The Devil Strikes Again“. Immer in Action mit seinem neuen Wingman, Marcos Rodriguez, der einen Clown gefressen hat. Zumindest scheint es so, da er ständig breit grinst, mit dem Publikum auf Augenhöhe ist und stets mit guter Laune seine mächtigen Soli zaubert. Dabei steht im Hintergrund Drummer Lucky Maniatopoulos (ebenfalls Sänger bei Tri State Corner) in nichts nach. Das neue Material ist nicht ganz so vertrackt, wie noch zu Zeiten von Klampfer Victor Smolski und spaltet ganz gut den Schädel. Aber natürlich kommt man an diesem Abend an einer handvoll Klassiker nicht vorbei. So staunen wir eine Stunde lang über ein breitgefächertes Best-Of Set, mit jetzt schon Evergreens. Nach Pro-Pain wird es der Band doppelt gedankt.



overkillOverkill sind hier alte Hasen und bereits mit dem ersten Schritt auf der Bühne mitten in der Meute. Ein frenetischer Empfang, der sofort mit Geballer belohnt wird. Dazu gehören selbstredend die Standard-Singalongs wie „Fuck You“. Damit kann man hier das Publikum in einen ziemlich großen Rausch versetzen. Bobby Blitz und seine Mannen sind seit weit über dreißig Jahre dabei und machen hier alles richtig. Obwohl es scheint als wenn der Shouter etwas knapp an Puste ist, da er sich das eine oder andere Mal ausruht oder von der Bühne geht. Und trotzdem ist der Titel Bezeichnung Rampensau im Vergleich zu den anderen Frontern an ihn zu verleihen. Respekt wird natürlich gezollt, ist es doch mittlerweile rappelvoll und zum Überkochen heiß. Kaum jemand der Anwesenden kann sich über die Setlist beschweren. Da folgt ein Knaller ganz locker dem nächsten und wir kommen kaum zum Verschnaufen. Schön für mich als Fotograf, dass nun die perfekte Lightshow das musikalische Programm genussvoll untermalt. Für mich hätte nach dieser Band Feierabend sein können, doch es kommt ja noch der Headliner.



sodomSodom sind eigentlich gar nicht meine Baustelle und obwohl Gitarrist Bernemann Kost immer ziemlich in Kontakt mit dem Publikum ist, passiert mir auf der Bühne einfach zu wenig Action für derart harte Musik. Keine Frage, es gibt ein solides Programm von anderthalb Stunden und die leicht angegriffenen Fans zieren sich nicht, die letzten Reserven des Tages hervorzukramen. Das gelingt zwar nicht jedem, denn mancher liegt bereits im Sauren, aber der Sound bleibt knüppeldick. So kommt es zu später Stunde noch zu manchem Highlight an Songs, mit einer ganzen Menge Material vom „Agent Orange“ Album und diversen anderen Krachern der Bandgeschichte. Derweil ließen Tom Angelripper und seine Jungs sich ebenfalls nicht lumpen, dem Vorbild Nummer eins, Mister Lemmy Kilmister, einen Tribut zu zollen. Für Sodom aus Gelsenkirchen, ist die Entscheidung auf „Iron Fist“ gefallen, das von einer lauthals unterstützenden Horde ordentlich mitgefeiert wurde. Da sehe ich doch so manch feuchtes Auge! Ein guter Festivalstart ist absolviert, auch wenn dieser Abend immer als „Warm Up“ deklariert wird.



Autor: Steve Burdelak - Pics: Steve Burdelak