SERAINA TELLI - SIMPLE TALK


Label:METALVILLE
Jahr:2022
Running Time:41:10
Kategorie: Neuerscheinung
 

Nachdem Seraina den Absprung geschafft hatte, um nicht als brennende Hexe zu enden, erfreut uns die umtriebige Schweizerin mit wohldosierten neuen Projekten in angenehmen Abständen. Keine nonstop Produktionsmaschine, die eine Veröffentlichung nach der anderen raushaut. Aber statt faul auf der bunten Haut zu liegen, überrascht der bunte Paradiesvogel ein ums andere Mal mit ausgefeilten Kompositionen und ausgefallener Musik, wie zuerst mit ihrem Herzensprojekt Dead Venus. Die beiden Alben (Rezensionen hier auf Crossfire), suchen ihresgleichen und sind so leicht nicht zu toppen. Nun kommt der nächste Streich, auch wenn ich den Pressetext des Labels recht daneben finde - „Female Fronted Rock hat ein neues Gesicht: Seraina Telli“. Erstens gibt es kein Genre Female Fronted Rock, so wie es auch kein Male Fronted Rock Genre gibt und das Gesicht ist auch nicht neu, da Miss Telli immerhin vier Jahre lang als Frontröhre der Burning Witches unterwegs war. Aber geschenkt, denn letztlich geht es ja um die Musik und die rockt diesmal gewaltig.

Ja, es ist merklich radiotauglicher und wohl auch mehr auf ein Mainstream Publikum ausgerichtet, im Vergleich zu den verspielten, Progressive Rock Kompositionen der Dead Venus Scheiben. Um es grob zu umreißen, beim ersten Durchlauf des Albums denke ich sofort an eine Fusion der Wilson Schwestern (Heart) mit der unbändigen Energie einer Lzzy Hale (Halestorm), abgerundet mit einer Prise P!nk. Dazu hat Miss Telli sich eine hervorragende Kapelle zusammengestellt. Zusammen mit Rico H, der als Drummer von AnnaLux bereits überzeugte und der Bassistin Alice Lane Pandini, die ebenfalls kein unbeschriebenes Blatt in der Szene ist, entstand ein Release voller musikalischer Vielseitigkeit und künstlerischem Tiefgang. Stimmgewaltig und authentisch geht es auch von Anfang an mit „Modern Warrior“ in die Vollen. Mitreissende Rocksongs voll in die Fresse, wenn ich das mal so salopp ausdrücken darf.

Und trotz der Schüppe Retro, ähnlich wie bei der aktuellen Veröffentlichung von Chez Kane, wirkt nichts angestaubt, sondern absolut auf der Höhe der Zeit. Die Welt braucht einfach mehr Musik in diesem Stil und dann stehe ich plötzlich vor den Boxen, recke die Faust in den Himmel, naja mehr Richtung Zimmerdecke, und singe lauthals „Remedy“ mit. Dafür lässt Seraina mich bei „Soldier Of Fortune“ etwas verschnaufen, um dann mit „G.E.B.“ wieder Gas zu geben. Und wenn dann „Medusa“ dich fulminant zum Ende der Langrille bringt, weiß man es ist alles gut. Du hast mal wieder alles richtig gemacht Miss Telli und mich in deinen Bann gezogen – Chapeau!

Note: 10 von 10 Punkten
Autor: Pistol Schmidt


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