Keine Ahnung, wie es euch geht, aber irgendwie ist der am 28.12.2015 verstorbene Lemmy noch immer sehr präsent, in Gedanken, in Gesprächen und natürlich in den Musikanlagen. Wir haben Motörhead Parties gefeiert und auf ihn angestoßen, so wie er es gewollt hätte. Selbst in der Tagesschau hat man ihn mit 105 Sekunden bedacht, was auch zeigt, wie weit er in der breiten Masse ein Begriff ist und zumindest Akzeptanz erfuhr. Zuvor habe ich noch nie eine Trauerfeier am Screen verfolgt, aber bei Lemmy war mir irgendwie klar, dass ich zuschalten werde. Die Trauerfeier findet im Forest-Lawn-Memorial Park in Los Angeles am 09.01.2016 statt und wird per Livestream auf Youtube übertragen. Man darf also zwei Stunden bei klaren Ton und Soundverhältnissen Zeuge der Veranstaltung werden; es sollte nur wenige kleine Störungen geben. Und weil bewegende Momente drin waren und ein paar wirklich gute Vorträge, sollten die Leser Von CROSSFIRE, welche nicht zuschalten konnten, wenigstens darüber lesen können.

Die Kamera zeigt zunächst eine Totale des ganz in weiß gestalteten Raumes, einer Kapelle gleich. Einige Gäste sind schon zu erkennen, wie Scott Ian und seine blonde Partnerin. Vor den Sitzreihen, um nicht zu sagen Bühne, steht Lemmys Urne mit seinem Hut, daneben seine markanten Stiefel, ein großes schwarz-weißes Motörhead Foto mit der Besetzung Fast Eddie und Philthy, ein kleineres darüber mit der letzten Besetzung. Aus weißen und roten Blumen werden die eisernen Kreuze dargestellt, mit denen er sich gerne zeigte. Gesäumt von zwei Marshall-Türmen, die natürlich nicht fehlen dürfen, kann die Deko nicht passender abgerundet werden. Vor dem rechten Turm steht ein Rednerpult, von wo aus kein Pastor, sondern Motörhead Manager Todd Singerman, leicht Kaugummi kauend, die einzelnen Gäste aufruft und durch die Veranstaltung führt. Er macht er Platz für den ersten Redner und ruft Lemmys Sohn Paul auf. Der trägt einen Hut, den er von seinem Vater bekam, ist sichtlich nervös und liest seine Worte ab. Neben sehr familiären Anekdoten wusste er vorzutragen, dass man besser die Klappe hält und zuhört, wenn man von Lemmy Rough Mixes neuer Songs vorgespielt bekommt. Gelächter. Und er nahm kein Blatt vor den Mund, auch nicht bei der Offenbarung, dass er seinen Vater im Alter von sechs Jahren kennenlernte, bei einem Kokain-Deal. Auch habe Lemmy zu ihm gesagt, dass die Mutter vor seiner Geburt ein paar exzellente Titten gehabt haben soll, für jede einzelne er sich immer eine halbe Stunde Zeit nahm. Paul war sehr stolz darauf, ihm entgegnet zu haben, dass er sich aber länger mit ihnen beschäftigt habe. Worauf Lemmy entgegnete, dass er aber zu jung war, sich daran zu erfreuen. Riesengelächter. Paul schließt ab mit den Worten, dass man sich seine Eltern nicht aussuchen könne, er aber mit Lemmy als Vater den Hauptgewinn hat. Bei den folgenden Rednern stellte sich noch öfter heraus, dass diese Feierlichkeit auch sehr fröhlich sein sollte. So würde es auch Lemmy gewollt haben.

Der nächste Redner ist Mickey Dee. Er sitzt in der ersten Reihe und ist heute als einzig verbliebenes Motörhead Mitglied zugegen; Gitarrist Phil Campbell konnte aus unerklärten Gründen nicht dabei sein. Mickey spricht frei und ohne Zettel immer wieder anführend, wie viel Spaß sie zusammen gehabt haben. Er sagt abschließend zu Lemmy, in Blickrichtung auf die Urne, er möge es doch etwas ruhiger angehen auf der anderen Seite. Danach sprachen Nina und Jim von Skew Siskin, Bob Kulick, mit dem Lemmy einen Grammy für eine Coverversion von Metallicas "Whiplash" gewann und Slim Jim von den Stray Cats, mit dem Lemmy bei The Head Cat spielte. Dieser stellt die Frage an die Anwesenden, ob noch jemand Lemmy in seinem Auto rauchen lassen hat. Gelächter. Weiter sprechen seine persönliche Krankenschwester und seine Assistenten. Während es einem die Stimme verschlägt, übernimmt der nächste und zählt auf, dass der Jacky Cola nun 'Lemmy' heißt und ein soeben entdecktes Schwermetall "Lemmium". Applaus. Es vermittelt den Eindruck, dass viele der Gäste, ob Star oder nicht, sich sehr gut untereinander kennen, wohl mehr oder weniger auch durch ihre Freundschaft zu Lemmy. Cool auch eine Geschichte von Scotty, einem Freund von Lemmy aus dem Rainbow. Sie lernten sich an der Bar auf einem Konzert von Alice Cooper kennen, als Scotty der Mann war, von dem Alice Cooper seine Schlangen für die Show bekam. Als seine Schlange Alice Cooper auf der Bühne vollschiss, soll Lemmy sich darauf den Arsch blau gelacht haben. Danach hat er Lemmy auf seinem Motorrad mit ins Rainbow genommen. Mit zwei Schlangen um die Schulter und Lemmy als Sozius, der einen Polizeihelm trug.

Danach tritt Lemmys Freundin Sheryl ans Pult. Sie hat nicht viele Worte. Sie erklärt, dass Lemmy sie liebte, aber die größte Liebe seinen Fans galt. Dann war sein Promoter aus Deutschland an der Reihe, der noch einmal Berlin als zweite Heimat Lemmys unterstrich. Weiter sprach sein Freund und Stiefelmacher Pascal und Matt Sorum, den man noch von Guns 'n' Roses und Velvet Revolver kennt. Er las von seinem Smartphone ab. Als Mickey während einer Tour unbedingt ins schwedische Dschungel-Camp einziehen musste, fragte Lemmy bei Matt wegen Drumaushilfe an. Darauf fragte er Lemmy: "Warum ich?", worauf Lemmy antwortete: "Weil Dave Grohl nicht verfügbar ist!" Dann stellte Matt fest, dass sein Leben nun komplett ist; er hat mit Motörhead gespielt. Als einziger Redner verwendete er zur Unterstreichung der Anekdoten den  Stinkefinger, obwohl sonst schon sehr locker gesprochen wurde. Auf dem Weg zurück zu seinem Platz hielt er bei Mickey Dee für eine Umarmung.

Slash kommt ohne Hut, dafür mit Speigelbrille und Mütze, dann Lemmys Stage Manager Roger, der die ganze Zeit um Fassung ringt. Abschließend hängt er sich noch einmal den Stagepass um und betont wie stolz er war, als er den zum ersten mal tragen durfte und wie stolz er ist, ihn das letzte mal getragen zu haben. Riesenapplaus. Noch bekannt von Alice in Chains ist Mike Inez, der zusammen mit Ugly Kid Joe Sänger Whitfield Crane nach vorne kommt. Danach erzählt Rob Halford seine Geschichte, beginnend mit den Worten: "Love, So Much Love!". Dann liest er von seinem Zettel ab und findet bewegende Worte einer Begebenheit vom Ende einer Südamerika Tour mit Ozzy. Lemmy saß alleine in einer Ecke und Rob nahm aus irgendeinem Grund seine Hand. Auf die Frage nach einem Selfie bekam er erst den Lemmy-Blick, doch dann sagte er okay. Er habe Lemmy geküsst und gesagt, dass er ihn liebe. Er haben diesen besonderen Moment auch auf Instagram geteilt. Scott Ian von Anthrax weiß danach wieder eine lustige Story. Als er sich als Fünfzehnjähriger Platten nach Cover kaufte, war "Ace Of Spades" dabei. Er hörte die Platte, schaute dabei gebannt auf das Cover und fragte sich die ganze Zeit, wer diese drei Mexikaner wohl sind und warum sie so schnell spielen? Dann ist Wrestler Triple H der Folgende, der ohne Textvorlage eigreifende Worte spricht. Auch wenn man mit seinem Business nichts anfangen könne, kann er versichern, es gibt keinen größeren Kick im Leben, als mit Weltmeistergürtel zu Feuerwerk vor 80.000 Leuten auf die Bühne zu gehen, während Motörhead sein Lied spielen.

Gegen Ende werden dann Robert Trujillo und Lars Ulrich aufgerufen. Zunächst weiß Robert die Anekdote vorzutragen, als er mit seinem gerade gewartetem 1964er Buick Lemmy abholen sollte. Als Lemmy in seinem Wagen saß, sprang dieser nicht an. Lemmy nahm das sehr gelassen und sagte: "Lass uns hier für einen Moment sitzen!" Dann stieg er aus, zündete sich eine Zigarette an und gab Robert eine Geschichststunde seiner Straße, wer wo mal gelebt bat. Dann stiegen sie wieder ein und der Motor sprang tatsächlich an. Lemmy gab ihm noch den Rat: "You Gotta Respekt This Older Cars!" Ozzy muss auch anwesend sein, weil Lars ihn in Bezug auf ein Konzert direkt anspricht. Weiter bedankt sich Lars noch bei Lemmy für ein peinliches Foto, das im Innersleeve des Orgasmatron Albums veröffentlicht wurde. Viele Redner schlossen mit einem Schluck Jack Daniels ab. Alle Redner waren sehr emotional, einer mehr gefasst als andere. So wirkliche Tränenausbrüche gab es aber nur bei den Personen, die sehr engen Kontakt zu Lemmy pflegten. Dave Grohl spricht zum Schluss und beginnt damit, wie er Lemmy kennenlernte, als der gerade ein Videospiel zockte. Dave war bei Nirvana und macht aktuell Foo Fighters, hatte aber mal ein Projekt mit dem Namen Probot. Auf dieser Platte schrieb Dave Songs, als wären sie von seinen alten Helden; er konnte sogar dafür die Originalsänger gewinnen. Sehr echt klangen die Songs für Cathedral und Saint Vitus, aber der Top-Song ist "Shake Your Blood", und Lemmy singt den Song, als wäre es sein eigener. Gegen Ende bricht Dave doch noch in Tränen aus und schließt mit einem Schluck Jack Daniels ab: "Cheers Lemmy!"

Lemmys Amp wird aufgedreht und ein paar grobe Anschläge auf seinem Rickenbacker, der vor die Box gestellt wird, sorgen nun hier für das allseits bekannte Geräusch, mit dem die Motörhead Shows endeten…