ENCHANT - Vom wahren Leben


Enchant lassen sich mittlerweile richtig Zeit. Die Fans mussten zehn Jahre lang auf ihr neues Meisterwerk „The Great Divide“ warten. Und ich habe dieses Interview erst nach knapp einem Jahr zurückbekommen. Gut Ding will Weile haben... Dafür sind die Songs ewig lang. Und dieses Interview ist es zum Glück auch geworden! Als langjähriger Fan der Band kann ich nur sagen, dass ich stolz darauf bin, dass endlich alles geklappt hat! Warum alles immer so lange dauert, erfahrt ihr hier:

logoDaniel: Hi Ted! Na, wie schaut´s? Lass uns doch bitte mal ganz von vorne anfangen, okay? Wie begann alles mit Enchant 1989? Und hattet Ihr vorher auch schon in anderen Bands gespielt?

Ted: Ich fing bereits mit 16 an, in Bands zu singen. Meine erste Band hieß Revelation und klang wie Iron Maiden, als wenn Bruce seine Eier verloren hätte. Meine zweite Band hieß Spoons und war eine Art Funk Rockband mit psychedelischen Einflüssen.

Daniel: Welche Bands haben Euch hauptsächlich beeinflusst? Und haben sich diese Einflüsse im Laufe der Jahre stark verändert?

Ted: Für die Band waren das vor allem Rush, Marillion, Kansas und Queensryche. Ich glaube nicht, dass sich diese Einflüsse für die Original-Mitglieder großartig verändert haben. Nur Bill bringt noch zusätzliche Fusion Einflüsse mit rein.

Daniel: Wovon handeln Eure Texte? Gibt es eine bestimmte Botschaft?

Ted: Unsere Texte handelten immer schon vom wahren Leben. Normalerweise schreibe ich persönliche Erfahrungen nieder und deute in den Texten nur gewisse Dinge an, anstatt mich klar auszudrücken.

Daniel: Ich finde Eure Cover toll, die für mich typische Prog-Cover sind. Wer hat sie gemalt und wie seid Ihr mit dem Künstler oder den Künstlern in Kontakt gekommen?

Ted: Thomas Ewerhard hat alle unsere Cover gemalt. Ich glaube, zumindest seit „Break“. Unser Label hatte ihn damals ins Spiel gebracht. Er gestaltet auch Cover für Spock´s Beard und andere Bands des Labels.

Daniel: Wie seid Ihr denn damals an Inside Out Music geraten? Heute ist es ja schon etwas Besonderes, wenn alle Alben einer Band über viele Jahre hinweg bei nur einem Label erscheinen!

Ted: Wir hatten zunächst sogar ein anderes Label. Der Gründer von Inside Out, Thomas Waber, war der Tour-Manager für Jadis, mit denen wir unterwegs waren. Wir sind dann aber von der Tour abgesprungen. Dadurch rettete Thomas uns vor einem schlechten Deal voller Nachteile.

Daniel: Euer Debüt „A Blueprint Of The World“ wurde von Marillion-Gitarrist Steve Rothery produziert. Wie konntet Ihr Euer Idol für dieses Album gewinnen?

Ted: Wir waren mit ihm in Kontakt, seit wir ihm ein Demotape geschickt hatten. Wir hatten das Album schon komplett aufgenommen und abgemischt, waren aber mit dem Sound noch nicht wirklich zufrieden. Wir fragten ihn, ob er uns helfen könnte und er sagte zu. Da konnten wir natürlich nicht nein sagen!

Daniel: Zwischen der Bandgründung 1989 und dem Debüt im Jahr 1993 gab es meines Wissens keine Demos von Euch. War das von Anfang an so geplant, direkt mit einem Album durchzustarten? Habt Ihr wirklich so lange gebraucht, um alle Songs dafür zu schreiben? Oder was hattet Ihr in der Zwischenzeit getrieben?

Ted: Tatsächlich gab es sogar einige Demos. Ich war jedoch nur auf dem letzten Drei-Track-Demo zu hören, auf dem „The Thirst“, „Acquaintance“ und „Nighttime Sky“ drauf waren. Es gab auch ein paar Songs, die es nicht aufs Debüt geschafft hatten. Es war also nicht so, dass wir so lange brauchten, um endlich genug geeignetes Material zusammen zu haben... Wir hatten einfach nur noch keinen Plattenvertrag und damals war es noch sehr teuer, ein Album ohne Label im Rücken in Eigenregie aufzunehmen.

Daniel: Ihr habt vom Debüt an sieben Alben in acht Jahren veröffentlicht! Wie lange dauert denn das Songwriting bei Euch generell so?

Ted: Manchmal geht es schnell, manchmal aber auch nicht. Meistens kommt es darauf an, wie viel Freizeit wir haben, um uns mit Musik zu beschäftigen. Und es scheint so, dass es je älter man wird, auch immer weniger Freizeit gibt...

Daniel: Wie wichtig ist es denn für Euch, auch live zu spielen und nicht bloß im Studio neue Alben aufzunehmen?

Ted: Sehr wichtig! Der Aufnahmeprozess ist die Arbeit und die Live-Performance der Lohn.

Daniel: OK, dann lass uns mal zu Eurem aktuellen Album „The Great Divide“ kommen! Warum zur Hölle sind dieses Mal zehn Jahre Pause ins Land gestrichen, bis die Platte endlich fertig war? Was war los bei Euch? So trödelig kennt man Euch gar nicht...

Ted: Wir alle hatten zu viele andere Dinge um die Ohren. Wir haben alle Hände voll zu tun, unser Leben auf die Reihe zu bekommen. Wir haben mit Enchant nie wirklich viel Geld verdient und mussten einfach mal einen Gang zurück schalten.

enchantDaniel: Die Erstauflage von „The Great Divide“ enthält auch eine Bonus-CD mit Songs aller bisherigen Alben. Warum? Hattet Ihr Angst, dass die Leute Euch vergessen hätten? Oder wolltet Ihr jungen, neuen Fans, die Euch vor zehn Jahren noch nicht kannten, die Möglichkeit geben, sie mit Eurem alten Material etwas vertraut zu machen?

Ted: Letzteres.

Daniel: Wer war denn für die Songauswahl verantwortlich, Ihr, das Label oder die Fans? Ich persönlich hätte wohl „Blind-Sided“ und „Under The Sun“ mit drauf gepackt... Auf der anderen Seite ist es aber natürlich auch schwierig, eine Prog Compilation auf eine CD zu quetschen, weil die Songs oft Überlänge haben... Eure Songs dauern ja alle praktisch zwischen fünf und neun Minuten...

Ted: Ich denke, dass Thomas Waber, der Chef von Inside Out, dafür verantwortlich war. Wir vertrauen ihm da blind.

Daniel: Es hat den Anschein, dass Dich die lange Pause von Enchant auch gestört hat. Du hast Dir in der Zwischenzeit ja doch einige Beschäftigungen gesucht: In der Enchant-losen Zeit hast Du zwei Alben mit Thought Chamber gemacht („Angular Perceptions“, 2007 und „Psykerion“, 2013), ein Album mit Affector („Harmagedon“, 2012), hast 2011 auf der Tour von Transatlantic mitgesungen und bist 2011 noch bei Spock´s Beard eingestiegen, bei denen Du 2013 das Album „Brief Nocturnes And Dreamless Sleep“ eingesungen hast. Wie kam es denn zu Thought Chamber? Und warum lagen zwischen beiden Alben ganze sechs Jahre?

Ted: Thought Chamber war nur ein Nebenprojekt für alle Beteiligten. Ich habe einfach auf eine inserierte Anzeige geantwortet, als ich gerade musikalisch nicht aktiv war. Es ist eigentlich Michael Harris’ Band. Die lange Zeitspanne zwischen beiden Alben war wahrscheinlich derselbe Grund wie bei Enchant. Wir verdienen kein Geld damit und müssen auch mal andere Prioritäten setzen.

Daniel: Wie bist Du denn mit Daniel Fries aus Deutschland in Kontakt gekommen, mit dem Du das Affector-Album gemacht hast? Und wird es von dieser Band noch ein weiteres Album mit Dir am Gesang geben? Weißt Du schon was?

Ted: Er hat mich ganz einfach per E-Mail angeschrieben und mir ein paar Demos geschickt. Solche Angebote bekomme ich ab und zu mal. Normalerweise lehne ich sie aber aus Zeitmangel ab. Aber die Liste der beteiligten Musiker hatte mich schon beeindruckt. Also hörte ich mal rein und sagte schließlich zu. Ich weiß, dass er bereits an einem zweiten Album arbeitet. Im Moment habe ich zu viel zu tun, um mich darum zu kümmern. Aber bis er fertig ist, wird ja noch einige Zeit ins Land ziehen. Wir werden sehen...

Daniel: Ich habe Enchant bisher nur einmal live gesehen: 1998 im Vorprogramm von Spock´s Beard in der Zeche Bochum. Bist Du seitdem mit ihnen in Kontakt geblieben? Oder wie kam es dazu, dass Du 2011 dort eingestiegen bist?

Ted: Wir sind schon zweimal mit ihnen auf Tour gewesen. Und ich wohne mittlerweile in einem Ort ganz in der Nähe von Spock´s Beard-Bassist Dave Meros. Ich hatte eine Coverband gegründet und ihn gefragt, ob er mitmachen würde. Er sagte zu. Ich denke, dass er mich schon so oft singen gehört hatte, dass ich von Anfang an einer seiner Topkandidaten war, als sie einen neuen Sänger suchten. Ich kam also durch diese Coverband zu diesem Posten.

Daniel: Ist Enchant denn auch nach zehn Jahren Pause immer noch eine richtige Band für Dich oder nur noch ein Nebenprojekt für zwischendurch?

Ted: Wir wollen wieder richtig durchstarten. Wir planen eine Tour an der Ostküste. Wir wollen aber auch wieder nach Europa kommen. Auf dem Prog Power Festival spielen wir auch. Es gibt auch wieder neue Songideen, die wir bald zusammentragen wollen.

Daniel: Ihr habt in all den Jahren nur zwei Leute ausgetauscht. Ist es wichtig für Dich, dass Enchant aus guten, langjährigen Freunden besteht und nicht nur eine Art „Job“ ist?

Ted: Ja, mir ist das sehr wichtig, weil wir überhaupt kein Geld mit unserer Musik verdienen und dennoch Spaß daran haben wollen!

Daniel: Wie sieht das denn mit Deinen anderen Bands aus? Sind Thought Chamber, Affector und Spock´s Beard auch richtige Bands für Dich oder nur Nebenprojekte in Deiner Enchant-losen Zeit? ;-)

Ted: Spock’s Beard sind definitiv nicht nur ein Nebenprojekt für mich! Wir haben gerade ein neues Album abgemischt und die Veröffentlichung für Juli 2015 angesetzt. Enchant machen genau da weiter, wo wir damals aufgehört hatten. Thought Chamber haben sich mehr oder weniger aufgelöst, obwohl das eigentlich nicht so geplant war...

Daniel: Kannst Du denn von Deiner Musik leben? Es hat fast den Anschein, weil Du ja irgendwie ständig beschäftigt bist...

Ted: Nicht mal ansatzweise... Kalifornien ist viel zu teuer. Ich habe auch noch zwei richtige Jobs...

Daniel: Wenn man sich Deine musikalischen Aktivitäten so anschaut, dann fällt auf, dass Du nur im Prog Rock- und Metal-Bereich unterwegs bist. Warum? Weil Du Dein Talent dort am besten ausleben kannst? Oder gibt es andere Gründe dafür? Welche anderen Musikstile magst Du denn noch so?

Ted: Ich höre eigentlich alles. Ich habe noch ein Soloprojekt, das mehr im Melodic Rock angesiedelt ist und kaum etwas mit Prog zu tun hat. Prog scheint die einzige Musikrichtung zu sein, die Leute wie uns, mit über vierzig, noch zufrieden stellt, haha!

Daniel: Welche Progbands kannst Du uns denn noch empfehlen; egal ob alt oder neu?

Ted: Vor allem Haken, Beardfish und Big Big Train.

enchantDaniel: Wie sehen Eure Zukunftspläne mit Enchant aus? Werden wir endlich wieder regelmäßig neue Alben von Euch erwarten können?

Ted: Das ist der Plan!

Daniel: Werdet Ihr dieses Jahr touren und endlich auch wieder nach Deutschland kommen? Ist da schon etwas geplant?

Ted: Ja. Wie gesagt, nach dem Prog Power Festival werden wir eine kleine Tour planen, die uns auch nach Deutschland führen soll.

Daniel: Könntest Du Dir vorstellen, auch mit zwei Bands gleichzeitig auf Tour zu gehen, zum Beispiel mit Enchant und Spock´s Beard (wie 1998)?

Ted: Wir haben da schon einmal drüber geredet, aber ich glaube, dass das keine so gute Idee ist. Ich denke, dass mindestens eine Band darunter leiden wird.

Daniel: OK, Ted! Du bist nun endlich erlöst, haha! Die letzten Worte gehören Dir!

Ted: Danke für das Interview! Und tut mir leid, dass Du so lange auf meine Antworten warten musstest! Ich habe es, ehrlich gesagt, einfach vergessen... Halt die Ohren steif!

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Autor: Daniel Müller