Daniel: Hallo Brian! Erzähl uns doch zunächst, wie es damals zu der Gründung von Heretic kam, wie es mit der Band weiterging!
Brian: Heretic wurden Mitte der Achtziger gegründet, als ich gerade die High School verlassen hatte. Wir waren alles Kids aus der Nachbarschaft. Glücklicherweise fing eine neue Musikszene sich an zu formen. Und wir legten uns ins Zeug, möglichst früh ein Teil davon zu sein. 1985 bekamen wir die Erlaubnis, den Song “Impulse” für den Sampler “Metal Massacre VIII“ aufzunehmen, der bei Metal Blade Records erschien. Wir hatten einen guten Ruf als Liveband und von da an ging es richtig los.
Daniel: Welche Bands haben Euch hauptsächlich beeinflusst? Und haben sich diese Einflüsse in all den Jahren geändert
Brian: Bands, die mich beim Schreiben von Songs beeinflusst haben, sind UFO, Accept, Black Sabbath, Motörhead und Metallica. Ich habe immer schon alle möglichen Musikstile gehört. Ich bin immer offen für alles. Ich glaube aber nicht, dass sich meine Einflüsse seitdem großartig geändert haben. Klassiker bleiben halt Klassiker.
Daniel: Wovon handeln Eure Texte so? Gilt es alle möglichen Metal-Klischees zu erfüllen oder gibt es eine bestimmte Botschaft, die Ihr Euren Hörern vermitteln wollt?
Brian: Ich versuche immer, über Dinge zu schreiben, von denen ich umgeben bin: Das sind hauptsächlich Themen wie Krieg, Religion, Terror, Politik und das wahre Leben. Ich setze mich dann sehr intensiv mit diesen Themen auseinander. Deshalb hoffe ich auch, dass niemand meine Texte nur als Lückenfüller ansieht, haha! Als ich jung war, liebte ich es, das Textblatt beim Hören einer Platte mitzulesen. Ich möchte, dass unsere Fans so viel wie möglich aus unserer Musik mitnehmen. So kann ich ihnen gute Inhalte vermitteln und Geschichten zum Lesen geben, während sie unsere Musik hören.
Daniel: Wart Ihr Euch eigentlich damals bewusst, dass Ihr einen derartigen Klassiker aufnehmen würdet, als Ihr für “Breaking Point” im Studio wart?
Brian: Nein. Wir sind zwar eine Band mit viel Selbstvertrauen, aber es ist echt schön zu hören, dass man dieses Album als Klassiker bezeichnet. Heretic waren gerade auf dem Weg nach ganz oben, als Mike Howe plötzlich die Band verließ, um bei Metal Church einzusteigen. Das hat uns das Genick gebrochen. Ich war stolz auf alles, was die Band aufgenommen hatte, und ich denke, dass die Musik nach all den Jahren immer noch gut mithalten kann. Vor allem die Texte sind heute immer noch aktuell, wenn man sich mal anschaut, was heute so in der Welt passiert.
Daniel: Wart Ihr damals auch in Kontakt mit anderen US Metal-Bands? Und gab es überhaut eine richtige US Metal-Szene, wo sich Bands gegenseitig ausgetauscht und unterstützt haben?
Brian: Ja, Heretic waren sehr gut mit Armored Saint und Eden befreundet. Die Szene hatte einen guten Zusammenhalt und alle unterstützten sich gegenseitig. Wenn Du in einer Band gespielt hast, bist Du auch rausgegangen, um Dir andere Bands anzusehen. Nur so konnte man auf Dich zukommen und mit Deiner Band in Kontakt treten.
Daniel: Warum haben sich Heretic den überhaupt 1988 aufgelöst? Und wie kam es dazu, dass Ihr es 2011 dann doch wieder versuchen wolltet?
Brian: Wie bereits erwähnt, hat Mike Howes Abgang das Ende der Band damals besiegelt. Wir haben noch ein paar Sänger angetestet, um „Howie“ zu ersetzen, aber die anderen Mitglieder entschlossen sich dann lieber stattdessen, bei Reverend mit David Wayne einzusteigen. Jahre später habe ich dann meine alten Freunde Glenn Rogers (Hirax) und Angelo Espino (Reverend und Hirax) in Europa vor Tausenden von Leuten spielen sehen. Das war eine große Motivation für mich. Glenn sagte mir schon vor Jahren, dass er gerne Heretic mit mir reformieren würde. Als Sänger Julian Mendez mir dann sagte, dass er die Band zusammen bekommen würde, um ein paar Konzerte zu spielen, war ich begeistert und wollte dafür auch alles geben.
Daniel: War für Dich denn von Anfang an klar, dass Ihr auch eines Tage sein neues Album aufnehmen würdet, anstatt nur ein paar Retroshows zu spielen
Brian: Ja, absolut! Die Songideen strömten dann nur so aus uns heraus. Ich wusste von Anfang an, dass ich das Erbe der Band weitertragen wollte. Es ist noch vieles unvollendet, was Heretic mal begonnen haben, also wollen wir auch, dass sowohl die alten als auch die neuen Fans stolz auf unsere Arbeit sind. Die Stimmung der Musiker in der Band, die alle auch privat miteinander befreundet sind, könnte nicht besser sein. Wir schreiben Songs als Einheit. Ich bringe Texte und Refrains ein und dann vollenden wir den Song als Band gemeinsam.
Daniel: Euer alter Sänger Mike Towers (1985-´88) war zunächst auch an der Reunion beteiligt. Warum hat der die Band denn so früh wieder verlassen?
Brian: Nein, Mike war nie an der Reunion beteiligt. Ich habe mit Mike seit 25 Jahren nicht mehr geredet. Ich weiß auch ehrlich gesagt gar nicht, ob er überhaupt noch singt. Der Original Bassist war zunächst eingeplant, aber er musste aus persönlichen Gründen die Band wieder verlassen. Er wurde dann durch meinen langjährigen, guten Freund Angelo Espino ersetzt.
Daniel: Eines ist erstaunlich: Du hast mit den ersten beiden Metal Church-Sängern zusammen Musik gemacht! Zuerst hat Mike Howe auf Eurem legendären Debüt “Breaking Point” gesungen und später hast Du dann Gitarre bei Reverend gespielt, der Soloband des ersten Metal-Church-Sängers. Warst Du immer schon ein großer Metal Church-Fan? Oder war das alles nur Zufall?
Brian: Das war wirklich Zufall! David schien der logischste und beste Schritt in unserer Karriere gewesen zu sein. Heretic haben ein paar mal für Metal Church im Vorprogramm gespielt. So haben wir Dave kennengelernt. Und als er nach L.A. kam, haben wir mal ein bisschen gejammt. Ich hatte eine tolle Zeit bei Reverend. Ich bin viel mit ihnen durch die USA getourt und habe vier CDs mit ihnen aufgenommen.
Daniel: Hast Du eigentlich noch Kontakt zu Mike Howe? Ws treibt er heute so? Und hast Du ihn nie gefragt, ob er nicht bei der Reunion von Heretic dabei sein wollte?
Brian: Soweit ich weiß, hat sich Mike Howe komplett aus der Musikszene zurückgezogen. Ich habe ihn seit seinem Einstieg bei Metal Church nie wieder gesehen. Aber ich glaube auch, dass er eher bei Kurdt Vanderhoof als bei uns anfragen würde, wenn er denn ein Comeback plante.
Daniel: Wie bist Du denn mit den neuen Mitmusikern in Kontakt gekommen? Und kannten sie Heretic vorher schon?
Brian: Außer Schlagzeuger Ignazio kenne ich alle Mitmusiker schon, seit ich ein Teenager war. Julian kam auf mich zu. Glenn verließ Hirax und war der Einzige, den ich für den Posten des Gitarristen fragte. Angelo spielte bei Bitch, als wir mit Heretic 2011 für sie eröffneten. Wir sagten ihm, dass wir gerne mal mit ihm jammen würden, und er sagte zu. Und diese Besetzung funktioniert hervorragend!
Daniel: Haben eigentlich alle Heretic-Mitglieder das alte Zeug auch in ihrer privaten Vinylsammlung?
Brian: Ich habe alles von Heretic und die ersten beiden Reverend-Alben auf Vinyl. Ich weiß, dass auch Glenn ein Vinylsammler ist. Im Moment verhandeln wir gerade über eine Vinylveröffentlichung unserer aktuellen CD “A Time Of Crisis”.
Daniel: Wie seid Ihr mit Metal On Metal Records in Kontakt gekommen? Und seid Ihr mit ihrer Arbeit zufrieden?
Brian: Glenn Rogers traf Jowita und Simone von Metal On Metal Records, als er mit Hirax auf dem Headbangers Open Air gespielt hat. Er schrieb ihnen einfach eine Mail, in der er schrieb, dass Heretic ein Label für eine neue CD suchen und sie sagten sofort zu! Das Label ist toll. Beide sind leidenschaftliche Metalfans mit Herzblut! Ich könnte mit dem Artwork des Albums und dem Booklet nicht zufriedener sein! Ich kann sie nur jeder Metalband wärmstens empfehlen, die gerade ein Label sucht.
Daniel: Ich fand Euren Gig auf dem Headbangers Open Air richtig geil! Erzähl mal, wie Eure Eindrücke von diesem Festival waren!
Brian: Wir haben ein Jahr darauf gewartet, auf dem Headbangers Open Air zu spielen, und ich hatte noch nie in meinem Leben so viel Spaß auf der Bühne gehabt! Alles an diesem Festival ist einzigartig: der Veranstalter, das Personal, die Crew für die Bühne und natürlich die Fans! Ich fand es toll, dass es eine so große Metal-Gemeinde gibt, die alle aus demselben Grund da waren: nämlich um eine Menge Spaß zu haben und großartigen Metal zu hören. Ich kann das Headbangers Open Air nur in den höchsten Tönen loben!
Daniel: Zwischen “Breaking Point” und “A Time Of Crisis” lagen ganze vierundzwanzig Jahre! Ist Heretic Deiner Meinung nach immer noch dieselbe Band wie damals? Ich meine, die Pause war echt lang und Du hast heute drei neue Leute mit an Bord…
Brian: Absolut! Ich war, bin und werde auch immer der Hauptsongwriter der Band sein. Ich mache nur genau da weiter, wo ich damals aufgehört habe. Ich finde, dass auch die neuen Songs im alten Stil gehalten sind, wenn auch stellenweise vielleicht etwas zeitgemäßer und thrashiger. Meins und unser Anliegen ist es, so nah wie möglich am Original zu sein, und uns nicht zu verfremden, wie eine komplett andere Band zu klingen und die Fans damit vor den Kopf zu stoßen!
Daniel: Gut, kommen wir mal langsam zum Ende: Welche sind Deine fünf absoluten Lieblingsalben?
Brian: Ich liste mal mehr als fünf auf, wenn das in Ordnung ist, OK? UFO – “Obsession” & “Lights Out”, Black Sabbath – “Masters Of Reality”, “Paranoid” & “Heaven And Hell”, Led Zeppelin – “III” & “IV”, The Beatles – “Red & Blue Greatest Hits”, Accept – „Restless And Wild” & “Breaker”. Auch ein sehr großer Einfluss für mich: Metallica – „Master Of Puppets“ & „Ride The Lightning“.
Daniel: Wie sehen Eure Zukunftspläne mit Heretic aus?
Brian: Eine neue CD 2014 über Metal On Metal Records! Wir werden noch, so gut es geht, in den USA touren, soweit unsere Jobs das zulassen. Und wir werden definitiv 2014 wieder nach Europa kommen!
Daniel: OK, Brian! Die letzten Worte gehören Dir!
Brian: Danke für das Interview!
http://www.crossfire-metal.de/4909-0-HERETIC-FROM-THE-VAULT---TORTURED-AND-BROKEN.html
