PUNK ROCK BLITZKRIEG – MEIN LEBEN MIT DEN RAMONES - von Marky Ramone & Rich Herschlag


Label:IRON PAGES VERLAG
Jahr:2015
Running Time:336 Seiten
Kategorie: Neuerscheinung
 

Eins Mal gleich vorweg…diese Biographie war so ziemlich die zähflüssigste, die ich bislang in die Hände bekam. Und das bei nur knapp über dreihundert Seiten. Nun ja, dafür gibt es natürlich mehrere Begründungen. Mark Bell, so der eigentliche Name des Drummers, wird seinem Buchtitel nicht gerecht. In „Punk Rock Blitz“, geht es um sein ganzes Leben und nicht nur um das mit den Ramones. Er hat natürlich nennenswerte Erfolge mit vorherigen Formationen wie Dust und Wayne County, sowie Richard Hell & The Voidoids gefeiert und zelebriert das Thema hier in schriftlicher Form auf den ersten hundert Seiten. Da bleibt für die Story mit den Pionieren des Punk nicht mehr so viel Platz. Zudem war Marky von 1983 bis 1987 ausgestiegen und auch die Phase findet Zuwendung im Buch. Nicht zu vergessen die Zeit nach den Ramones. Also lesen wir hier über die Karriere des Trommlers bis dato. Ein weitaus größeres Manko im Erzählfluss (der keiner ist), sind die ständigen Sprünge in andere Kontexte. Das wird nicht in Kapitel gestaltet, sondern in Absätzen. Urplötzlich ist man in einer ganz anderen Story. Das nervt ungemein. Selbstredend hatte Marky Unterstützung von Rich Herschlag. Und der hätte Vieles streichen können um anderen, relevanteren Themen mehr Platz einzuräumen. Diese Biographie liest sich als wenn kein richtiger Schreiber eingegriffen hätte. Der Schlagzeuger (bei den Ramones von 1978 bis zur Pause 1983 und dann wieder 1988 bis zur Auflösung im Jahr 1996) greift teilweise völlig belanglose Themen auf und schweift ins Unendliche aus. Während für den Fan spannende Dinge flugs abgesteckt werden. Manchmal…nein eigentlich ziemlich oft, fragte ich mich wie man derart Details (wer wann welches Shirt getragen hat, wie die Tapete eines Raumes aussah, was man bei einem Abend vor dreißig Jahren genau in Reihenfolge bis zum Umfallen gesoffen hat und wie viele Kirschen im Cocktail waren, was man im halbnarkotisierten…weil noch im betrunkenen Zustand eine OP über sich ergehen läßt) behalten kann und wer das wissen will. Ebenso wie die ganzen Probleme mit den Freundinnen. Ich denke Marky wollte oftmals mit den Eskapaden anderer schreibender Musiker mithalten. Aber das ist nicht möglich gewesen, denn man, aber zumindest ich, ist verwundert wie die Ramones wirklich waren. Die richtigen Punks hatte ich mir wahrlich anders vorgestellt. Und wenn man kein Blatt vor den Mund nimmt, haben wir mit Sänger Joey (1951 – 2001) einen Menschen mit immensen Zwangsstörungen, was die Geduld der Band heftigst auf die Probe stellte. Als Mensch scheinbar unnahbar und seinen Mitgliedern in der Band selten gerecht gegenüber. Gitarrist Johnny (1948 – 2004) kann getrost als Rassist bezeichnet werden, auch wenn er angeblich den Frieden der Welt wollte. Natürlich ohne Juden (und das obwohl zumindest Sänger Joey jüdischer Abstammung war), Afro-Amerikanern, Muslimen und allen Partymigliedern außerhalb der republikanischen Seite. Basser Dee Dee (1951 – 2002) geht als unbelehrbarer Alles-Junkie mit allen extremen Facetten in die Geschichte ein. Marky selbst war jahrelang schwerer Alkoholiker, bekam sich aber nach mehreren Therapien in den Griff.

Auch aus anderen Blickwinkeln muss man vom Bild der wilden Punks Abstriche machen. Abgesehen von den Drogenexzessen ging man nicht gerne auf Tour, blieb privat lieber daheim und führte anscheinend eher ein biederes Leben. So für alle Mitglieder geltend. So kann man sich irren. Untereinander war man sich selten gut gesonnen und umso erstaunlicher ist der Erfolg und die vielen Hits. Dennoch blieb bis zum Schluss der Truppe der ganz große Erfolg (bis auf Südamerika) aus. Man musste erleben wie beeinflusste Bands wie Green Day und Konsorten in den 90er-Jahren an einem vorbeizogen. Vielleicht ist das der Grund für den leicht devoten Unterton der in den Erzählungen herumgeistert, wenn es um andere Promis geht. Auch hier wird Vieles aufgebauscht was von Null belang für den Leser sein dürfte. Wir dürfen die Ramones in einem völlig anderen Bild sehen, teilweise auf den nervenaufreibenden Touren als zerstrittene, kleine Kinder den man den Lolly abgenommen hat. Johnny kontaktierte noch nicht mal den im Sterben liegenden Joey, da er, laut O-Ton Johnny: „nicht mein Freund ist“. Das macht nicht immer Spaß. Zum Beispiel findet man nicht ein Foto (unter den insgesamt zweiundvierzig Stück) mit einem anderen Ramone oder gar einem Bandfoto. Das mag aber auch rechtliche Gründe haben. Schade trotzdem. Der letzte Abschnitt im Buch befasst sich teilweise um die Tode der originalen Mitglieder, was schon etwas wehmütig machte. Aber auch hier wurde der Tod von Ur-Drummer Tommy Ramone (1949 – 2014), dem Marky angeblich so viel zu verdanken hat, nicht mit einer Silbe erwähnt. Dafür kommt man immer wieder auf den zu neunzehn Jahren Gefängnis verurteilten Produzentenfreund Phil Spector (Erfinder der „Wall Of Sound) zu sprechen, der für Todschlag belangt wurde zu sprechen. Auf ihn hält Marky nach wie vor große Stücke. Schon kurios. Ich kann dieses Buch selbst den Fans nicht empfehlen. Langweilig ist nur nett ausgedrückt. Allein das Kapitel über die Entstehung zum Film „Rock `n` Roll High School“ zeigt, wieviele Ausschweifungen man an uninteressanten Stories zusammenfügen kann. Fertig!

ISBN: 978-3-940822-06-2

Note: Keine Wertung
Autor: Steve Burdelak


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