STAGE BOTTLES - WE NEED EACH OTHER


Label:FETTFLECK
Jahr:2023
Running Time:41:07
Kategorie: Neuerscheinung
 

Nach zehn Jahren endlich ein neues Album von den Freunden aus Frankfurt am Main und das pünktlich zum dreißigjährigen Bandjubiläum. Kommt auf dem neugegründeten Label Fettfleck Records von Loikaemie, nachdem die beiden befreundeten Acts die Schnauze von den, nennen wir es mal Missstände, mit den vorherigen Labels Knock-Out Records und Mad Butcher Records voll hatten, mehr dazu hier nicht, fragt die Jungs einfach selber. Tja, mit den Frankfurtern verbindet mich eine ebenso lange Freundschaft. Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass die beiden Gründungsmitglieder Eric & Alex, mit denen ich damals schon befreundet war, bei einem Konzert und Ska-Nighter 1993 in Frankfurt mal so nebenbei mitteilten, dass sie nun eine Truppe am Start haben. Der Rest ist Geschichte.

Und Geschichten gibt es eine ganze Menge. Bekanntlich stehen die Stage Bottles ganz klar für antifaschistischen Streetpunk / Oi! mit Hand und Fuß. Mann: Was ist in den dreißig Jahren alles passiert, da könnte ich Bücher darüber schreiben. Völligst verrückte Konzerte, Partys, handfeste Auseinandersetzungen mit Nazis und anderem Grobzeug. Spaß, Unfug und jede Menge Action quer durch ganz Europa. Cock Sparrer 1994 in Gladbach und Stuttgart, mit Angelic Upstarts in Belgien, mit The Oppressed in Berlin, Punk & Oi! Festivals in Genf, Tschechien, Frankreich, Italien, Polen. AFA-Festival in Brighton (Stichwort Banned from the Pubs, einige werden sich lachend erinnern). Und und und. Zusammen lachen, feiern, kämpfen, trauern, weinen.

Trotz allen Besetzungswechseln sind hier echte Freundschaften entstanden, die noch immer andauern. La Familia eben. Wie kaum eine andere Formation haben die Stage Bottles mit zur Etablierung von SHARP und antifaschistischen Denken in Europas Subkulturen beigetragen und waren und sind eine Speerspitze von geiler Musik mit klarer Kante und Intelligenten Texten. Immer ist die Mannschaft aber auch etwas unter dem ganz großen Radar geflogen, bedenkt man welchen Bekanntheitsgrad frühere Vorbands der Frankfurter wie Broilers oder Feine Sahne Fischfilet mittlerweile erlangt haben. Macht aber nichts, die Hitdichte ist trotzdem reißig. Um nur ein paar der großen Songs zu nennen,“Sometimes Anti-Social, But Always Anti-Fascist" und "Dead But Not Forgiven" sowie “Russia", "All You Need Is Hate", "Too Young To Die", "Come Together“, „One World One Crew" und der Angelic Upstarts Song "Solidarity” in der Stage Bottles Version dürften die meisten kennen und abfeiern.

Zudem haben die Stage Bottles es immer wieder geschafft, ganz unterschiedliche Kreise zu erreichen. Punks, Skins, Hooligans und Ultras, Psychobilly´s, Metalheads, Hardcore Leute oder einfach linke Menschen. Bei Konzerten der Stage Bottles sind alle zu finden. Dabei habe sich die Band kontinuierlich weiterentwickelt, so dürfte das neue Album das wohl reifste Werk sein. Musikalisch nach wie vor klasse, bleibt "We Need Each Other" ein typischer Stage Bottles Release mit unverwechselbarem Sound. Die Produktion hat, ebenso wie der Sound der aktuellen Besetzung, mal so richtig Druck. Und textlich gibt es neben gewohnt guten Ausrufezeichen auch wieder Songs, die zum Nachdenken anregen. Zum Beispiel „She Hates The City“. Bei „A Clockwork-Arsehole“ räumt man mit der Glorifizierung der Vergewaltiger und Mörderbande von Alex und seinen Droogs auf, für alle, die das Buch nicht verstanden haben.

Der Titeltrack „We Need Each Other“ spricht für sich in Zeiten von nachrückenden Kriegen und dem weltweiten erstarken von rechtsradikalen, nationalistischen und religiöser Vollspacken, und „Useless Idiots“ rechnet mit eben diesen ab. „Chat Group“ kritisiert zurecht den unaufgearbeiteten Skandal Rechter Chats innerhalb der Deutschen Polizei, „Let The Anti-Fascist Ball Rock ´N´ Roll On At The Gound“ dreht sich darum sich gegen die Vereinnahmung von Fußball durch Nazis aktiv entgegenzustehen, egal ob bei den Hool-Firms, den Ultras oder sonst wo in den Stadien. Bei „You´ll Never Stop Us“ geht es um Internationale Kooperation innerhalb der Subkultur, aber eigentlich feiern sich hier die befreundeten Bands Moscow Death Brigade und Stage Bottles hier selbst. Bei „Dangerous World“ handelt es sich um die Zukunftsängste der jungen Generation, die man ernst nehmen sollte.

„Power Psycho“ prangert die ganzen Scheiß Führer und Diktatoren, Despoten und andere Arschlöcher in den Machtpositionen unserer Welt an, und „The People Who Don´t Care“ geht an alle kleinen und großen Ignoranten unserer Gesellschaft. Beim Track „One Man´s Terrorist Is Another Man´s Freedom-Fighter” geht es um Meinungsmache und verschiedene Blickwinkel. Komplexes Thema, was sicher für viele Diskussionen sorgen dürfte. „Open The Door“ appelliert an die Skinhead- und andere Subkulturen offen zu sein und sich weiterzuentwickeln. Das Album ist einfach super geworden. Auf die nächsten dreißig Jahre Bandgeschichte und Freundschaft. Ich freue mich schon wie Bolle auf die anstehende Jubelfeier im Frankfurter Excess am 16.12.23 mit Unterstützung von Pillhuhn Polka, Red London und den Pestpocken. Das wird ein ganz großes Klassentreffen.

Note: 9.5 von 10 Punkten
Autor: Frank Billek


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