ASTARTE - Tristessa - mehr als ein Nachruf


Dieses Interview ist mir sehr wichtig, weil ich den ersten Kontakt mit Astarte bereits zu ihrer Demophase Ende der Neunziger hatte, als sie noch Lloth hießen. Mit meiner alten Band Temple Of Tiphareth, die von 1998 bis 2000 aktiv war, hatten wir damals mit einem kleinen Vertrieb Demos getauscht, und ich hatte mich für das Lloth-Demo „Dancing In The Dark Lakes Of Evil“ entschieden, nur weil ich die Beschreibung so geil fand: „The first all-female Black Metal Band ever“! Ich bekam das Demo und schaute ehrfürchtig ins Booklet: Zu sehen waren drei dämonisch geschminkte Mädels im Stil von Darkthrone in ihrer „Under A Funeral Moon“-Ära. Richtig böse! Auch die Musik war voll brutal! Im letzten Jahr kam dann der völlig unerwartete Schock: Bei Maria „Tristessa“ Kolokouri, Bassistin, Sängerin und einzig verbliebenes Ur-Mitglied von Astarte, wurde Leukämie diagnostiziert und sie starb im Alter von nur 37 Jahren, hinterließ ihren Ehemann und einen Sohn... Ich trat mit ihrem Ehemann Nicolas Maiis in Kontakt und fragte ihn, ob er posthum ein Astarte-Interview mit mir machen würde, quasi als Rückblick und Tribut an Tristessa, und er war von der Idee begeistert! Vielleicht ist dieses ja sogar das letzte Astarte-Interview überhaupt, vielleicht auch nicht. Man wird sehen. Aber hiermit will ich euch eine völlig faszinierende Band Black Metal-Band aus Griechenland näher bringen, die viele von Euch mit Sicherheit nicht kennen werden!

logoDaniel: Hell-o Nicolas! Lass uns mal ganz von vorne anfangen, OK? Wie kam Deine Frau Maria „Tristessa“ Kolokouri in Kontakt mit den anderen Mädels von Lloth? Waren sie von Anfang an als erste „all-female Black Metal-Band überhaupt“ geplant? Oder hatte sich das eher zufällig ergeben?

Nicolas: Tristessa hat ihre Bandkolleginnen in einigen Metal-Clubs kennengelernt. Sie freundeten sich an und gründeten daraufhin die Band, weil sie dieselbe Vorliebe für extremen Metal teilten. Das war der simple Grund für die Gründung von Lloth, die sich später in Astarte umbenannten und die erste Black Metal-Band der Welt waren, die ausschließlich aus Frauen bestand.

Daniel: Hat Tristessa vorher schon in anderen Bands gespielt? Ich weiß nur, dass sie auf dem Vorphalack-Album „Lullabyes Of A Vampire“ Bass gespielt hatte, das 2001 erschien.

Nicolas: Ja, sie spielte zuvor bei Nepenthes, einer griechischen Rockband, bei Adieksodo, einer Punkband (allerdings nicht der bekannten selbigen Namens!) und natürlich bei Vorphalack unter dem Pseudonym Lady Lilith. Sie war auch immer mal als Gastsängerin vertreten, wie bei der Crossover-Band Illusion Fades, bei Black Winter, Bethor und Vintergata.

Daniel: Was bedeutet der Name Lloth eigentlich?

Nicolas: Lloth ist die Spinnen-Königin aus dem Rollenspiel „Dungeons And Dragons“, eine mythische Kreatur.

Daniel: Ich habe gelesen, dass Du gerade Lloth wiederbelebt hast. Findest Du nicht, dass Lloth heute eine völlig andere Band ist? Macht das überhaupt Sinn? Und sind heute überhaupt noch andere Lloth- und Astarte-Mitglieder am Start? Oder ist es heute eine komplett neue Besetzung, die gar nichts mehr mit de Vergangenheit zu tun hat?

Nicolas: Tristessa und ich belebten die Band 2013 wieder und steckten in den Vorbereitungen für ein neues Album. Leider bremste uns dann ihre Krankheitsdiagnose. Maria sollte in der Band Bass spielen, denn das liebte sie über alles. Jetzt bringen wir das Album zu Ehren Tristessas und ihres Erbes zu Ende. Das ist etwas, das sie auch so gewollt hätte!

Daniel: Nachdem Lloth ihr einziges Demo „Dancing In The Dark Lakes Of Evil“ 1997 veröffentlicht hatten, nannten sie sich in Astarte um. Warum? Und was bedeutet der Bandname überhaupt?

Nicolas: Sie fanden, dass Astarte als die Göttin des Krieges und der Fruchtbarkeit die Band einfach besser repräsentieren würden; und damit hatten sie Recht!

tristessaDaniel: Auf dem letzten Album „Demonized“ (2007) hieß der Opener „Mutter Astarte“. Warum hatte sich die Band für den deutschen Begriff „Mutter“ entschieden? Weißt Du das?

Nicolas: „Mutter“ klang für uns härter und seltsamer als das englische Wort. Die harte Betonung der Sprache hat auch schon zu dem Rammstein-Song „Mutter“ ganz gut gepasst. Deshalb hatten wir die Idee, das deutsche Wort zu verwenden.

Daniel: Welche Bands waren die Haupteinflüsse für Astarte? Ich fänd das schon interessant zu erfahren, weil Astarte ja als pure Black Metal-Band mit Corpsepaint angefangen und sich mehr und mehr in Richtung Melodic Death Metal entwickelt und sogar „Princess Of The Dawn“ von Accept auf dem letzten Album „Demonized“ gecovert hatten.

Nicolas: Marias Lieblingsbands waren Limbonic Art, Burzum, Saviour Machine, Praying Mantis, Rough Silk, Iron Maiden und viele klassische Heavy Metal-Bands.

Daniel: Warum haben Astarte überhaupt das Corpsepaint abgelegt und ihren Stil nach ihrem Debüt „Doomed Dark Years“ (1998) so sehr verändert? Lag das an den Besetzungswechseln? Oder gab es vielleicht auch andere Gründe dafür?

Nicolas: Bis zu „Rise From Within“ gab es keine Besetzungswechsel. Sie hatten einfach das Gefühl, dass die die Optik in eine andere Richtung verändern sollten, ohne dass es dafür einen bestimmten Grund gab.

Daniel: Hast Du eine Ahnung, was die Ex-Mitglieder von Astarte heute alle so treiben? Hast Du noch Kontakt zu einigen von ihnen?

Nicolas: Nein, keine Ahnung...

Daniel: Auf dem dritten Album „Quod Superius Sicut Inferius“ (2002) haben Astarte bei „Inflamed Paradox“ ein Riff gehabt, dass genauso klingt wie „Fake Healer“ von Metal Church! War das eine Art Tribut an die Band? Oder hat sich das tatsächlich zufällig ergeben?

Nicolas: Ich kenne den Song, ehrlich gesagt, gar nicht... Von daher kann ich Dir das leider auch nicht genau sagen...

Daniel: Wovon handelten die Texte von Astarte? Soweit ich weiß, waren sie ja nie eine satanische Band. Gab es irgendwelche bestimmten Kernaussagen in ihren Texten?

Nicolas: Alle Texte hat Tristessa geschrieben. Vom ersten Album an handelten ihre Songs von der Seele, dem Tod, von griechischen Göttern und der Mythologie, aber auch von Filmen, die sie mochte oder von persönlichen Erfahrungen.

tristessa & nicolasDaniel: Auf dem „Demonized“-Album (2007) waren viele Gastsänger vertreten, wie zum Beispiel Szihar Attila (Mayhem, ex-Tormentor), Henri Sattler (God Dethroned) und Angela Gossow (ex-Arch Enemy). Auf der „The Ring (Of Sorrow)“ 7“ EP (2007) war Shagrath von Dimmu Borgir mit dabei. Wie sind Astarte mit allen in Kontakt gekommen? Und warum sind Astarte trotz dieser prominenten Gäste niemals aus dem Underground heraus gekommen?

Nicolas: Astarte (und Tristessa) war immer eine bodenständige Band. Alle Gastauftritte waren das Resultat von Marias gutem Charakter und ihrem Wesen. Sie ist nie mit dem Strom geschwommen, sondern immer ihren eigenen Weg gegangen, und das haben ihr die Leute hoch angerechnet. Übrigens haben auch Sakis von Rotting Christ und Seth von Septic Flesh auf zwei ihrer Alben einen Gastauftritt gehabt.

Daniel: Kannten alle Gastsänger Astarte vorher schon?

Nicolas: Ja! Dimmu Borgir und Tristessa hatten zum Beispiel einen gemeinsamen Freund, Roy aus Norwegen. Er gab Shagrath die Astarte-CDs. Und Angela Gossow wollte ein Interview mit Tristessa führen für ein Buch, das sie schreiben wollte über Frauen in der extremen Metalszene. Auch Attila von Mayhem kannte sie. Sie lernten sich auf einem Mayhem-Konzert in Athen kennen.

Daniel: „Demonized“ war das letzte Astarte-Album bis heute, obwohl es bereits 2007 erschienen ist. Warum? Was haben die Mädels in den letzten sieben Jahren getrieben? War die Band offiziell überhaupt noch aktiv?

Nicolas: Maria und ich bekamen unseren Sohn, der dann all unsere Aufmerksamkeit bekommen hatte. Als er etwas älter war, haben wir uns dann wieder mehr auf unsere Musik konzentriert.

Daniel: Sind Astarte eigentlich jemals live aufgetreten? Und wenn ja: Mit welchen Bands haben sie mal zusammen gespielt?

Nicolas: Nein, nie...

Daniel: 2013 wurde bei Tristessa Leukämie diagnostiziert. Es gab Charity-Konzerte und Ebay-Auktionen für sie, um die Kosten für den Krankenhaus-Aufenthalt zu decken. Welche Bands haben dort gespielt? Und hat letztendlich noch viel Geld gefehlt, um ihr entscheidend zu helfen?

Nicolas: Ohne diese Leute wäre es schwierig geworden, all die aufgekommenen Kosten zu stemmen... Ich danke all diesen Leuten und Bands für alles von ganzem Herzen!

Daniel: Ich habe gehört, dass es demnächst eine Art „Tristessa Festival“ in Spanien geben soll! Warum findet das denn in Spanien statt, und nicht in Griechenland, wo Ihr herkommt? Warum sind bis jetzt nur Epic Metal-Bands dort bestätigt und keine Black- und Death Metal-Bands, die viel besser zu Astarte passen würden? Und glaubst Du, dass sich dieses Festival über Jahre etablieren wird?

Nicolas: Alles, was für Tristessa getan wird, ist uns mehr als willkommen, egal aus welchem Teil der Welt. Es ist eine Ehre, dass sie in guter Erinnerung behalten wird. Auch in Griechenland wird es von nun an ein solches Fest geben, das Astarte Fest, und das Geld wird für einen guten Zweck gespendet; genau wie die „Astarte Tristessa Blut Bank“, die anderen Menschen helfen soll, die Probleme haben, in Krankenhäusern das richtige Blut aufzutreiben.

tristessaDaniel: Wie sieht es denn mit Astarte-Merchandise aus? Ich denke, dass viele Leute Astarte erst kennengelernt haben, als sie von Tristessas Tod erfahren haben, und nun ihre Alben nachkaufen wollen. Kann man sie direkt bei Dir oder über die Homepage bestellen? Hast Du noch viel Zeug im Keller liegen? Oder weißt Du, wie man bei Interesse noch an das ganze Zeug rankommt? Sind alle Tonträger noch erhältlich?

Nicolas: Im Moment liegt alles auf Eis. Wir werden zu diesem Thema aber demnächst einiges auf unserer Internetseite bekannt geben.

Daniel: Wird es in Zukunft noch etwas von Tristessa zu hören geben? Gibt es noch unveröffentlichte Gesangsaufnahmen von ihr, so dass es eventuell noch zu einem posthumen Astarte- oder Lloth-Album kommen wird? Bitte lass es uns wissen!

Nicolas: Tristessas Stimme wird wieder klar und deutlich erhört werden! Wir sind gerade dabei, das neue Album „Blackdemonium“ mit unserem guten Freund Steve Lado, der ein exzellenter Produzent ist, zu mixen und zu mastern. Die Welt wird also noch mehr Musik von Astarte zu hören bekommen!

Daniel: OK, Nicolas! Danke, dass Du Dir die Zeit für das Interview genommen hast! Dir gehört das Schlusswort!

Nicolas: Hier sind alle Internet-Adressen der Band:

https://www.facebook.com/Astarte.Maria.Tristessa.Kolokouri?ref=br_rs

https://www.youtube.com/user/mecoman3

http://astarteband.bandcamp.com/

http://www.reverbnation.com/astartebandofficial

astarte_tristessa@yahoo.com

https://www.facebook.com/pages/LLOTH/622671547784273

lloth_band@yahoo.com

https://www.facebook.com/melano.morfos

 

Nicolas Maiis



Autor: Daniel Müller