STEVE ROTHERY - THE GHOSTS OF PRIPYAT


Label:INSIDEOUT
Jahr:2014
Running Time:55:23
Kategorie: Neuerscheinung
 

Steven "Steve" Rothery, geboren 1959 in Brampton, ist einzig verbliebenes Gründungsmitglied der Neo-Prog-Band Marillion und durch seine verzerrte und mit viel Sustain angereicherte Stratocaster verantwortlich für deren typischen Sound. Nun zeigt uns Steve auf seinem allerersten Soloalbum all das was wir schon jahrelang von ihm bei Marillion gehört haben, aber auch all das was er kann und vielleicht nicht bei der Band einbringen durfte. Unterstützt wird er dabei von so namhaften Weggefährten wie Steve Hackett, seines Zeichens Gitarrist bei Genesis und dem Tausendsassa Steven Wilson, bekannt durch Porcupine Tree. Während Erstgenanntem ein Gastsolo beim Opener "Morpheus" zugestanden wird, geben sich auf dem langen "The Old Man Of The See" alle drei die Hand. Kurz nach dem Release von Steves' Soloalbum veröffentlichten auch Pink Floyd mit "The Endless River" ihre musikalische Resteverwertung des 1994 erschienenen "Division Bell". Beim Hören der instrumentalen Epen von Rothery wird man unweigerlich auch an den Klang der drei Briten Gilmour, Mason und Wright erinnert, was auch kaum verwunderlich ist, so David Gilmours Gitarrenspiel doch maßgeblich auch den Stil von Steve Rothery geprägt hat. Anders als auf "The Endless River" bietet "The Ghost Of Pripyat" jedoch immer wieder überraschende Momente und so recht abwechslungsreiche, wenn auch durchweg sehr ruhig beginnende Instrumentals. "Morpheus" setzt zunächst sehr unspektaktulär ein. Auch Steve Hackett schafft es hier nicht, den Track über ein Entspannungslied hinausgehen zu lassen. Traumhafte, sehnsuchtsvolle Gitarrensoli, ja, aber irgendwie, einfach zu lahm. Erst ganz am Ende eines dieser Soli zum Niederknien. "Kendris" zeigt eine percussiv-rhythmische Basis und leicht orientalische Elemente. Der Song ist mir aber insgesamt viel zu proggig. Im oben schon erwähnten und epochalen "The Old Man Of the Sea" wird dann gezeigt wie es richtig geht. Auf den Punkt gespielte Gitarren, da mal eine Violine, die an das Paris der 60er Jahre erinnert, ganz gesetzte Momente, dann traumhafte Gitarrensoli und ganz zum Schluss eine Hammondorgel. Aber auch hier erst zum Abschluss des Songs ein entsprechender Spannungsaufbau mit einem fulminanten Finale. Auch das nachfolgende "White Pass" beginnt zunächst ganz ruhig und harmlos mit einer verzerrten Gitarre von Gilmour, ach nee, sorry, natürlich der Stratocaster von Steve Rothery. Sage und schreibe viereinhalb Minuten dauert es dann, bis im letzten Drittel des Songs mal richtig rockige, fetzige Gitarren erklingen. So geil, aber warum denn erst so spät? Im nun schon bekannten Muster schließt das anfangs, ja fast einschläfernd ruhige "Yesterday's End" und danach das ähnlich strukturierte "Summer`s End" an. Und wieder im letzten Drittel, beide Male, nach rund viereinhalb Minuten voll coole Riffs, richtig heavy und fetzig und bei "Summer`s End" gespickt mit einer dramatischen Orgel. Hammer. Der als Rausschmeißer gewählte Titeltrack beginnt mit einer kräftigen Akustikgitarre. Das ruhige Intro verbleibt hier aber insgesamt kürzer als bei den vorangegangen Songs. So folgt bereits nach dem ersten Drittel eine richtig rockige Gitarre und die schon mehrfach gehörte Orgel, die irgendwie an die 70er Rockgrößen erinnert.

Fazit: Steve Rothery ist ein Meister seines Faches und allein von daher gebührt ihm jeder erdenkliche Respekt. Seine Riffs / Gitarrensoli sind von edelster Natur. Gleichsam erscheint "The Ghost Of Pripyat" sehr intim. Irgendwie versucht Steve mit seinem Solowerk aber auch allen seinen Fans gerecht zu werden und geht so wenig Risiko. Selbst nach diesem Output kennt man seine wirkliche Vorlieben nicht. Sind es eher die ruhigen, stillen, sehnsuchtsvollen Elemente oder mehr die riffig-kernigen Rocksongs. Ich weiß es nicht. Ich mag die progressiven Marillion, keine Frage, aber richtig geil fand ich auf diesem Album die finalen, rockigen Abgänge und damit leider nur etwa ein Drittel des Gehörten.

Note: 7.5 von 10 Punkten
Autor: Andreas Gey


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