NARROW HOUSE - THANATHONAUT


Label:SOLITUDE PRODUCTIONS
Jahr:2014
Running Time:40:09
Kategorie: Neuerscheinung
 

Narrow House wurden 2008 in Kiew gegründet und scheinen nach eigenen Recherchen die einzige ukrainische Band zu sein, die sich dem Doom, im Speziellen dem Funeral-Doom verschrieben haben. Nach einer kurzen LP/EP mit insgesamt vier Tracks, erschienen 2012 mit dem Namen "A Key To Panngrieb", kann das neue, knapp vierzigminütige Werk "Thanathonaut" mit zehn Beiträgen daher durchaus als Debüt eingestuft werden. Und dieses Erstlingswerk hat es in sich. Losgelöst von allen politischen Wirren um den ehemaligen Ostblockstaat, liefert die Band ein Meisterwerk des Doom ab. Dick und fett produziert, atmosphärisch dicht, ja nahezu episch, abwechslungsreich und mit einer merklichen Prise Prog. Dazu gekonnt eingesetzte, heavy Riffs, die zum Bangen einladen. Ein bisschen Saxophon gefällig, kein Problem, den Part übernimmt Kso und dazu noch die melodischen Keyboardläufe. Zwangsläufig muss man sich fragen, ob sich das Land, zumindest musikalisch, nicht schon lange nach Westen gewandt hat? So was hätte man für eine schwedische, norwegische, vielleicht auch finnische Band erwartet, aber in der Ukraine? Bleibt nur zu hoffen, dass sich das Land weiter öffnet und solche Bands so die Möglichkeit haben, im westeuropäischen Metalraum ihr Können live unter Beweis zu stellen und entsprechende Verträge mit großen Labels einzugehen. Denn da gehören Narrow House ohne Zweifel hin. Für mich der beste Doom, oder sagen wir besser doomiger Industrial Metal, den ich seit langem, vielleicht auch jemals gehört habe.

Gehen wir ins Detail: Der Opener "Crossroads" setzt mit sphärischen Synthesizern ein. Es folgen aggressive Riffs und schließlich ein Cello a la Apocalyptica, das mit nachfolgend einsetzenden, technisch klingenden Vocals den Übergang in ein fettes Soundepos bildet. "The First Day Of The Rest Of My Live" verzichtet auf das Intro. Hier gibt es gleich das volle Brett mit düsteren, weiter progressiv klingenden Vocals und vollen Riffs, die zum Bangen nicht nur einladen, nein sie zwingen den Hörer praktisch dazu. Ruhige Pianoklänge bilden hier das Outro. "Furious Thoughts Of Tranquility" beginnt mit dem schon bekannten Cello. Den Song perfektionieren biestige Gitarrenriffs, melodiöse Synthesizer und klare Drums. Die Vocals bei "The Midwife To Sorrows" erinnern an Peter Tätgrens Pain, und nachfolgende Gitarren und Rhythmen an Metallica. Das ist kein Doom, sondern fetter Metal der Extraklasse, vielleicht mit dem Vorsatz Industrial. Der instrumentale Titelsong beginnt mit Schrittfolgen a la Rammsteins "Links, zwo, drei, vier" und dann..., Riffs, Riffs, Riffs, eine geile Leadgitarre und klare Synthis und das abschließende Klavier. "A Sad Scream Of Silver" ist ein balladeskes Gitarren- / Keyboard-Duett mit schön ausklingender Leadgitarre im Cellobackground. Das kurze, nur knapp dreiminütige "Crushing The Old Empire" packt die zuvor mehr an Industrial Metal angelehnten Riffs in ein doomiges Klangewand. Mit "The Last Retreat" folgt mein persönliches Albumhighlight. Hallgesänge, wieder diese Knallerriffs, Synthesizer und dann, da gibt es nur einen Vergleich. Blade Runner, der Titelsong der mich damals dazu zwang, alles von Jon Vangelis zu kaufen, was es auf dem Markt gab. Und hier nun endlich auch mal das Saxophon. Das Instrument klingt in einem Metalsong eigentlich ganz geil. Ich darf es ja eigentlich gar nicht schreiben, aber richtig mitgenommen hat mich der nächste Song. Selten habe ich eine so schön verträumt klingende Akustikgitarre im Duett mit einem Keyboard wie bei "Doom Over Valliria" gehört. An ähnlich sinnliche, akustische Momente kann ich mich eigentlich nur bei "Holiday" von den Scorpions erinnern. Leider dauert der Song nur etwas mehr als zwei Minuten. Das abschließende "Narrow House" ist der einzige Song, der richtig geshoutet beziehungsweise gegrowlt wird, und das zudem in der Landessprache. Er vereint Elemente des Doom, des Industrial und mit Anlehnungen an Emperor auch des Black Metal. Ihr merkt schon, Narrow House haben mich richtig mitgenommen. Für mich eines der besten Alben in 2014, das beste Doomwerk des Jahres ohnehin. Ich scheue mich hier in der Bewertung die volle Punktzahl zu geben, denn ich weiß, das nächste Album der Ukrainer wird noch besser....

Note: 9 von 10 Punkten
Autor: Andreas Gey


zurück zur Übersicht