KARST - Aus ungarischen Felsgebirgen


Karst ist eine progressive Black Metal-Band aus Ungarn, die aus Nebulosus Fatum hervorgegangen ist. Ich kannte die Vorgängerband schon und besitze auch seit Jahren ein Demo von ihnen, habe aber erst vor kurzem herausgefunden, dass beide Bands in einem Zusammenhang stehen. War man früher noch traditionell im typisch nordischen Gewand unterwegs, sind sie heute viel abwechslungsreicher, folkloristischer und auch chaotischer. Vor allem der Gesang klingt viel fieser als früher. Karst sind völlig eigenständig, versprühen durch den demomäßigen Sound trotz hoher Vielseitigkeit immer noch eine gewisse "Trueness" und konnten mich mit dem neuen Album "Lime Veins Bleed Rust", das es schön Old School-mäßig bislang nur auf Tape gibt, voll überzeugen. Die ungarischen Texte werden ihnen wohl nie zu großem Ruhm verhelfen... Eine Chance verdient haben sie aber auf jeden Fall! Deshalb bekommt Ihr jetzt auch was von ihnen zu lesen!

logoDaniel: HELL-ö Kristóf! Erzähl uns doch zunächst etwas über die Entstehung, den Werdegang und die Veröffentlichungen von Karst!

Kristóf: Metallische Klänge an Dich, Daniel! Die ganz frühen Anfänge reichen bis in das Jahr 2005 zurück, als unser Schlagzeuger Dániel die Band aus der Taufe hob. Ich stieß ursprünglich erst als Bassist zur Band, bis sich unser erster Sänger, der 2006 noch auf unserem ersten Demo "Sinister Nightfall" zu hören war, die Band verließ und ich seinen Posten einnahm. Den Bass hat dann ein Musiker in die Hand genommen, der besser spielen konnte als ich. Unsere nächste Veröffentlichung wurde dann auch in dieser neuen Besetzung eingespielt. Leider verließ uns unser Bassist danach wieder, weil er nicht in der Lage war, vor Publikum zu spielen, was uns jedoch von Anfang an sehr wichtig war. Das war schade, weil er echt viele gute Ideen hatte und noch dazu sehr gut Gitarre spielen konnte. Er wurde schließlich durch Balázs ersetzt, und ein paar Jahre später wechselte er zur Gitarre über... Im Moment läuft die Band wie geschmiert, und ist viel kreativer als jemals zuvor. Die einzige "negative Entwicklung", wenn man so will, ist, dass das "Erwachsen werden" ein paar Probleme mit sich bringt. Wir haben alle mehr um die Ohren als früher und wohnen auch nicht mehr alle in Miskolc. Jedoch proben wir dort immer noch. Von Karst gibt es mittlerweile vier Veröffentlichungen: Das "Demo 2009" kam noch einmal als letzte Veröffentlichung von Nebulosus Fatum heraus. Dort war der Name Karst jedoch auch schon auf dem Cover versteckt. Deshalb sehen wir es auch schon als erste Karst-Veröffentlichung an. Das Demo enthielt drei Songs. Wir haben davon aber nie physische Tonträger gemacht, weil wir sie später für das Debütalbum "Cleaning A Cave" alle nochmal neu aufgenommen hatten. Das Debüt war der Abschluss einer Periode vieler Streitigkeiten und Bandveränderungen. Die Songs waren strikt nach Entstehungsprozess angeordnet. Der erste Song ist also der Älteste und der letzte Song der Neueste. Danach folgten noch eine Split-Veröffentlichung mit Octahed und schließlich das neue Album "Lime Veins Bleed Rust", das erst kürzlich erschien.

Daniel: Die Band hieß zunächst Nebulosus Fatum (von 2005 bis 2009) und Ihr hattet unter diesem Namen ein Demo und eine EP veröffentlicht. Warum habt Ihr danach den Bandnamen geändert? Und ist Karst überhaupt noch dieselbe Band für Dich?

Kristóf: Um ehrlich zu sein, mochte ich diesen Bandnamen schon seit meinem Einstieg nicht. Ich hatte irgendwann einfach keine Lust mehr, ständig Leuten den Bandnamen zu erklären. Zu der Zeit hat Dániel fast alle unsere Konzerte per Telefon organisiert und musste ständig den Namen buchstabieren usw. Oft war er auf Flyern dann aber immer noch falsch abgedruckt... Wir haben den Namen aber auch geändert, weil wir als Black Metal-Band irgendwann musikalisch aus dem Rahmen gefallen sind. Deswegen fühlt es sich für mich auch eher wie "zwei Bands" an, und nicht nur wie eine Band, die nur den Namen geändert hat.

Daniel: Hat der Name Karst eigentlich eine bestimmte Bedeutung? Ist das ein ungarischer Begriff?

Kristóf: Nein, tatsächlich ist es sogar ein deutsches Wort! Heutzutage ist es ein geographischer Begriff für Felsengebirge, das Innere einer Höhle usw.

Daniel: Welche Bands haben Euch hauptsächlich beeinflusst? Und sind diese Einflüsse nach der Namensänderung noch dieselben geblieben?

Kristóf: Meine Haupteinflüsse waren Voivod, Darkthrone und Napalm Death, als ich anfing, extremere Musik zu hören. Die Namensänderung hat sich jedoch nicht auf jedes einzelne Bandmitglied ausgewirkt. Jeder Musiker lernt von Zeit zu Zeit immer neue Musik kennen. Und natürlich haben wir trotzdem viele Einflüsse gemeinsam.

Daniel: Wovon handeln Eure Texte? Geht es nur um die Erfüllung der typischen Black Metal-Klischees oder steckt auch eine Art "Botschaft" dahinter?

Kristóf: Als ich anfing, Texte für Nebulosus Fatum zu schreiben, waren es ausschließlich Black Metal-typische Texte. Ich denke aber, dass die ersten "orthodoxen" Passagen noch vor den musikalischen Veränderungen eintraten. Auf "Cleaning A Cave" habe ich persönliche Erfahrungen in meinen Texten verarbeitet, auch schon, bevor wir musikalische Ideen dafür hatten. Ich habe viele bildliche Vergleiche und Wortschöpfungen verwendet, um dem Hörer seine eigene Interpretation zu überlassen. Das hat sich verändert, denn ich wollte auf "Lime Veins Bleed Rust" mit meinen Texten einen Schritt weiter gehen und nicht mehr diesen universellen, transzendentalen Unsinn wie zuvor, sondern mich mehr mit den Missständen auf dieser Welt auseinander setzen.

karstDaniel: Wieso habt Ihr Euch denn dazu entschlossen, Eure Texte auf Ungarisch, statt auf Englisch zu verfassen? Glaubst Du nicht, dass Ihr mit englischen Texten viel mehr Leute erreichen könntet?

Kristóf: Für Karst bevorzuge ich es, die Texte in unserer Landessprache zu verfassen. Wir haben dieses Problem schon mehrfach innerhalb der Band diskutiert und konnten uns darauf einigen, die Texte sowohl auf Ungarisch, als auch auf Englisch auf unserer Homepage hochzuladen: http://karst.hu/en_szovegek.html Scrollt einfach nach unten. Bei jeder Veröffentlichung stehen dort zuerst die Originaltitel, dahinter die Übersetzungen.

Daniel: Euer Debütalbum "Cleaning A Cave" (2011) war eine professionell bedruckte CD-R, die auf 100 Exemplare limitiert war. Von Eurer handnummerierten Split-CD-R mit Octahed gab es gerade mal lausige 25 Stück?! Wieso? Glaubt Ihr, dass Eure Musik niemanden interessiert? Oder hat das etwas mit einer Underground Attitüde zu tun? Klärt uns auf!

Kristóf: Wir haben von allen Tonträgern immer noch welche vorrätig. Es macht also keinen Sinn, auf eigene Faust größere Mengen davon zu machen. Wir wären eigentlich zufriedener, wenn schon alles weg wäre! Dann wäre der Fall abgeschlossen. Wir sind aber immer gerne offen für Labels und Distros, die etwas von unserem Zeug wiederveröffentlichen wollen.

Daniel: War kein Label daran interessiert, eine vernünftige CD Version von beiden Tonträgern zu veröffentlichen? Oder hat Euch das nicht interessiert?

Kristóf: Wir haben unser neues Album an zahlreiche Plattenformen geschickt. Vielleicht kommt es ja tatsächlich mal zu einer professionellen Veröffentlichung von "Lime Veins Bleed Rust" und "Cleaning A Cave" auf CD. Unsere Split-EP wollen wir dagegen nicht noch einmal neu rausbringen.

Daniel: Wie kam es eigentlich zu der Split-VÖ mit Octahed? Kanntet Ihr die Band vorher schon? Oder wie kam der Kontakt zustande?

Kristóf: Es war Géza von Octahed, der mit der Idee ankam. Er fragte uns und wir sagten zu. Wir hatten ohnehin gerade nach einer weiteren Band für eine Split gesucht, weil diese zwei Songs vom Stil her nicht auf dem geplanten zweiten Album passten.

Daniel: Spielt Ihr eigentlich auch live? Und wenn ja: Habt Ihr schon einmal vor "größeren" Black Metall-Bands in Ungarn spielen können?

Kristóf: Ich kann nicht gerade behaupten, dass wir diesbezüglich sehr aktiv waren... In diesem Jahr spielten wir erst vier Konzerte. Für eine bekanntere ungarische Band haben wir leider nie eröffnet, aber immerhin schon als Lokal Support für Bands wie Lord Vidar, Je Thoth, Skeletonwitch oder Fuck The Facts in Budapest.

Daniel: Wie wichtig ist es Euch, auch live auf der Bühne zu stehen und nicht nur zwischendurch mal im Studio etwas aufzunehmen?

Kristóf: Das ist uns schon wichtig, denn ein Song muss live funktionieren, bevor wir ins Studio gehen, um ihn aufzunehmen. Wir haben alle unsere Songs immer zuerst live gespielt und danach gegebenenfalls noch ein paar Strukturen abgeändert, bevor wir sie schließlich veröffentlicht haben.

Daniel: Lass uns mal bitte über die ungarische Metalszene reden, ja? Ich kenne da ein paar rumpelige Combos wie Tormentor, Angel Reaper, Detonátor, Fantom, Antichrist, Sear Bliss, Hexenwood, Marblebog, Hunok etc. Kennst Du diese Bands auch alle? Und waren sie vielleicht auch ein Einfluss für Karst in irgendeiner Form?

Kristóf: Tormentor sind natürlich nicht wegzudenken, auch wenn man nicht aus Ungarn kommt. Dániel, unser Schlagzeuger, bezieht sich in Interviews oft auf Tormentor, als Beispiel dafür, wenn es um das masochistische Bestreben der Musiker von Karst geht, die Musik vernünftig spielen und schwierige Themen verarbeiten zu können, bis endlich alles sitzt. Ich liebe natürlich auch Sear Bliss und kenne auch die anderen, von Dir aufgelisteten Bands sehr wohl. Marblebog haben einen ganz bestimmten Platz in meinem Herzen, denn sie stammen auch aus unserer Heimatstadt Diósgyőr, Miskolc. Vorgrov, der Mann hinter Marblebog, kam oft zu unseren ersten Konzerten, als wir noch Nebulosus Fatum hießen! Wir haben uns oft unterhalten und viele gemeinsame Freunde. Es ist eine Schande, dass er heute keine Musik mehr macht und sich komplett aus dem Underground verabschiedet hat! Ich hoffe, dass er seine Meinung eines Tages wieder ändern wird! Weitere ungarische Black Metal-Bands, die ich Dir empfehlen kann, sind Ater Tenebrae und Witchcraft. Diese beiden Bands haben große Spuren bei uns hinterlassen. Wir haben sogar mal eine Tributeshow für Ater Tenebrae gespielt, auf dem wir alle ihre Songs gespielt haben. Das war am 21.12.2012, dem so genannten Maya Escathon, der das Ende der Welt einleiten sollte.

karstDaniel: Wie denkst Du denn über die größeren ungarischen Bands? Ich frage Dich das deshalb, weil ein großer Fan von Bands wie Pokolgép, Ossian, Omen, Stress, Rotor, Obstruction, Halor etc. bin... Hörst Du Dir solche Bands auch an? Oder interessiert Dich die klassische Metalszene in Eurem Land nicht?

Kristóf: Außer von Iron Maiden bin ich immer schnell von 1980er Heavy Metal genervt, um ehrlich zu sein. Natürlich macht es Spaß, Heavy Metal auf Partys im Hintergrund zu hören, aber ich war nie ein großer Fan von solchen Bands. Ich muss aber gestehen, dass Pokolgép in ihrer Anfangsphase mit Jozsef Kalapács überragend waren, wenn man mal von ihren peinlichen Texten absieht... Die ungarischen Texte haben ihnen im Ausland Kultstatus eingebracht. In Ungarn sind Pokolgép und Ossian auch heute noch sehr populär. Aber sie sind eigentlich nur noch ein Schatten ihrer selbst, weil sie fast alle ihre Leute ausgetauscht haben und sie nur noch ungewollt ein Teil der Kommerz-Industrie geworden sind. Aber es ist verblüffend, wie viele junge Teenagerfans sie heute haben! Na ja, wenigstens hört die Jugend von heute anscheinend keinen Metalcore mehr; das ist schon mal ein Anfang! Auf der anderen Seite sind zum Beispiel Stress und Rotor wahre Überlebenskünstler, die heute echt mehr Respekt verdient hätten! Rotor kommen auch aus unserer Heimatstadt! Wenn jemand einen Underground-Gig bei uns in Miskolc spielen will und einen geeigneten Soundmann sucht, dann ist Rotor-Sänger Jáni, der als Einziger noch von der Urbesetzung mit dabei ist, genau der Richtige dafür!

Daniel: Welche Zukunftspläne habt Ihr noch mit Karst?

Kristóf: Wir arbeiten gerade an einem kürzeren Tonträger. Die Musik dafür ist bereits komplett geschrieben. In diesem Fall muss ich noch die Texte auf Englisch schreiben. Sobald es draußen ist, werdet ihr verstehen warum. Die Musik ist nämlich mehr im traditionellen Metal anzusiedeln als sonst. Nach dieser Aufnahme wollen wir viel mit neuen Instrumenten und Sounds experimentieren, was einige Zeit in Anspruch nehmen wird. Und natürlich wollen wir in der Zwischenzeit auch immer wieder Konzerte spielen!

Daniel: Na gut, Kristóf! Dir gehört das Schlusswort!

Kristóf: Ich liebe die eher unbekannte deutsche Death Metal-Band Torchure!

http://karst.hu/

https://www.facebook.com/karstmiskolc



Autor: Autor: Daniel Müller