Daniel: HELL-ö Okkulto! Na, alles klar? Erzähl uns doch zunächst, wie es zur Gründung von Eurynomos kam! Woher kam die plötzliche Idee?
Okkulto: Die Idee bzw. die Gründung geschah alles andere als plötzlich. Etwa zwei Jahre nach meinem Ausstieg bei Desaster spielte mir unser Gitarrist Aethon, der ein langjähriger Freund ist, einige lose Riff-Ideen vor und meinte, dass sich mein Gesangsstil dazu sehr gut eignen würde. Zu der Zeit war ich eigentlich „auf Abstand“ zur Szene und dem musikalischen Geschehen. Aber die Riffs klangen so interessant und packten mich direkt, den Gedanken weiter zu verfolgen und wenn möglich daran zu arbeiten. So ging es aber die nächsten Jahre erst mal weiter. Aethon kam immer wieder mit sehr starken Ideen und wir sprachen über Songtitel, Text- und Gesangsstrukturen. Leider dauerte es aufgrund verschiedener Umstände noch einige Jahre, bis wir letztlich Nägel mit Köpfen machen konnten. Ein genaues Gründungsdatum ist daher schwer zu nennen, nimmt man nur das Entstehen der ersten Songs oder die erste feste Probe zum Anlass. Es ist aber auch nicht entscheidend. Wichtig ist, dass wir nun komplett sind und eine ganze Menge Songs in der Hinterhand haben.
Daniel: Hast Du eigentlich tatsächlich nach Deinem Ausstieg bei Desaster gar nichts mehr musikalisch gemacht? Was hast Du überhaupt so getrieben in den letzten 14 Jahren?
Okkulto: Ich war damals zu meinem Ausstieg ziemlich angepisst von der Szene, dem ganzen Business-Gehabe und vielen anderen Umständen im Allgemeinen. Etliche Jahre hat man sich mit nichts anderem als der Band und deren Vorankommen beschäftigt. Ich wollte einfach nur noch „Fan“ sein, ohne Verpflichtungen, und die Musik so genießen, wie ich wollte. Außerdem war ich dem ganzen Black-/Death Metal etwas überdrüssig, so dass ich mich zunächst eher auf die traditionellen Hardrock- und Metal-Bands verlagerte. Ich hatte über Jahre diesen „Black Metal Lifestyle“ derart intensiv gelebt, dass es an der Zeit war, mal den Kopf frei zu bekommen. Außerdem wollte ich im Leben noch einige andere Dinge ausprobieren bzw. verschiedene andere Ziele erreichen, so z. B. im Langstreckenlauf, wo ich schon in der früher aktiv war. Ich setzte mir Zeitziele und wollte sehen, wie weit ich mit dem entsprechenden hundertprozentigen Fokus darauf kommen kann. Im Nachhinein habe ich es auf einer semi-professionellen Basis sehr weit gebracht und bin sehr gute Zeiten von Fünf-Kilometer-Strecken bis Marathon gelaufen. Das erforderte aber auch all meine Aufmerksamkeit in dieser Zeit. Letztlich war die Liebe zur Musik aber größer, und da Gitarrist Aethon mich stetig mit seinen Gitarrenriffs versorgte, war der Drang irgendwann einfach da, den Sack zuzumachen und die Songs komplett auszuarbeiten. Die Proben zum Desaster-Jubiläum in Bamberg bestätigten mir dann, dass es auch stimmlich noch sehr gut klappt. Die Reaktion des Publikums war dann mehr als überschwänglich und bestärkte uns im weiteren Vorgehen mit Eurynomos.
Daniel: Was bedeutet der Name Eurynomos eigentlich?
Okkulto: Eurynomos ist ein Dämon der Griechischen Mythologie. Er lebt in der Unterwelt und ernährt sich vom Fleisch der Toten. Es ist wenig über ihn bekannt, und seine Farben werden als „zwischen blau und schwarz“ bezeichnet. Auch das etwas Obskure, Mysteriöse daran, passt zu dem Stil, wie wir auch die Band sehen. Natürlich gibt es auch irgendwo eine Verbindung zu dem Hellhammer-Demosong, denn diese rohe, ungezügelte Energie ist es, was wir auch in unseren Songs zeigen wollen. Und natürlich sind Hellhammer in punkto Heavyness immer noch auf ihre Art einzigartig und ein gewisser Maßstab.
Daniel: Welche Bands haben Euch beeinflusst? Und gibt es auch neue Bands, die Du Dir anhören kannst?
Okkulto: Es wird in Interviews immer unendlich viel über Einflüsse gesprochen, es werden Bands genannt, aber in der Musik hört man es nicht raus. Ich finde es daher spannender, wenn die Hörer uns erzählen, was sie in unserer Musik entdecken. Deshalb nennen wir in Interviews bewusst keine Bands. Ich denke, wer die Musik nicht erst seit gestern hört und etwas vertraut ist mit den „Vätern“ des extremen Metal, kann die Einflüsse schon erkennen. Letztlich sind wir nicht angetreten, um besonders originell zu klingen, sondern es ist mehr eine Art Huldigung an die Musik, mit der wir ausgewachsen sind. Diese Art von Musik ist auch unser Verständnis.
Daniel: Wovon handeln Eure Texte? Und geht es nur um die Erfüllung der üblichen Klischees? Oder steckt auch eine gewisse Kernaussage dahinter?
Okkulto: Ich denke nicht über Klischees nach, genauso wenig, wie ich versuche, besonders philosophisch rüber zu kommen. Die Texte liegen mir schon am Herzen, denn sie geben der Musik den finalen Ausdruck. Dabei hat sich meine Schreibweise gegenüber früher auch nicht großartig geändert. Es können geschichtliche Hintergründe sein oder einfache Horrorstories aus alten Filmen. Alles, was irgendwie obskur und mysteriös ist, kann mich da faszinieren, ebenso wie geschichtliche oder mythologische Begebenheiten. In einem Song unserer zweiten Single „Eye Of The Pantheon“ geht es um das mächtige Pantheon in Rom, wo der Kaiser sich alljährlich in einer Art Ritual als göttliche Allmacht feiern ließ. Einer unserer brandneuen Songs befasst sich mit den Fesseln der Religionen und damit sie zu sprengen, um wieder Herr über sich selbst zu sein und sich seiner eigenen Göttlichkeit bewusst zu werden. Hierin steckt sehr viel von meiner eigenen Lebensauffassung. Es gibt genug faszinierende, obskure Themen, die üblichen Metal-Klischees sind doch mittlerweile zu Hauf von allen möglichen Bands genutzt worden.
Daniel: Handelt es sich bei Eurynomos nur um ein Projekt für zwischendurch oder eine richtige Band?
Okkulto: Eurynomos sind sicher eine hundertprozentige Band, mit einem hundertprozentig seriösen Konzept. Es war mir von Anfang an äußerst wichtig, mit einer kompletten Band und den entsprechenden Charakterköpfen zurückzukehren und nicht mit einem Projekt. In Aethon (Gitarre), Magma (Bass) und Vesuv (Drums; ersetzt Nimitön) bin ich stolz, die richtigen Mitstreiter an meiner Seite zu haben. Wir haben eine sehr genaue Vorstellung davon, was wir wollen, und alles ist auf dieses Konzept abgestimmt, von der Musik, über Layout, Shirts, Bandfotos und später auch die Liveshows. Es ist vielleicht etwas früh, aber mit der Zeit wird man erkennen, dass diese Dinge einem bestimmten Konzept folgen. Musikalisch haben wir mit Aethon einen großartigen Gitarristen, der immer wieder sehr gradlinige und packende Songideen einbringt, die wir dann als Band komplett ausarbeiten. Es gibt da, wie gesagt, noch so einige Überraschungen in der Pipeline. Nachdem das Konzept mit den drei 7“ EPs komplett ist, werden wir uns sofort für einige Livegigs bereit machen, sowie Songs für ein volles Album komplettieren.
Daniel: Wie lange habt Ihr gebraucht, um die Songs für Eure einzige bisherige Veröffentlichung, die EP „Unchained From The Crypt“, zu schreiben und aufzunehmen?
Okkulto: Die Songs in ihrem Ursprung sind schon einige Jahre alt, aber erst mit kontinuierlichen Proben haben wir sie komplett ausgearbeitet, wobei immer wieder Kleinigkeiten verändert wurden. Da wir auch an vielen Songs parallel arbeiteten, zog sich das Ganze doch über mehrere Monate hin. Zudem war es und auch wichtig, mit dem richtigen Equipment möglichst authentisch aufzunehmen. So blieb alles in unsrer Hand, und wir mussten uns nicht mit überbordeter Studiotechnik rumschlagen.
Daniel: Wie wichtig ist es Dir als alten Hasen in der Szene, dass die EP auf Vinyl erschienen ist? Und gibt es auch eine CD- oder Kassettenversion davon?
Okkulto: Vinyl ist immer noch das schönste Format für diese Art von Musik. Und gerade eine Single hat immer auch etwas Traditionelles. Es wird auch eine Kassettenversion über Coffin Filth Records geben. Da ist das Interesse in Südamerika und Asien noch recht groß. Der Kern sind aber die drei EPs im Vinyl-Format, jeweils mit über dreizehn Minuten Spielzeit, was auch ein Novum ist; dazu noch verschieden farbige Vinyl-Versionen, um dem Ganzen einen noch exklusiveren Charakter zu geben.
Daniel: Wie kommt es eigentlich, dass Du mit Eurynomos nicht erst ein Demo oder sofort ein Album gemacht hast?
Okkulto: Die Idee zu einem Konzept aus mehreren Singles, die auch covermäßig in Verbindung stehen, hatte ich schon zu Desaster-Zeiten. Es kam aber nie zur Realisation, da wir dann doch mehr Wert auf ein volles Album legten. Trotzdem reizte mich diese Idee immer noch und ebenso Aethon, so dass wir schon früh über eine mögliche Gestaltung usw. sprachen. Die weitere Konzeption und Umsetzung wurde dann auch von ihm verwirklicht, und das Ergebnis hätte nicht besser sein können für mich. Ein Album wird sicher folgen, wenn das Kapitel der 7“ EPs abgeschlossen ist. Als Einstieg fand ich die Singles einfach spannender, denn man folgt einer gewissen Linie und die Songs nehmen auch eine gewisse Entwicklung und steigern die Intensität von EP zu EP. Das wäre auf einer LP eher schlecht zu machen gewesen.
Daniel: War Dir von Anfang an klar, dass Du wieder mit Iron Pegasus Records zusammenarbeiten wolltest? Oder hat sich das eher zufällig ergeben?
Okkulto: Iron Pegasus zählen zu den wenigen Kontakten, mit denen ich nach meinem Ausstieg bei Desaster hundertprozentig freundschaftlich verbunden blieb, nachdem viele Leute dem Desaster-Zug folgten. Absolute Loyalität ist in der Szene leider nur selten anzutreffen, aber durch Costa und Iron Pegasus gab und gibt es das noch, auch durch schlechte Zeiten hindurch. Von daher waren sie immer der erste Ansprechpartner für Eurynomos. Die Philosophie, von der Musik, die das Label veröffentlicht, die hochwertigen Layouts und die äußerst faire, respektvolle Behandlung der Bands, sowie die Ausrichtung auf langfristige Zusammenarbeit sprechen da für sich. Eurynomos fühlen sich in bester Gesellschaft mit großartigen Bands wie Sabbat, Pentacle, Meggido uvm.
Daniel: Spielt Ihr eigentlich auch live? Und wenn ja: Wann, wo und mit wem?
Okkulto: Natürlich wollen wir nach Abschluss des Single-Konzepts auch live auftreten. Ich bin immer noch der Meinung, dass die Musik auf die Bühne gehört. Insbesondere der Metal, wie wir ihn spielen, entfacht erst live sein wahres Feuer. Es gibt schon diverse Angebote, aber es ist noch viel zu früh, um hier etwas anzukündigen. Zunächst werden wir wahrscheinlich mit einer Art „Secret Gig“ starten, um uns selbst zu testen. Es wird aber keine Gigs „um jeden Preis“ geben, und es hat auch nicht die absolute Priorität. Wenn wir auftreten, wollen wir ein besonderes Programm inklusive einer besonderen Show bieten, da uns der visuelle Aspekt sehr wichtig ist. Es soll eine gewisse Dramatik und Atmosphäre entstehen. Wenn es von der Lokalität oder dem Line-up der Bands nicht passt, um diese Show zu bringen, würden wir lieber verzichten. Wir werden schauen wie sich die Dinge entwickeln und dann entscheiden.
Daniel: Lass uns mal kurz zu Deiner Zeit bei Desaster kommen. Du warst von 1992 an mit dabei, bist aber 2001 ausgestiegen. Was waren die Gründe dafür?
Okkulto: In dem Moment gab es leider keinen anderen Weg, zumindest keinen schnellen, den man hätte gehen können. Es ging ein gewisser Riss durch die Band und ich hatte mir das bereits reiflich überlegt. Wacken war eben das Größte, was Du in dem Moment erreichen konntest, und somit ein gebührender Abschied. Okay, natürlich ging es gerade danach erst richtig ab, gerade auch im Ausland. Aber in der damaligen Situation hätte das zusammen auch nicht funktioniert
Daniel: Euer letztes gemeinsames Konzert war ein Festival-Auftritt auf dem Wacken Open Air 2001, ein Festival, das mittlerweile bei Metal-Fans eher verpönt ist... Warum gerade dort? Oder war das gar nicht so von Anfang an geplant?
Okkulto: Zu dieser Zeit hatte Wacken ja längst noch nicht die Größe, die es heute hat, es war eher nur ein Bruchteil davon. In den Jahren davor hatten wir dort selbst einige großartige Bands gesehen und mit den Hellbangers Moselfranken, unserem lokalen Metal-Club dort, legendäre Zeiten. Nach der „Tyrants Of The Netherworld“ LP erhielten wir sehr gute Angebote für Festivals. Als das Angebot für Wacken kam, war das eine Ehre und sozusagen ein Novum. Als Underground-Band ohne großes Label im Rücken dort unter zu kommen, war eine absolute Ausnahme und ein Zeichen, dass die Leute unsere Musik wirklich mochten. Für mich war es aber auch der Gipfel der jahrelangen harten Arbeit mit der Band, in denen uns nie einer was geschenkt hat, sondern wir uns live unsere Sporen verdient haben.
Daniel: Hast Du Desaster nach Deinem Ausstieg eigentlich noch weiter verfolgt? Kennst Du ihren „neuen“ Sänger Sataniac (seit 2001!) und ihre vier Alben nach ihrem Ausstieg? Und wie findest Du sie? Kannst Du damit noch etwas anfangen? Oder bist Du der Meinung, dass sie ihren Zenit mittlerweile überschritten haben?
Okkulto: Wenn ich ehrlich bin, muss ich sagen, das ich erst mal einen großen Bogen um alles, was mit Desaster zu tun hatte, machte. Die Band war mein kompletter Lebensinhalt. Wenn so etwas zerbricht, dann dauert es erst ohnehin eine Weile, bis man realisiert, was passiert ist. Von daher war es auch nötig den Abstand zu haben, um sich wieder neu orientieren zu können und sich neue Ziele zu setzen. Desaster haben eine unglaubliche Entwicklung gemacht, von der kleinsten Kellercombo bis auf große Festivals, bis nach Brasilien und was weiß ich wo. Das wird ihnen niemand mehr nehmen; so oder so, ob man die Musik mag oder nicht. Infernäl hat einen einzigartigen Gitarrenstil, den man unter hundert Anderen erkennt. Und das kann man nicht von vielen sagen in diesem Bereich.
Daniel: Könntest Du Dir vorstellen, jemals zu Desaster als festes Mitglied zurückzukehren? Oder vielleicht einmal mit Eurynomos im Vorprogramm zu spielen und einen gemeinsamen Zugabenteil mit Desaster oder so? Oder ist das Thema völlig vom Tisch?
Okkulto: Die Erfahrung, mit den Jungs wieder im Proberaum zu stehen, während der Proben zur Jubiläumsshow in Bamberg und der Gig selbst waren einzigartig. Ich möchte das nicht missen. Es hat einem mal wieder vor Augen geführt, das man etwas Besonderes geschaffen hat. Die Jungs haben mir diese Chance gegeben, und ich bin ihnen dankbar, denn das brachte den Stein für Eurynomos nochmal so richtig ins Rollen. Ich denke, sie sind glücklich mit dem, was sie tun, und ich bin sehr froh, großartige Mitstreiter für Eurynomos gefunden zu haben und die Songs zu vollenden, die über lange Jahre bereit lagen. Wir gehen alle unseren Weg, keiner muss etwas vermissen.
Daniel: Welche Zukunftspläne hast Du noch mit Eurynomos?
Okkulto: Ich plane nie zu lange voraus, sondern versuche, den Moment zu genießen. Wir werden zunächst das Single-Konzept abschließen, mit der dritten Single, die wir wohl Ende des Jahres aufnehmen. Im Frühjahr werden wir uns dann live zeigen, mit einer intensiven Show voller Dramatik. Es gibt viele Anfragen, viele Fans der alten Tage, die sich riesig darauf freuen. Dazu werden wir die Songs zur ersten vollen LP komplettieren, wobei es hierfür auch bereits schon einige Titel gibt. Es bleibt sicher spannend, und ein Stück weit wollen wir aber auch unberechenbar bleiben! Die zweite Single „Eye Of The Pantheon“ wird wieder über dreizehn Minuten Spielzeit haben, und die erste in Sachen Intensität und Drama sicher überbieten. Release wird Ende Oktober sein! So watch out & be prepared!!!
Thanx, Okkulto