NEOPERA - DESTINED WAYS


Label:EAR
Jahr:2014
Running Time:53:28
Kategorie: Neuerscheinung
 

Ich durfte Neopera bereits bei ihrem Liveauftritt am 1. August 2014 auf dem silbernen Wackenfestival erleben und was soll ich sagen - seitdem lassen Sie mich nicht mehr los. Bereits Mitte Juni 2011 wurden die ersten Demos zu "Destined Ways" aufgenommen, aber die Veröffentlichung diesen Werkes erfolgte erst kurz vor dem besagten Festival. Aber der Reihe nach. Zu Mastermind Jörn Schubert, seines Zeichens Gitarrist der Melodic-Death- / Dark-Metal-Band Dark Age, der das Album komponiert hat und auch für nahezu alle Lyrics verantwortlich ist, gesellte sich zunächst einmal kein Geringerer als Bassist Dirk Schlächter von Gamma Ray und dazu die bezaubernde, klassisch ausgebildete Sopranistin Nina Jiers sowie Mirko Gluschke für die Shouts und Growls. "Gibt es doch schon" werden einige sagen, wenn man da mal an entsprechend orchestrale Kompositionen von Nightwish, Epica oder auch After Forever denkt. Stimmt. Zum Quintett gehört jedoch ein bislang völlig Unbekannter, namens Thorsten Schuck, seines Zeichens ein Bariton und damit schaffen Neopera im Metal etwas einmaliges, was es bislang mit Einschränkungen so nur im Pop gegeben hat. Ich erinnere hier an Kompositionen mit Sarah Brightman, Andrea Bocelli oder auch den göttlichen Freddy Mercury mit Montserrat Cabballe in den 90ern.

Im Interview beschreibt Jörn den Stil als eine Verbindung aus Elementen der klassischen Musik, nennt hier Beethoven und Mendelsohn Bartholdy, gepaart mit dominierenden Gitarren, Shouts, treibenden Rhythmen und führt Malmsteen und Nevermore als weitere Einflüsse auf. Dem ist zunächst einmal nichts hinzuzufügen. Jedoch stellt diese stilistische Beschreibung eine Untertreibung sondergleichen dar, so Neopera auf genialste Weise orchestrale Arrangements mit Elementen melodischsten Power Metals, dunkelsten Riffs des Black- , Death- und Thrash-Metal kombinieren und dabei die drei Stimmen höchst different, mal solistisch, mal im Duett, mal zusammen im Chor oder und mal hintereinander weg in die einzelnen Werke einbauen, dass dabei zwölf musikalische Perlen entstehen, denen einzig ihre Genialität gemein ist, aber partiell durchaus von unterschiedlichsten Bands entstammen könnten. Alle Songs nehmen den Hörer dabei sofort mit, wirken anfangs eingängig, logisch. Doch sobald man meint, jetzt kommt das Riff, diese Vocals, der Chor - Nein - Neopera produzieren nichts von der Stange, nichts Gewöhnliches, nichts Alltägliches sondern komplexes, meisterhaftes im Stil der alten Meister namens Ludwig van Beethoven, Felix Mendelssohn Bartholdy, Georg Friedrich Händel, et cetera.

Eine Beschreibung jedes einzelnen Songs würde hier zu weit führen. Ich bin auch bei weitem nicht in der Lage oder befähigt, diese Genialität in Worte zu fassen, wenn sowas überhaupt möglich ist. Stellvertretend möchte ich daher nur auf vier Stücke des ein Dutzend umfassenden Silberlings eingehen.

Der knapp vierminütige Opener "Marvel Of Chimera", bildlich in der Liveversion festgehalten auf der aktuellen DVD zum fünfundzwanzigjährigen Wackenjubiläum, könnte für die typischsten, logischsten Tracks auf "Destined Ways" herhalten, so hier alle Gesangsakteure zu ihrer Entfaltung kommen. Das "Wunder von Chimera" setzt mit eingängigsten, wabbernden Keyboardklängen ein, dann fette Riffs, dann Bariton, urtümliche Growls und dann Nina und Thorsten zusammen. Klassisch, powervoll, hymnisch, dann wieder die faszinierenden Tastenklänge und nun setzt Nina mit höchstem Sopran ein, im Mittelteil ein melodisches Gitarrensolo vom Feinsten.

Der fünfte Song "Falling Water" ist eine Ballade und ganz auf die Stimme der rothaarigen, sympathischen Ukrainierin abgestimmt. Sharon del Adel, Liv Kristine, Simone Simons, etc. verbeugt Euch, hier stellt sich nur eine Frage. Kommt Nina an die Künste, ihres Vorbildes, der Wishmasterin herself heran? Ich vermag es nicht zu beurteilen. Egal, einfach klasse.

Track Acht "Last Pantomime" gehört ganz Thorsten, dem Bariton. Nicht nur wegen des klassisch intonierten und vollster Inbrunst gegebenen "...The Show Must Go On..." kommt hier unweigerlich der Gedanke an den göttlichen Freddie Mercury. Ich erinnere hier an "Barcelona", einen erstmaligen, als höchst gelungenen zu bezeichnenden Versuch, eine rockige Stimme in ein klassisches Gewand zu packen. Der spanischen Opernsängerin Montserrat Caballe wurde gar ein mehr als freundschaftliches Verhältnis zu dem damals auf Solopfaden befindlichen Queensängers nachgesagt.

Mit Doublebass und fettestem Thrash-Riffs setzt das dreiminütige "Song Of Revenge" ein. Mirko Gluschke grölt in das Mikro, was das Zeug hält, wobei "...Burn, Burn, Burn for what you did to us!..." so gar nicht in das klassische Arrangement passt. Doch Neopera wären nicht Neopera, wenn nicht auch hier bereits nach 20 Sekunden das Break käme. Der Rest ist Power, Brutalität und sich ins Exitus hoch schraubende, speedigste Gitarren und Bangen was das Zeug hält, wenn man denn noch mitkommt.

Fazit: Ein unglaubliches, geniales Debüt ohne Ausfälle oder Schwächen. Jeder Song, Entschuldigung jede Minute dieser Opera, fett, gewaltig und an Ideenreichtum nicht zu überbieten. Volle Punkte und eine Dankeschön an Jörn und Dirk für den Mut, solch ein Experiment mit der jungen, allerdings genialen Nina Jiers zu wagen und meine Verbeugung für das bahnbrechende und künftig genreprägende Engagement des Bariton Thorsten Schuck - perfekt. Einziger Kritikpunkt: Warum nur zwölf Songs ? - Sorry. Selbstredend für mich das Album des Jahres mit übervoller Punktzahl, leider sind nur zehn möglich. Für Fans von Nightwish, Within Temptation, Epica und insbesondere After Forever ein Pflichtkauf. Aber damit nicht genug. Auch Fans von Malmsteen, Rhapsody, Nevermore, Therion und Freunde des klassischen Power- und Melodic-Dark-Metal werden ihre hellste Freude haben.

Note: 10 von 10 Punkten
Autor: Andreas Gey


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